Ausgeglaubt: ein RefLab-Podcast

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Psychologische Kritik: Gott ist nur menschliches Wunschdenken (Teil 2)

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Wie lässt sich auf die Projektionsthese reagieren? Was spricht gegen die Behauptung, dass Gott nur ein aufgeblasener und ins Jenseits versetzter Mensch ist – dass besonders die christlichen Gottesvorstellungen letztlich einfach menschliche Bedürfnisse spiegeln und zeigen, dass der Mensch sich Gott nach seinem Bilde geschaffen hat, und nicht umgekehrt? Manuel und Stephan setzen bei einer innerbiblischen Kritik an den menschengemachten Götterbilder ein, wie sie sich etwa bei Jesaja finden lässt. Im Blick auf den polytheistischen Bilderkult des Neubabylonischen Reiches beschreiben die Propheten Israels spöttisch den handwerklichen Prozess, der zur Herstellung eines solchen Götzen führt (vgl. Jesaja 46): Da wird im Wald ein Baum ausgesucht, der dann gefällt und ins Dorf geschleppt wird, wo man ihn schält, bearbeitet und schliesslich eine Götterstatue daraus schnitzt. Damit sie nicht wackelt und wieder umkippt muss man sie befestigen. Dann, wenn der Mensch sein Handwerk vollendet hat, wirft er sich vor dem selbstgemachten Standbild nieder und betet es als Gott an. Die biblischen Propheten haben dafür nur Hohn und Spott übrig, und sie verweisen auf den lebendigen Gott Israels – der ist nicht selbstgemacht, sondern begegnet seinem Volk, führt es, antwortet auf ihre Gebete und kann ausführen, was er versprochen hat… Es ist durchaus bemerkenswert, dass sich zur gleichen Zeit und unabhängig von der Polytheismus-Kritik des Xenophanes in Israel die Überzeugung Bahn bricht, dass ein selbstgemachter Gott kein wirklicher Gott sein kann: «Götterstatuen sind Produkte menschlicher Arbeit, also nichts anderes als Götzen; ihre Verehrung ist deshalb ebenso dumm wie nutzlos» (Thomas Menges: Gotteskritik https://www.bibelwissenschaft.de/ressourcen/wirelex/6-inhalte-iii-systematisch-theologische-didaktik/gotteskritik). In der christlichen Theologiegeschichte ist dann auch ein ausgeprägtes Problembewusstsein hinsichtlich der menschlichen Gottesrede vorhanden. Es ist mitnichten so, dass erst Feuerbach die Einsicht des Xenophanes wieder ausgegraben hat, dass Menschen notwendigerweise menschlich von Gott reden: Schon die mittelalterliche Theologie hat sich ganz wesentlich an der Frage abgearbeitet, wie denn Menschen mit menschlichen Worten einen Gott beschreiben können, der ihre Sprache und ihren Horizont kategorisch übersteigt. Es wurden oft drei Wege unterschieden, von Gott zu reden: Die «via affirmativa», die positive, bestätigende Aussagen über Gott wagt (Gott als gütig, gerecht, liebevoll…), die «via negativa», die zu Aussagen über Gott findet, indem sie menschliche Prädikate ins Gegenteil wendet (der Mensch ist endlich, zeitlich, veränderlich, leidensfähig, Gott ist unendlich, zeitlos, unveränderlich, leidensunfähig…), und die «via eminentiae», die Aussagen über Gott macht, indem sie menschliche Prädikate übersteigt (der Mensch hat beschränkte Kraft und Einsicht, Gott ist allmächtig und allwissend…). Immer war dabei klar, dass man mit den eigenen Beschreibungen Gottes nicht völlig «trifft», was Gott tatsächlich ist – aber dass man es auch nicht notwendigerweise völlig verfehlt. Hier liegt dann auch ein Denkfehler mindestens in der Religionskritik Feuerbachs: Sellbst wenn ihm der Nachweis gelingen sollte, dass sich in allen religiösen Gottesvorstellungen die Kultur, Biographie oder Persönlichkeit derjenigen spiegelt, die an diesen Gott glauben, ist damit über die Angemessenheit dieses Glaubens und über die Existenz dieses Gottes noch kein definitives Urteil gefällt. Norbert Hoerster sagt treffend: «Meine Annahme, dass meine Frau mich liebt, mag falsch sein; aber sie ist gewiss nicht deshalb falsch, weil ich mir wünsche, dass sie richtig ist.» Man müsste schon Gründe für die zusätzliche Annahme nennen können, dass Gott auf keinen Fall menschenähnlich ist bzw. dass menschliche Vorstellungen Gott unmöglich treffen können. Der christliche Glaube behauptet aber gerade das Gegenteil: Dass Gott den Menschen von allem Anfang an in seinem Bild geschafften hat – d.h. der Mensch ist «theomorph», gottesförmig –, und dass Gott selbst als Mensch unter die Menschen gekommen ist – d.h. Gott ist «anthropomorph», menschenförmig. Man könnte sagen, dass der christliche Glaube damit zielstrebiger als jede andere Religion dem Projektionsvorwurf Feuerbach ins Messer läuft: Das Christentum gibt ja offen zu, sich Gott als Menschen – als Jesus von Nazareth – vorzustellen. Gleichzeitig wird aber an Jesus auch deutlich, dass der biblische Gott nicht nur die Verlängerung der Wünsche und Sehnsüchte des Menschen ist, sondern den Menschen auch überrascht, seine Gottesvorstellungen wortwörtlich «durchkreuzt», indem er einen schändlichen Tod stirbt und den Erwartungen an eine «anständige» Gottheit so gar nicht entspricht…


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Über diesen Podcast

Was heisst das eigentlich, Christ zu sein? Woran glauben Christen und was können sie getrost aufgeben? Logisch, dass sich Manuel Schmid & Stephan Jütte dabei nicht immer einig sind. Aber sie versuchen in diesem Podcast zusammen herauszufinden, was für sie wirklich zählt und was ihnen eher im Weg steht. Und klar: Beide wissen es auch nicht wirklich. Aber vielleicht regt es dich an zum Mitdenken. Oder es regt dich auf und du magst mit ihnen streiten. Oder du schreibst ihnen einfach mal, was du nicht mehr glauben kannst oder musst oder willst.

von und mit Manuel Schmid & Stephan Jütte

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