00:00:00: Hallo und herzlich willkommen bei Ausgklaubt. Wir sind in der Staffel mit den großen Erbinnen
00:00:28: und Erben des Christentums und wir haben uns heute eine mögliche Kandidatin ausgesucht,
00:00:35: die vielleicht gar nicht so selbstverständlich klingt als Erbin oder Erbe, nämlich die Kleinfamilie.
00:00:42: Genau, ich habe mal den professorischen Titel gewählt "Flucht in die Kleinfamilie", aber das
00:00:51: hat jetzt natürlich schon wieder etwas abwertendes und so ist es gar nicht nur gemeint, aber es ist
00:00:56: wir haben in der Diskussion, wir haben uns ja jetzt abgearbeitet an ganz großen gesellschaftsprägenden
00:01:03: Ideen, Liberalismus, Materialismus, Evolution und so weiter und sind dann im Gespräch darauf gekommen,
00:01:10: dass eigentlich eben auch diese Idee der Kleinfamilie ganz gut in diese Staffel passen würde.
00:01:19: Das ist jetzt mal etwas ganz anderes, wir haben es jetzt nicht mit einer Ideologie, einer Idee zu tun,
00:01:27: sondern eigentlich mit einer gesellschaftstrukturierenden Form und das klingt zunächst so abstrakt,
00:01:35: aber wenn man sich das Ganze ein bisschen deutlich macht an der Geschichte, vielleicht an der
00:01:41: Wirkungsgeschichte, die das Christentum hatte, wird das vielleicht viel plausibler.
00:01:46: Ja, vielleicht starte ich aber mit einer Umfrage, die die große Zeitung, die Zeit gemacht hat,
00:01:55: und zwar in diesem Bund Christ und Welt, da haben Sie Ihre, ich glaube das war unter den
00:02:01: Newsletterempfänger*innen, haben Sie die Frage gestellt, was ist Lebenssinn, was trägt, was hält
00:02:08: mein Leben, was gibt mir Sinn und fast drei Viertel der Befragten, 73,5% haben geantwortet, die Familie.
00:02:18: Und das war für mich gar nicht so überraschend, also die Umfrageergebnisse jetzt in einer,
00:02:24: würde ich sagen, kirchlich, christlich, sozialisierten Bubble, dass da so viele Menschen zu Protokoll
00:02:32: geben, ja doch die Familie ist eigentlich so das Wichtigste, das Sinn Stiftendste in meinem Leben.
00:02:39: Die Familie ist natürlich auch ein Container für die weiteren Begriffe, die genannt werden,
00:02:44: also unter den Top 3 hatten wir ja auch noch die Liebe und Freunde, und man könnte eigentlich sagen,
00:02:51: Familie ist vielleicht so ein Ort, an dem sich das für viele Menschen verdichtet, dass sie an Liebe
00:02:56: erleben, so wie sich Freundschaften pflegen, eine ganz enge, nahe, verlässliche Form von Beziehungen.
00:03:03: Ja und ich glaube, das ist besonders in kirchlichen Kreisen, ist das verbreitet und nicht so überraschend.
00:03:10: Ich glaube, das Christentum unserer Zeit und unserer Tage, man muss auch sagen,
00:03:15: wahrscheinlich das Christentum unserer Breitengrade, hat sich ganz besonders eng mit diesem Ethos der
00:03:21: Familie verbunden. Mit dieser bürgerlichen Kleinfamilie könnte man ein bisschen schärfer
00:03:27: stellen noch. Je christlicher, je former, desto familienfreundlicher, desto familienzentrierter,
00:03:34: könnte man vielleicht sagen. Natürlich so hochreligiöse Christ*innen würden jetzt auf die
00:03:40: Frage nach dem Lebenssinn nicht antworten Familie, sondern instinktiv sagen Jesus,
00:03:44: das ist ja immer richtig. Aber unter dem Strich muss man doch sagen, dass auch und gerade eben
00:03:52: unter Christen auch und gerade in hochreligiösen Glaubenswelten natürlich die Familie so als
00:03:59: die kleinste soziale Einheit ganz entscheidend ist für das Gemeindeleben, für die Glaubensweitergabe,
00:04:06: für das Selbstverständnis der Gläubigen. Man kann sagen, die Gründung einer Familie ist eigentlich
00:04:12: in christlichen Kreisen der Normalfall und Abweichungen davon sind grundsätzlich erklärungsbedürftig
00:04:20: oder sogar rechtfertigungsbedürftig. Ich habe mir überlegt, ob nicht sogar diese auch Preoccupation,
00:04:28: diese wie sagt man dem, dieses Gewicht, das auch auf Familien- und Sexualmoral gelegt wird
00:04:36: im Christentum überhaupt und ganz besonders in hochreligiösen Kreisen, ob das nicht einfach
00:04:42: auch daran liegt, dass man der Familie einfach einen absolut entscheidenden Stellenwert zukommen lässt.
00:04:48: Ja, ich glaube es ist ja tatsächlich nicht zu bestreiten, dass auch für jetzt gar nicht unbedingt
00:04:56: du nennst es immer hochreligiös oder sagen wir in Freikirchen oder so, die Familie diese
00:05:01: Zentralschellung hat, ich glaube auch, dass es in der Landeskirche so ziemlich der Normalfall ist,
00:05:07: dass man von der Familie ausgeht. Es gibt diesen Generationenbogen, also quasi von der Wiege bis
00:05:14: zur Bare orientieren sich dann kirchliche Angebote an Lebensabschnitten, die natürlich immer auch
00:05:22: an wichtige Familienmomente gekoppelt sind, die mit Familienfesten gefeiert werden und quasi
00:05:29: wer jetzt nicht zu einer Familie gehört, ich sage das jetzt ein bisschen überspitzt, ist eher ein Fall
00:05:35: für das Diakonische, also für das Helfendehandeln der Kirche. Und weniger jetzt jemand, der so für
00:05:42: die normalen Angebote per se in Frage kommt. Das ist ein bisschen überspitzt, das ist natürlich
00:05:48: nicht überall so. Jetzt hast du die Sexual- und Familienethik angesprochen, das ist natürlich ein
00:05:53: ganz heißes Eisen, nicht nur jetzt zwischen, ich sage mal, Kirchen, die eher im Osten von Europa
00:06:02: sind und Kirchen, die so liberale westliche Werte aufgesogen haben, sondern auch noch mal
00:06:08: innerhalb dieser westlichen Kirchen selbst. Daran hängen dann Fragen wie gleichgeschlechtliche
00:06:15: Ehre, Leimutterschaft, all diese Themen kommen das sofort auf und sie sind hoch ideologisch,
00:06:22: sind ganz stark aufgeladen. Was ich bei beidem eigentlich erstaunlich finde ist, dass man ja
00:06:29: jetzt nach der Lektüre des neuen Testaments zum Beispiel gar nicht auf die Idee kommen würde,
00:06:34: dass das die zentralen Punkte sind, an denen sich jetzt Kirche orientieren müsste. Will das jetzt
00:06:43: nicht klären oder so, aber man kann jetzt nicht sagen, dass Jesus irgendwie der Großideen und
00:06:49: Impulsgeber war für das glückliche Familienleben der Kleinfamilie, oder? Nein, es ist ja sogar
00:06:55: im Gegenteil ganz erstaunlich, dass Jesus als quasi als Rapier oder Lehrer mit einer
00:07:02: Jüngerschaft selber nach allem, was wir wissen, nicht verheiratet war und gerade keine Familie
00:07:08: gegründet hat, sondern eigentlich würde man aus heutiger Perspektive sagen ein höchst
00:07:13: unbürgerliches Leben geführt hat, unsteht, obdachlos, immer auf der Flucht quasi, auf der Reise
00:07:21: zwischen den Dörfern und mit ganz vielen Menschen umgeben. Paulus war unverheiratet nach allem,
00:07:28: was wir wissen und das ist also zwei der wichtigsten Figuren des Christentums und mit Jesus natürlich
00:07:36: die zentrale Figur hat eigentlich Eheloßigkeit und Familienlosigkeit, leibliche Familienlosigkeit
00:07:43: vorgelebt und hat ja auch einige ganz provokative Spitzen gegen, ich sage jetzt mal, ein allzu
00:07:52: beschaulich romantisches und enges Familienverständnis rausgehauen. Also es gibt doch dieses... Ja,
00:08:01: und das ist ja wirklich zu einer Zeit, wo das echt einfach ungewöhnlich war. Es ist
00:08:07: nicht so wie heute, wenn man sagt, ja, ich lebe eigentlich ganz gerne alleine und hab
00:08:12: das quasi aus Lebensform so gewählt, wie es verschiedene mögliche Lebensformen gibt,
00:08:17: sondern das ist schon eine sehr schräge Lebensform zu dieser Zeit. Also keine Frau zu haben.
00:08:24: Genau, also man hätte damals nicht gefragt, ja, bist du verheiratet oder bist du Single,
00:08:29: so, das war nicht wirklich eine gleichwertige Option für die Allermeisten, es gab natürlich,
00:08:35: es gab immer Ausnahmen, aber insgesamt muss man sagen, eine normale Biografie,
00:08:40: ein richtiger Lebenslauf führt irgendwann in eine Ehe und meistens sehr, sehr früh,
00:08:46: also man hat ja früh geheiratet und das war eigentlich schon die Ehelosigkeit Jesu an sich,
00:08:52: war wahrscheinlich vielen irgendwo ein Dorn im Auge und wenn er dann noch solche Sachen sagt,
00:08:57: so quasi seine Mutter an einer Stelle ganz forscht zurückweißt oder seine Familie,
00:09:02: die zu ihm gelangen will und er sagt, die müssen jetzt nicht kommen, meine Brüder,
00:09:08: meine Familie, dass seit ihr, die ihr mir nachfolgt und eigentlich diese Familienbande
00:09:14: zurückstellt hinter die Verbindung, die zwischen ihm und seinen Nachfolgern besteht und Nachfolgerinnen,
00:09:22: das ist eigentlich ziemlich provokativ. Genau, und da kämpft er gegen eine ja auch in seiner
00:09:29: eigenen Kultur ganz stark verwurzelte Lebensform an, eigentlich die SIPP, die SIPP schafft,
00:09:35: also dieser ganze Ethos, der ja zum Beispiel auch in den zehn Geboten begegnet mit Ehre, Vater und
00:09:42: Mutter, zielt ja eigentlich darauf ab, dass man ein grundsätzliches Gesellschaftssystem hat,
00:09:49: in dem Kinder zu ihren Eltern schauen, Eltern zu diesen Kindern schauen, aber eben nicht im Sinne
00:09:57: einer kleinen Familie, sondern eher so wie wir das heute vielleicht klären oder SIPP nennen würden
00:10:03: und dem stellt er gegenüber diejenigen, die ihm nachfolgen. Also die, die ihm nachfolgen,
00:10:11: sind nicht die, die zu einer SIPP schafft oder Familie gehören, sondern sie gehören zu ihm.
00:10:16: Ja, ja genau und eigentlich kann man sagen, dieser Trend setzt sich in der Geschichte der
00:10:23: Kirche zuerst einmal fort, also die Kirche auch dann bis ins Mittelalter hinein oder sogar
00:10:28: sehr, sehr pronossiert, im Mittelalter hat eigentlich die Familie dekonstruiert. Diese
00:10:36: Großfamilie, diese Klänfamilie, dieses SIPP schafft Verständnis hat dann stark dafür gearbeitet,
00:10:44: diese, dieses Familienverständnis aufzusprengen und das ist jetzt nicht unbedingt jedem klar und
00:10:51: leuchtet vielleicht auch nicht unmittelbar ein, weil sich das Christum heute mit diesem Familienethos
00:10:57: so eng verbindet. Aber die ganz über Jahrhunderte hinweg sind die Impulse eigentlich in eine andere
00:11:04: Richtung gegangen oder zumindest in Richtung von Auflösung dieser SIPP schafft, dieser Kleinstrukturen,
00:11:10: die in der katholischen Kirche des Mittelalters da wurden auch eine ganze Reihe von Heirats-Gesetzen,
00:11:17: Heirats-Verboten erlassen, die eben diese Klänbildung unterbunden hat, also diese, diese
00:11:25: ganzen, die, dass man seine Cousins und Cousinen heiratet, dass, dass man, ich hieß das noch mal,
00:11:33: die Levirats-Ehe, dass wenn jemand stirbt, dass dann, dass dann die verbliebene Person einen,
00:11:39: eigentlich einen Bruder, die Frau einem Bruder des Verstorbenen heiratet und so, das waren alles
00:11:46: eigentlich etablierte Systeme zum Erhalt dieser Kleinstrukturen, dieser Großfamilien und die
00:11:53: Kirche hat das ganz bewusst unterbunden. Man kann sich jetzt fragen, warum die Einsichten in die
00:12:00: vielleicht genetisch unvorteilhaften Folgen von, von Vetter, Ehren und so, die waren ja da noch
00:12:09: nicht vorhanden. Ich glaube, es ging ein bisschen noch um was anderes, oder? Weil diese ganze Idee
00:12:17: der Levirats-Ehe kommt, ja eigentlich daher, dass man sagt, na ja, die zurückbleibende Frau quasi,
00:12:23: die kann ja gar nicht für sich selbst sorgen, was soll denn mit ihr passieren und innerhalb dieser
00:12:30: patriarchalen Struktur kann einfach nur ein anderer Vater-Familias an diese Stelle rücken, also
00:12:36: ein anderer Mann. Und jetzt, jetzt haben wir im Mittelalter erstens Zünfte, die entstehen, die das
00:12:44: Leben der Menschen prägen, die das Wirtschaftsleben regeln. Wir haben starke Klostergemeinschaften,
00:12:51: die auftauchen. Also es entstehen auch Alternativen, um diese klärartig organisierte Struktur eigentlich
00:13:01: aufzufangen. Also die braucht es dann gar nicht mehr unbedingt. Ja, ja, und also das würde ich unbedingt
00:13:07: unterschreiben, dass die Idee der Levirats-Ehe natürlich auch den Schutz der Frau im Sinn
00:13:14: hatte. Es hatte aber für die Kirche natürlich auch zur Folge, dass Erbschaften innerhalb der
00:13:21: Familie immer weitergegeben wurden und dass auch in der Großfamilie hat man sich quasi immer
00:13:26: gegenseitig weiter vererbt und durch das Aufbrechen dieser Strukturen hat die Kirche ganz viele
00:13:33: Erbschaften quasi dann übernehmen können. Also hat man die Kirche dann als Erbin eingesetzt. Also
00:13:39: es ist jetzt glaube ich nicht wahnsinnig, nicht einfach nur misgünstig, wenn man auch solche
00:13:45: ökonomischen Faktoren als Motivation mit einbezieht. Aber dazu kommt wahrscheinlich auch, dass die
00:13:52: Kirche zumindest im besten Fall halt auch soziale Strukturen geschaffen hat, die dafür gesorgt
00:14:00: haben, dass Menschen vielleicht nicht gesellschaftlich zwischen Stuhl und Bank fallen, weil sie ihren
00:14:06: Mann verlieren, sondern dass die Kirche im besten Fall sich um solche Menschen dann auch gekümmert
00:14:12: hat. Also das ist natürlich ein gegenseitiges Bedingungsverhältnis. Und diese Idee, dass die
00:14:18: Kirche etwas ist, was eigentlich jetzt familiären, wirtschaftlich in Interessen nochmal übergeordnet
00:14:25: ist, also dass sie die Bezugsgemeinschaft ist, die finden wir ja schon in der Apostelgeschichte,
00:14:30: wenn zum Beispiel diese Geschichte von Hananias und Safira erzählt wird, die nicht alles teilen
00:14:38: wollen und dann quasi durch einen Fluch sterben. Das ist natürlich eine sehr drastische Geschichte,
00:14:45: aber die Grundidee, glaube ich, ist da schon drin. Also nicht das Blut, nicht die Blutzbande,
00:14:52: das Entscheidende, was uns Menschen verbindet, sondern der Glaube an Christus, die Taufe,
00:14:59: die Gemeinschaft vor Gott, also umsetzt man so zu sagen. Das hat eine wirtschaftliche Seite,
00:15:06: es hat dann auch eine Seite, die für einzelne Menschen zu einer Art Befreiungsgeschichte
00:15:12: werden konnte. Und das Ganze hat sich dann, ich würde jetzt mal ein bisschen nach vorne switchen,
00:15:18: so in der Moderne nochmal auf zwei unterschiedliche Arten ausdeferenziert, seine so diese romantische
00:15:26: Vorstellung von Liebe, die aufkommt. Also die Ehe ist nicht ein wirtschaftliches Zweckbündnis,
00:15:35: um den Wiedrigkeiten der Welt zu trotzen, sondern ganz spontan regt sich die Liebe in
00:15:41: zwei Menschen, die einander begegnen und sich treuerschwören ein Leben lang und jeden Tag
00:15:48: wieder aufstehen und denken, meine Fresse, bin ich verliebt, wie schön, dass er noch da ist.
00:15:55: Ja, ja, genau. Und das ist ja auch witzig, dass in vielen Diskussionen um Familienethik,
00:16:03: Ehe-Ethik, Sexual-Ethik und so weiter, dass oft dann dieses auch sehr romantisierte Verständnis von
00:16:11: Beziehung, von Ehe-Beziehung zurückprojiziert wird in antike Zeiten, dass man das Gefühl hat,
00:16:19: wenn in den biblischen Überlieferungen die Rede ist, dass zwei Menschen geheiratet haben oder es
00:16:26: heißt dann, er nahm sie zur Frau, das sollte eigentlich schon ein bisschen ein Indiz sein,
00:16:31: dass die Verhältnisse ein bisschen anders waren, aber man projiziert das dann gerne zurück und denkt,
00:16:38: ach, das ist eine Love Story, die haben sich dann irgendwie hinter der großen Eiche zum
00:16:43: ersten Mal geküsst und sich dann Liebesbriefe geschrieben, jahrelang und sich annengenert und
00:16:49: so, das sind natürlich unzulässige Rückprojekzionen, natürlich heißt es nicht, dass es in der Antike
00:16:56: keine Ehepaare gegeben hat, die sich ernsthaft und authentisch geliebt haben, aber das war
00:17:01: weder der Anlass noch der tiefere Sinn einer Ehe-Beziehung, diese Liebesbeziehung, das kam
00:17:07: im besten Falle dazu, aber es waren ganz, ganz handfeste, auch existenzielle Fragen dahinter,
00:17:16: also Sicherung der Nachkommenschaftssicherung seiner eigenen, seiner eigenen Versorgen im Alter
00:17:22: und so weiter, ganz viele gesellschaftliche auch Konventionen, die damit zu tun hatten,
00:17:27: dieses romantisierte Verständnis, bei dem dann auch Kinder eigentlich eher eine Option oder
00:17:33: als Frucht der Liebe halten, das ist ein neuzeitliches Phänomen. Genau, man merkt ja auch noch in den
00:17:41: Zehen geboten, oder? Da ist das, was wir heute vielleicht eher rechnen würden, ist eigentlich
00:17:47: eine Frage des Besitzes, also wen gehört die Frau, wer hat einen Anspruch darauf und ganz ähnlich
00:17:54: ja auch in der David und Pazeber Geschichte, also das Schlimme ist ja nicht, dass er irgendwie
00:18:00: sexuell unkäusch war oder sowas, sondern das Schlimme ist, dass er jemandem, der ihm treu war,
00:18:07: etwas weggenommen hat, was dem gehört. Das ist der eigentliche Stuttgart. Jetzt haben wir ja nicht
00:18:15: nur das Aufkommen dieser Kleinfamilie mit diesen ganzen warmen, romantischen Gefühlen, sondern
00:18:20: religiös verbindet sich mit dieser Kleinfamilie plötzlich ganz viel. Also es ist der Ort religiöser
00:18:28: Bildung, es ist der Ort, an dem religiöse Tradition gelebt und weitergegeben wird. Die Kleinfamilie
00:18:35: im 19. Jahrhundert wird eigentlich zur Keimzelle religiöser Sozialisierung und Praxis. Ganz
00:18:43: stark im Pietismus, diese pietistischen Formen von Hausandachten, die durchgeführt werden,
00:18:50: können sich dann auch wieder mehrere Familien miteinander verbinden, aber es sind halt Familien,
00:18:54: die da zusammenkommen. Familien werden zu wichtigen Treibern und Zellen des Christentons.
00:19:02: Ja, ja, man könnte sogar sagen, dass das zusammenhängt oder dass die Kirche sich mit dieser
00:19:10: Vorstellung der Kleinfamilie sehr stark verbunden hat, weil sie merken, dass in Zuge der Säkularisierung
00:19:18: ihre gesellschaftliche Deutungsmach immer mehr schwindet, dass sie quasi institutionell immer
00:19:25: weniger Trumfe in der Hand hat und diese Konzentration auf die Kleinfamilie stellt
00:19:34: eigentlich auch ein Stück weit den Selbsterhalt der Christienkirche sicher. Dass man sagt,
00:19:39: hier passiert jetzt eben Prägung, Weitergabe des Glaubens, hier ist die Kirche noch im Dorf,
00:19:47: und darauf hat sich das Christentum in unseren Breitenkarten zumindest dann sehr eingeschossen
00:19:55: und das führt dann eigentlich zu heute oft selbstverständlichen Vorstellungen, eben der
00:20:00: christlichen, bürgerlichen Kleinfamilie mit einem Häuschen und einer Doppelgarage und einem
00:20:06: Tomatengärtchen und einem Hund und so weiter. Das ist jetzt mit nicht den einfach einen
00:20:12: selbstverständliches Ideal des Christentums durch alle Zeiten hindurch. Nein, und genau
00:20:17: so oder wie diese Kleinfamilie Steuern bezahlt und gegenüber dem Staat ihre Pflichtleiste tut
00:20:24: sie das auch gegenüber der Kirche. Also auch aus einer ökonomischen Perspektive ist die
00:20:30: Familie ganz entscheidend, wenn nämlich die Eltern ihre Kinder nicht christlich sozialisieren
00:20:36: und diese Entscheidung liegt bei ihnen, da hat niemand sonst einen Einfluss drauf, dann werden
00:20:43: die zukünftig keine Kleinfamilien sein, die zur Kirche gehören und das ist ein ökonomischer
00:20:49: Christenschaden, oder? Ja, es gibt ja eine faszinierende These, ich habe dir das noch im
00:20:56: Vorfeld noch zugespielt von diesem Joseph Henrich heißt er, glaube ich, ein amerikanischer,
00:21:01: ich weiß gar nicht was er ist, anthropologe, sociologe, Psychologe, der ein sehr fettes Buch
00:21:08: geschrieben hat auf Englisch heißt es weird und die Anfangsbuchstaben stehen irgendwie für,
00:21:14: was war das noch mal? Western educated, western educated, industrialized, rich and democratic.
00:21:23: Democratic, genau. Und er zeigt quasi, er stellt sich die Frage wie ist es eigentlich möglich
00:21:29: geworden, dass ausgerechnet dieses westliche Mindset, diese westliche Kultur sich weltweit
00:21:38: durchgesetzt hat und eigentlich zum Erfolgsmodell rund um den Globus geworden ist. Im Jahr 1000
00:21:45: nach Christus ist das überhaupt nicht selbstverständlich gewesen, da war der arabische Raum und auch
00:21:51: in China waren die Kulturen viel weiter fortgeschritten, die Kreuzritter haben in im arabischen Raum
00:21:58: gestaunt über die hoch entwickelte Kultur und Gesellschaft die sie dort angetroffen haben,
00:22:04: da war eigentlich der europäische Westen weit im Rückstand und ein paar hundert Jahre später
00:22:11: ist dieses westliche Modell eigentlich zu dem Erfolgsmodell geworden und witzig ist an dieser
00:22:17: These, ist ein dickes Buch sehr komplex und so mit tausend empirischen Belegen, aber witzig
00:22:24: an diesem Buch oder an der Hauptthese ist seine Idee, dass eben diese Entwicklung der
00:22:33: katholischen Kleinfamilie, also diese Bemühungen der Kirche, diese Klänen und Zippenstrukturen
00:22:39: aufzubrechen und eigentlich einen Individualisierungsschub anzutreiben damit, dass der einzelne oder
00:22:48: die einzelne Kleinfamilie ein Stück weit auf sich gestellt ist, dass man Geschäfte nicht
00:22:53: mehr einfach nur im Klänen und in der Sippe macht, sondern mit Leuten geschäftet, die
00:22:57: man nicht kennt und denen man einfach so auch Vertrauen schenkt oder mit denen man
00:23:02: Abmachungen trifft und so weiter, dass das der ganze er bringt, es ist vielleicht ein
00:23:07: bisschen grob gebürstet, aber es ist nicht ohne Evidenz, dass er das Erfolgsmodell der
00:23:13: westlichen Gesellschaften auf diese Aufbrechung der Klangstrukturen und diese Hervorbringung
00:23:22: der individuellen Kleinfamilie zurückführt und er hat so einen Test, den man natürlich
00:23:29: auch wirklich durchgeführt hat mit Leuten, man kann da eigentlich sehr gut so als Wasserscheide
00:23:34: kann man feststellen, ob jemand eben zu den weird people, zu diesen westlichen seltsamen
00:23:41: Menschen gehört, wenn man fragt, wer bist du, beschreibe dich und westlich geprägte Menschen
00:23:47: beschreiben sich im Rückgriff auf ihre Individualität und ihre individuellen Errungenschaften, die
00:23:54: nennen ihren Beruf, die nennen ihre Hobbys, die nennen ihre Leidenschaften, die sagen
00:23:59: irgendwie keine Ahnung wo sie wohnen und so weiter und Menschen die nicht weird, nicht
00:24:05: in diesem westlichen Mainz sich bewegen, die referieren auf ihre Familie, die sagen ich
00:24:12: bin der Groß, der Sohn, der Enkel, ich bin Teil dieser Sippe, die haben ein holistisches,
00:24:21: ein ganzheitliches und ein sehr stark auch klän orientiertes Denken, während westliche
00:24:27: Menschen ein individualistisches und analytisches Denken haben und der sagt, das ist der Schlüssel
00:24:34: zur Entwicklung der Wissenschaften, der Aufklärung der westlichen Gesellschaft überhaupt. Also
00:24:40: ein kleiner Buchtipp am Rande, das ist echt mal, wenn jemand mal eine ganz überraschende
00:24:45: These verfolgen will, dann muss er sich dieses Joseph Henrik Buch zu Gemüte führen.
00:24:50: Ich glaube, wir können jetzt gar nicht auf die Details dieser verschiedenen These
00:24:55: eingehen, aber was wir auf jeden Fall mitnehmen müssen ist, dass die kleinen Familie nicht
00:25:02: die Alternative zum Individualismus ist, sondern eine Ausdrucksform, in der sich Individualismus
00:25:08: realisiert. Die Kleinfamilie gehört zu dieser Freiheitsgeschichte selbst. Und jetzt probieren
00:25:15: wir mal den großen Bogen aufzuspannen, weil wir ja eigentlich darüber sprechen wollen nicht,
00:25:21: wie hat sich Familie in Geschichte und Gegenwart entwickelt, sondern inwiefern kommt sie als
00:25:27: Erbin des Christentums in Betracht. Dann könnte man etwas zugespitzt sagen, wir haben zunächst
00:25:35: eine Bewegung, in der das Christentum die Kleinstruktur, die Großfamilie, die patriarchisch
00:25:44: organisierte Sipschaft aufbricht und das durchaus auch tut mit einem eigenen zentralen Machtanspruch.
00:25:52: In einer nächsten Phase kommen dann diese Kleinfamilien zu einer vielleicht schon fast
00:26:01: bürgerlichen, mindestens bildungsmäßigen Eigenständigkeit, Werten zu wichtigen Trägerinnen,
00:26:09: Trägern von Religion, von der Weitergabe des Christentums, von der Verbindung zu Kirchen.
00:26:15: Und das wäre jetzt der nächste Schritt und dann sind wir eigentlich in der Gegenwart und können
00:26:21: die These dann diskutieren. Heute ist es dann wiederum so, dass die Kleinfamilie sehr selektiv
00:26:29: auf das zugreifen kann, was das Christentum ihr an Symbolbeständen, an kulturellen Beständen
00:26:36: vorgibt und sich daraus eigentlich so etwas wie eine Familienreligion, ein Familienbrauch,
00:26:44: vielleicht auch eine Familientradition ziemmern. Ja, die, Entschuldigung, ich will nur sagen,
00:26:52: diese Familientradition, diese Familien, Kleinfamilienkultur, die kann dann diese christlichen
00:27:00: Eierschalen auch abstreifen und merkt, dass sie eigentlich, dass das eben auch so sehr erfüllend
00:27:07: und sinnstiften sein kann. Also es ist ja auch witzig, diese Umfrage, mit der ich eingestiegen
00:27:12: bin bei Christ und Welt, die ist jetzt unter kirchlich-sozialisierten Menschen sicher mehrheitlich
00:27:18: erfolgt, aber ich habe unzählige Beispiele aus meiner Umgebung, Freundes- und Bekanntenkreis
00:27:25: von Menschen, die nicht christlich oder kirchlich-sozialisiert sind und die das genauso sagen würden.
00:27:31: Die genau sagen, wenn ja, das hat mir das gibt meinem Leben Sinn, dass das erfüllt mich
00:27:36: und da ist verbunden.
00:27:38: verbindet es sich aber nicht mit einem christlich-traditionellen Glaubensbestand, sondern es gibt ja auch
00:27:45: diese witzigen, hast du bestimmt auch irgendwie Schulfreunde, wo man denkt, ja die werden nie
00:27:50: zur Ruhe kommen. Also wirklich so diese ganz wilden, die Getriebenen, die Promisken, die wirklich so
00:27:59: jeden Morgen irgendwie neben jemand anderem aufwachen und die übers Wochenende sich die Kante
00:28:05: geben, dass sie sich nicht mehr erinnern können, was sie eigentlich erlebt haben und da denkt man ja
00:28:10: - Also sie ist doch eine Freundin, aber ich habe davon gehört, ja. - Ja genau, ich habe das jetzt so
00:28:15: gezeichnet, weißt du so, ja egal, ich kenne dich ja Stefan, aber was ich sagen wollte ist, es gibt
00:28:23: solche Menschen, wo man denkt, ja die werden wahrscheinlich früh sterben oder ihr Leben lang
00:28:27: sich irgendwie da die Hörner abstoßen und dann irgendwann trifft man sie wieder und sie wohnen
00:28:32: irgendwo in Hinterpupfen, dülligen irgendwo im Kraut mit zwei kleinen Kindern und einer Ehefrau
00:28:40: und sind total glücklich und haben sich völlig bürgerlich eingelebt, gehen jeden Samstagabend um
00:28:47: halb elf zu Bett und so und man fasst es kaum und die haben sich dann in diesem in diesem
00:28:53: klein bürgerlichen Zuhause in der Kleinfamilie eingerichtet und finden da Sinn und Erfüllung,
00:29:00: aber ganz ohne Christentum eigentlich. - Und ich glaube, das ist halt das, was man zum Beispiel an
00:29:06: diesen großen christlichen Festen, was am besten ablesen kann, weil sie werden ja gefeiert und
00:29:14: aus der Perspektive der Theologie stellen wir dann immer wieder diese ganz tiefe Sinnefrage und
00:29:23: fragen uns, ist in diesem Osterfest, was wir in unserer Gesellschaft feiern, ist da wirklich noch
00:29:30: Christus drin, ist da wirklich noch Auferstehung drin und verfehlen damit völlig das Bedürfnis,
00:29:37: dass Menschen haben die das feiern, weil die fragen sich ja nicht, inwiefern drückt der Osterhase
00:29:43: den Christus adäquat aus und stehen die Eier für die Gnade Gottes, die in der Auferstehung
00:29:49: sichtbar wird, sondern die haben ja Familien, in denen areligiöse Menschen, sehr spirituelle
00:29:57: Menschen, Menschen, die ganz verschiedene Dinge glauben, sich dann um einen Tisch versammeln,
00:30:03: man bruncht zusammen und diese Oster-Eier und diese ganzen Traditionsbestände bilden ja eher
00:30:13: den Rahmen, in dem diese Individualität integriert werden kann in ein Familien-Setting, das ist ja
00:30:20: der Sinn dieser Formen, die verständigen sich ja nicht über ihren Glauben und setzen sich dann
00:30:27: zusammen und essen Frühstücks-Eier. Ja, ja, genau, da geht es um etwas anderes und eben da kann
00:30:36: man dann im Sinne unserer Staffel tatsächlich die berechtigte Frage stellen, inwiefern hat dieses
00:30:42: westlich-bürgerliche Klein-Familienmodell das Christentum auch abgelöst? Also inwiefern, man
00:30:49: könnte auch sagen, hat sich die Sache noch einmal gedreht, also das Christentum hat zuerst
00:30:54: diese Großfamilie, diese Clans, diese Sipschaften eigentlich aufgelöst und jetzt und zu einer
00:31:01: Hervorbringung von Kleinfamilien beigetragen und jetzt übernehmen diese Kleinfamilien und
00:31:08: und emanzipieren sich vom Christentum selber. Also das durchaus im Sinne der Staffelidee
00:31:13: könnte man sich diese Frage schon stellen. Oder man spürt das ja auch in der reformierten
00:31:19: Landeskirche noch, dass damit nicht allen wohl ist. Also wenn zum Beispiel Eltern kommen und sagen,
00:31:27: ja, sie möchten gerne ihr Kind haufen lassen, aber wirklich im Familienrahmen und am liebsten an
00:31:33: dieser Lichtung im Wald. Und es wäre schön, wenn die Kusine noch etwas auf der Querflöte spielen
00:31:40: kann dazu und es ist wichtig, dass man die Hunde mitnehmen kann. Es kommt ja wirklich so vor.
00:31:46: Hochzeiten noch viel krasser, dann gibt es tatsächlich etwas in Fahrschaft, im Kirchen,
00:31:54: in Kirchenleitung, das sagt ja aber seid ihr eigentlich verrückt? Also wir sind doch keine
00:31:58: Event-Location, wir machen doch nicht Veranstaltungen für eure Familienfeiern, das hier ist die Kirche.
00:32:05: Und trotzdem spürt man oder eins nach dem anderen Feld und passt sich an. Also die Kirche beginnt immer
00:32:14: wie mehr sich als Dienstleisterin dieser ja vielleicht kleinfamilieneren Grundstruktur zu
00:32:21: verstehen, weil sie irgendwo froh sind, dass sie damit ihren Symbol bestellen und angeboten überhaupt
00:32:28: noch andocken können. Also die Dolphinshoheit haben sich schon lange verloren darüber. Was,
00:32:34: was Taufe ist, mein Lieblingsbeispiel, da können wir noch so sehr erzählen, der alte Sünder wird
00:32:41: ersoift und mit Christus lebt, der neue Mensch, der aus dem Wasser gehoben wird, das denkt sich genau
00:32:49: keiner mehr, der sein Kind taufen lässt oder Konfirmation. Konfirmation ist so eine klassischen
00:32:56: Ritubassage geworden, wo man sagt, wow, jetzt ist mein Kind schon so groß, man verdrückt ein Tränchen,
00:33:02: ist irgendwie auch stolz, dass die jetzt da vorne in der Kirche stehen können und etwas erzählen
00:33:08: und wünscht ihnen einfach nur das Beste. Aber wer trifft sich da in der Kirche? Das sind alles
00:33:14: Familien, oder? Also man hat dann tatsächlich drei, vierhundert Leute in der Kirche, aber wenn man
00:33:20: sich anscheinend, sind einfach fünf, zehn Familien, die da sind, oder? Und mit ihrem Kind feiern und
00:33:26: ihm das Beste wünschen. Ich mache das überhaupt nicht schlecht, es ist mir nur wichtig zu sehen,
00:33:31: dass die Kirche selbst nicht mehr die Deutungshoheit hat darüber, was sie da feiert oder aufführt.
00:33:39: Ja, ja, absolut. Und gleichzeitig hat die Kirche nach wie vor ein Interesse eben diese Feiern und
00:33:46: diese Symbolbestände hochzuhalten, weil es auch, also ich sage jetzt mal natürlich, bringt sie eine
00:33:53: Überzeugung mit, dass in diesen Festen, die da gefeiert werden, eben auch ganz tiefe christliche
00:33:59: Wahrheiten zelebriert werden und so, das würde ich überhaupt nicht in Apprät stellen, aber es
00:34:04: die natürlich auch dem selbsterhalt der Kirche diesen Zyklus aufrecht zu erhalten von der Geburt,
00:34:10: von der Taufe, da werden neue Kirchensteuerzahlende Mitglieder generiert und so und dann dann
00:34:16: wird geheiratet und witzigerweise ist so eine gegenseitige Verbindung, die sich nur langsam
00:34:24: löst. Also man kann schon sagen, sie löst sich schon. Es gibt einen bemerkenswerten und bedenklichen
00:34:31: Traditionsabbruch jetzt im Übergang zu neuen Generationen, das spürt man bei Taufen, bei
00:34:36: Konformation, bei Hochzeiten sicher auch, aber es löst sich langsam, weil auch man hat das Gefühl
00:34:43: auch gesellschaftlich vielleicht dieses Bewusstsein noch vorhanden ist, dass die Kirche eben eigentlich
00:34:49: die Heiligkeit dieser Kleinfamilie ein Stück weit verbürgt hat, weißt du, mit der Ehe, die
00:34:54: geschlossen wird, im Namen Gottes werden Menschen getraut und so und irgendwo. Man ist vielleicht
00:35:01: nicht mehr so kirchlich und man besucht Gottesdienste nicht wirklich regelmäßig, aber in der Kirche
00:35:08: heiraten und sich so in diesen Raum hinein zu begeben, das ist dann vielen doch noch wichtig.
00:35:17: Ja, also vielleicht zwei Dinge, das erste ganz kurz, ich glaube du hast auch nicht so gemeint,
00:35:22: aber ich sehe das schon nicht so, dass die Kirche jetzt aus einem rein ökonomischen
00:35:28: Kalkül ein Interesse hat, dass diese Casualien noch gebraucht werden. Das glaube ich gar nicht
00:35:34: unbedingt, ich glaube es geht dir wirklich darum, zu irgendwo noch einen Ort zu haben, wo sie
00:35:40: gesellschaftlich anschließen kann an Menschen außerhalb einer sehr klein gewordenen Kerngemeinde
00:35:46: so. Natürlich hat das auch ökonomische Folgen, ich glaube schon der Hauptimpetus
00:35:52: darin ist tatsächlich, dass man sagt, hey, da haben wir doch noch Relevanz für Menschen,
00:35:57: die wir sonst nicht sehen etc. Ja, gut, also das habe ich auch gemeint. Nein, ich denke auch,
00:36:02: dass du so gemeint hast. Also ich habe auch gesagt, es ist der Glaube vorhanden, dass das wirklich
00:36:09: wichtig und richtig ist, weiß ich habe keinen Zweifel daran, aber es dient natürlich auch dem
00:36:15: selbsterhalt der Kirche, dass dieser, wenn das alles auseinander bricht, dann muss man die Kirche
00:36:20: wirklich neu erfinden. Ja genau, vielleicht, und da ist jetzt eigentlich mein Hauptpunkt,
00:36:26: vielleicht ist das aber genau der Punkt, vielleicht müsste man das wirklich tun,
00:36:29: oder weil wenn man Kirche als eine Anbieterin und eine Dienstleisterin für Kleinfamilien versteht,
00:36:38: dann ist es halt für sehr viele Menschen in sehr vielen Lebensphasen gar nicht relevant. Ja,
00:36:45: und es steht in einer ungeheuren Konkurrenz zu anderen Angeboten. Also wenn man sich jetzt
00:36:52: vorstellt, für wen könnte denn eine Kirche, die stark auf die Kleinfamilie abhebt, nicht interessant
00:36:59: sein, dann fallen mir ganz viele Menschen ein. Das sind alle die, die anfangen sich in ihrer
00:37:05: persönlichen Entwicklung auf irgendeine Art und Weise von ihrer Kleinfamilie zu lösen. Also Teenager,
00:37:12: junge Erwachsene, Menschen, die vielleicht diese erste Schulausbildung abgeschlossen haben. Und
00:37:18: tatsächlich merken wir ja auch, da besteht kaum eine Bindungskraft mehr zur Kirche. Also wenn du
00:37:24: jemanden aus der Kirche raus haben willst, konfirmier ihn, oder? Weil dann sind sie weg. Und
00:37:31: das hat aber nichts mit der Konfirmation zu tun. Die meisten Konfirmanden, die innern sich sehr
00:37:36: positiv an den Konfunterrichten, an die Konfirmation, sondern es hat schlicht damit zu tun, dass dieser
00:37:43: Familienrahmen rein biografisch nicht mehr der Hauptorientierungsrahmen bleibt für diese
00:37:49: Menschen in der Folge. Und dann denke ich mir, oder junge Erwachsene, die leben vielleicht gar nicht
00:37:56: mehr am Ort, wo ihre Familie war, wo die Kirchgemeinde war etc. Also müsste da irgendwie ein ganz
00:38:03: anderer Anschluss passieren können als über die Kleinfamilie. Und dann kommt der große Punkt,
00:38:09: man heiratet, ja heiratet man noch kirchlich. Die wenigsten Reformierten tun das. Also es gibt
00:38:15: mehr reformierte Paare, die nicht kirchlich heiraten als solche, die kirchlich heiraten.
00:38:20: Krass, das ist ja. Und das heißt, da scheint man dann irgendwie den Zugriff doch nicht zu haben.
00:38:26: Und was bedeutet das dann für Taufe etc., man könnte es jetzt immer weiterführen. Aber was
00:38:32: ich damit sagen will, ist Kleinfamilien können erstens ganz grundsätzlich sehr gut ohne Kirche
00:38:38: leben und sie brauchen gar keine wahnsinnig intensive Bindung an Kirche. Das andere Modell,
00:38:45: und das ist also das eher jetzt pietistisch geprägte Modell, ist das, wo ja diese Familien
00:38:51: selbst Kirche machen. Also ein Modell, in dem nicht Kirche ein Angebot für Familien macht,
00:38:59: sondern wo Familien selbst diejenigen sind, die Kirche gestalten zusammen. Und das wiederum
00:39:06: kann ich mir ungeheuerst Tag vorstellen, oder? Ja, und das habe ich auch immer mal wieder erlebt.
00:39:13: Also ich bin zeitweise in einer charismatischen Gemeinde gewesen als Jugendlicher. Das war
00:39:18: tatsächlich, die wurde gegründet als Zusammenschluss mehrer junger Familien, die gesagt haben,
00:39:24: wir feiern gemeinsam Gottesdienste und laden Leute ein und so. Und das war auch immer ein
00:39:29: unglaubliches Kuddelmutter. Da sind die Kinder quasi im Gottesdienst während der Predigt durch
00:39:35: die Stuhl reingekrappelt und haben hinten irgendwelche Plüschtiere nach vorne geworfen und so. Also
00:39:41: wäre da nicht eine unglaublich große Frustrations- und Stress-Toleranz gegenüber Kleinkindern
00:39:47: hatte, der hat da keinen Gottesdienst überlebt. Mir fällt jetzt zu dem, was du ausgeführt hast.
00:39:52: Ich finde das super interessant, auch wie du das jetzt mit Teenagern und Jugendlichen auch
00:39:57: herleitest und sagst, da findet eine Loslösung von ihrer angestammten Kleinfamilie statt auch eine
00:40:04: gesunde, natürliche Loslösung, die aber dann irgendwie auch zu einer gewissen Entfremdung von
00:40:10: einer Kirche führt, die sich auf dieses Zielpublikum derart eingeschossen hat. Was mir hier in
00:40:17: den Sinn kommt, ist auch diese Milieu-Perspektive. Also ich glaube, es ist kein Zufall, dass die
00:40:23: Kirche vor allem in jenen Milieus beheimatet ist und ihre aktiven Kerngemeinde, Mitglieder vor
00:40:32: allem aus jenen Milieus, rekrutiert oder kommen, die eben zu den bürgerlich-klein-familieeren
00:40:41: Milieus gehören, in denen quasi traditionelle bürgerliche Familienbildung und Pflege noch
00:40:48: richtig hochgehalten werden und das Milieus, in denen eher so alternative Lebenskonstruktionen
00:40:55: und Lebensmodelle vielleicht auch sich Raum verschaffen, auch ein bisschen eben expeditivere,
00:41:02: experimentellere, performativere, unstädtere, könnte man auch sagen Milieus, da ist die Kirche
00:41:09: sehr, sehr schwach verwurzelt und ich habe das, also ich habe das live in den Farben immer wieder
00:41:14: erlebt, dass Menschen sich interessiert haben für eine Kirche jetzt, in meinem Fall für eine
00:41:20: Freikirche, für eine Evangelikale Freikirche und dann so angefangen haben anzudocken und dann
00:41:27: gemerkt haben, nee, also mit ihrem Lebenskonzept oder mit ihrem Lebensentwurf, die waren dann
00:41:32: vielleicht Single und hatten auch gar nicht die Absicht über kurz oder lang jetzt grad sich einen
00:41:39: Partner zu suchen und eine Kleinfamilie zu gründen und die haben sich dann da auch wirklich nicht
00:41:44: langfristig wohlgefühlt, weil irgendwo das war wie nicht ihre Lebenswelt, weißt du? Ich glaube
00:41:50: das ist so das eine oder es ist glaube ich für Freikirchen sehr schwierig geworden, ihre eigenen
00:41:59: Dogmen und Zetsungen durchzusetzen in der Gesellschaften, der wir sind, oder? Also sagen
00:42:06: wir mal so, so die Idee, kein Sex vor der Ehe erst zusammenziehen, wenn man verheiratet ist etc.
00:42:12: Also jetzt so diese ganze Schiene, die ist ja schon schwierig aufrecht zu erhalten in Milieus,
00:42:19: in denen man vielleicht gar nicht heiratet oder sicher nicht, bevor man 30 ist oder und sich
00:42:25: sich dann vorzustellen, was das ja für das Leben, für das Liebesleben, für die Sexualität dieser
00:42:33: Menschen, ich meine das ist ja gar nicht auszudenken, das macht ja keiner. Also was ist dann die
00:42:38: Alternative? Die Alternative ist halt du heiratest mit 19 und dann brauchst du ganz viel Seelsorge
00:42:46: und ja ganz ganz viel geistliche Begleitung um das irgendwie in Gang zu halten, was du da in
00:42:53: Jugendlichem Leichtzinn gestartet hast oder? Und das ist natürlich auch ein eigener Markt, aber wenn
00:42:58: wenn wir es jetzt auch kritisch auf die Landeskirchen beziehen oder dann kann man sagen ja also wer aus
00:43:05: diesen ganzen lebensweltlichen Milieus hat denn überhaupt Lust sich einfach irgendwo mit ganz
00:43:12: vielen Familien zu treffen. Also es gibt ja Menschen, die das haben, die haben Lust sich da zu treffen,
00:43:18: nur was muss ich dann nochmal fragen, ja warum wollen die das gerade in der Kirche machen,
00:43:23: das wäre so das eine Ausschlusskriterium und das andere ist, gibt dann natürlich schon auch
00:43:30: viele Menschen, die zum Beispiel nicht mal gerne zu einem Elternabend gehen oder die auch ganz
00:43:37: froh sind, wenn der Tourenverein vielleicht mit einer Mitgliederversammlung im Jahr durchkommt.
00:43:43: Oder weil man quasi wie sagt ja ich habe doch mein Sozialleben schon ganz anders so quasi über
00:43:49: Wahlbekanntschaften und Verwandtschaften organisiert und ich will mich nicht in eine Vereinstruktur
00:43:57: hineingeben. Und die andere Chance besteht dann für Menschen die sagen und das würde ich aber
00:44:03: dass das werden jetzt gar nicht Leute, die irgendwie kleinbürgerlich ihre eigenen vier Wände
00:44:10: heiligen wollen, sondern das andere was entsteht als Trend sind so diese Kooperativen, die die
00:44:16: Gizekular also wo ganze Überbauungen gekauft werden, wo man dann sagt okay da haben wir
00:44:23: Gemeinschaftsräume, es müssen nicht alle immer Einzelessen zubereiten, wir machen das zusammen
00:44:28: etc. Und genau so gibt es das natürlich auch noch mal christlich gestreamt oder so in dieser
00:44:33: kommunitären Lebensform. Ja und das wären dann ja ernsthafte Alternativen für Menschen, die in
00:44:44: dieses kleinen Familienmodell nicht reinpassen oder nicht reinpassen wollen oder die es auch
00:44:52: rausgekugelt hat. Also man muss sagen es ist ja also ich möchte beides sagen es ich glaube die
00:44:58: die Stärkung und Betonung der kleinen Familie durch die Kirche und durch das Christentum. Es
00:45:06: gibt übrigens dieses Buch Dominion von Tom Holland, der kommt ja jetzt dann an dieses
00:45:11: vorbegreppen wie selbst. Genau, genau. Also fahrt auf was du sagst. Ja genau, ne ich sage was
00:45:19: nettes weil ich finde das sehr faszinierend der kommt als Historiker an die Sache ran und
00:45:25: versucht eigentlich herauszufinden was quasi so wirklich im Untergrund subkutan in unserer
00:45:31: Gesellschaft die bestimmenden Einflussfaktoren sind und merkt wie sehr sich auch ganz viel
00:45:38: funktionierendes in unserer Gesellschaft und viel Bewertes eigentlich den Christentum verdankt.
00:45:44: Also der Solidaritätsgedanke auch der Schutz von Schwachen, von Menschen die sonst übervorteilt
00:45:51: werden oder zwischen die Räder kommen und er weiß nach wie sehr das auf das Christentum zurückgeht
00:45:57: und bei ihm hat auch diese Vorstellung der Ehe auch der monogamen Beziehung auch der sexuellen
00:46:04: Exklusivität und so der Überwindung von Promiskuität zu Gunsten einer monogamen Beziehung. Das macht er
00:46:13: sehr stark, dass das wirklich sich dem entscheidenden Christentum verdankt und dass wir in einer ganz
00:46:19: anderen Welt leben würden, die zumindest für Frauen und Kinder ziemlich sicher keine bessere
00:46:25: Welt wäre, wenn die Familien und Sexualethik des römischen Reiches der antike oder anderer
00:46:32: Orte sich ungebrochen fortgesetzt hätte. Und ich finde, dass man kann das stark machen, das ist
00:46:39: auch eine soziale Errungenschaft, diese Stärkung der Familie, aber man muss eben das andere auch
00:46:47: sagen. Es gibt viele Gruppen von Menschen, die freiwillig oder unfreiwillig nicht in dieses
00:46:56: System passen, denen das Leben dann zuweilen auch sehr schwer gemacht wurde. Also ich denke nur an
00:47:02: das Schicksal von zum Beispiel von geschiedenen Menschen über lange Zeit hinweg in christlichen
00:47:09: Kirchen, wie rechtfertigungsbedürftig ihr Leben war, das Schicksal von allein erziehenden Müttern
00:47:16: zum Beispiel, die man vielleicht sozial getragen hat, aber dann doch auch irgendwie beargwöhnt hat,
00:47:23: weil es bei ihnen dieses Modell nicht aufgegangen ist. Und da reden wir noch gar nicht von
00:47:29: Queerenmenschen oder von Menschen, die aus welchen Gründen auch immer sich diesem bürgerlich
00:47:36: klein familiären Leben nicht anschließen wollen, die hatten schon auf weiten Strecken einen
00:47:42: schweren Stand in den Gemeinden. Ich finde das ziemlich plausibel, wie Tom Holland zeigt,
00:47:47: dass Christentum viel dafür getan hat, die Familie als die wichtige soziale Einheit quasi
00:47:55: als den Kern der Gesellschaft zu etablieren. Und gleichzeitig kann man das natürlich sehr
00:48:00: leicht wieder macht, kritisch wenden und sich fragen, ja, ist es aber nicht auch Teil einer
00:48:05: vielleicht unheilvollen Partnerschaft zwischen Christentum und Patriarchat? Also in einer ganz
00:48:12: bestimmten Weise jetzt auf das Bezogen. Manu, ich finde das alles anregend und interessant,
00:48:18: aber wir können ja sagen, okay, wir sind beide nicht in einer christlichen Kommunität. Wir haben
00:48:24: uns nicht quasi einem Modell angeschlossen, dass eine ganz hohe Verbindlichkeit lebt. Trotzdem
00:48:31: gehören wir noch zur Kirche. Das heißt, die Hoffnung dieser Kirche müsste ja da drin bestehen,
00:48:38: dass wir in unseren Familien so etwas wie religiöses Sozialisierung weitergeben. Also wir
00:48:46: müssten ja eigentlich, wenn das Christentum an unserem Beispiel irgendwie überleben soll,
00:48:52: müssten wir ja eigentlich unsere Kinder, ja, ich sage jetzt mal kirchlich,
00:48:58: sozialisieren christlich prägen. Wie gut gelingt ihr das so? Ja, also ich wollte gerade sagen,
00:49:04: wenn die Kirchen an unserem Beispiel genießen soll, dann mache ich mir noch ernsthaftere Sorgen um
00:49:11: die Kirche, als ich sie ohnehin schon hege. Also ich würde jetzt mal sagen, dass ich hier nicht
00:49:17: unbedingt mit dem allerbesten Beispiel vorangehe oder dass mir vielleicht auch einfach noch die
00:49:22: Spur fehlt, auf der ich in einer Art und Weise Glauben, Leben und Christentum auch Kirchenverbundenheit
00:49:33: prägen kann, ohne die Kinder jenen zwängen und Selbstverständlichkeiten einfach zu unterwerfen,
00:49:43: mit denen ich teilweise groß geworden bin. Also es ist jetzt weniger eine Breitzeit gegen meine
00:49:50: Eltern, die haben mir eigentlich relativ viele Freiheiten gelassen, aber es war doch ein kulturelles
00:49:57: Umfeld, das sehr, sehr stark normiert war und nicht wahnsinnig viele Abweichungen erlaubt hat.
00:50:05: Und da wünsche ich mir für unsere Kinder eben doch einen größeren Gestaltungsfreiraum auch.
00:50:11: Und das zu verbinden mit einer doch noch vorhandenen kirchlichen Sozialisierung, also es ist bei uns
00:50:18: jeden Sonntag, ist es irgendwie quasi eine Implicit oder Explicit Diskussion. Ja, gehen wir jetzt
00:50:24: in Gottesdienst und dann oft gehe ich alleine, weil irgendwie keiner sonst mitgehen will und wir sind
00:50:30: natürlich noch aufgewachsen früher, wenn der Vater gesagt hat, jetzt ist Gottesdienst, dann war
00:50:35: Gottesdienst. Also da bin ich bis in die Teenagerzeit, bin ich da einfach mitgewatscht und hab mich dann
00:50:41: irgendwie so schräg hinter der Orgel versteckt und den Leuten irgendwelche Kaugummi-Teile haben
00:50:46: gespickt oder so wird. Ja, ich fürchte, dass ich auch da keinen ausreichenden Beitrag leiste.
00:50:55: Ich glaube nicht, dass das, was es an Christentum zu lieben und zu entdecken,
00:51:01: gibt jetzt inhaltlich bei meinen Kindern über das ankommt, was ich ihnen erzähle oder mitgebe.
00:51:07: Und ich bin aber auch ein bisschen gelassen, was das Ganze angeht, weil ich schon auch glaube,
00:51:15: dass sie ja merken, dass wir als Eltern das sehr wichtig finden und uns sehr stark damit auseinandersetzen.
00:51:22: Und ich hoffe immer noch so ein bisschen darauf, dass gerade dadurch, dass wir das jetzt weniger
00:51:29: auf eine inhaltliche Art und Weise tun und unsere Kinder das Bibelquiz gewinnen müssten,
00:51:35: dass vielleicht in einem späteren Zeitpunkt dann so ist, dass sie relativ frei darin das finden
00:51:42: mögen, was ihnen gut tut und was sie interessiert. Aber ich würde nicht darauf wetten.
00:51:48: Ja, aber ich finde es einen guten Impuls jetzt gegen den Schluss, weil das geht mir auch so.
00:51:55: Ich liebe es, wenn von den Kindern eigeninitiativ ein Interesse aufflammt. Es ist nicht so, dass
00:52:02: ich die Themen völlig vermeide oder so. Ich rede ja über meine Arbeit, ich rede über Dinge,
00:52:08: die ich aufgenommen habe oder gesagt habe im Podcast und so. Die Kinder kriegen das ja alles
00:52:13: mit und so. Aber geil ist, wenn dann aus eigeninitiativer, aus Neugierde von den Kindern eine
00:52:20: Rückfrage kommt, wenn sich dann beim Abendessen am Tisch irgendeine Diskussion entfacht und die
00:52:26: wollen dann wissen, du jetzt haben wir bei uns in der Schule, haben wir im Religionsunterricht
00:52:31: über Schöpfung gesprochen oder wir haben über dies und das. Und dann gibt es eine superangeregte
00:52:37: Diskussion und die Kinder sind mitten drin. Ich liebe das. Oder auch wenn unsere Tochter nach Hause
00:52:42: kommt, sie war in einem Gottesdienst und sagt, sie wird das einfach so toll finden, wenn man diese
00:52:49: Lieder zu Gott singen könne und das wird ihr einfach irgendwie gut tun. Und so. Und dann,
00:52:54: ich liebe das dann, das auch zu bestärken, weißt du das? Wenn ich super. Aber habt ihr so etwas wie
00:53:00: eine gemeinsame religiöse Praxis? Also betet ihr zum Beispiel beim zu Bett gehen, beim Essen oder ich
00:53:07: weiß nicht was? Ja, das, also wir haben diese ganzen ritualisierten Geschichten, die sind bei uns sehr
00:53:14: stark. Also wir beten eigentlich immer vor dem Essen und beim ins Bett gehen ist das so stark auch
00:53:21: irgendwie in Fleisch und Blut übergegangen, dass die Kinder mich eigentlich holen abends, wenn sie
00:53:27: schlafen gehen wollen und damit ich für sie bete. Und dann bete ich für sie und segne sie und so.
00:53:34: Und manchmal mache ich das auch morgens, wenn sie eine Prüfung haben oder sonst irgendwas, dann
00:53:39: dann dann quasi spreche ich ihnen noch einen Segen zu und so. Das machen wir sehr unkompliziert
00:53:45: und die Kinder schätzen das auch sehr. Das würde ich aber auch sofort aufhören, zumindest in diesem
00:53:51: also ich würde nicht aufhören für meine Kinder zu beten, aber ich würde aufhören das vor ihnen zu
00:53:56: tun, wenn sie sich damit nicht mehr wohl fühlen würden. Das ist mir schon wichtig. Ja, jetzt lieferst
00:54:02: du mir einen Stilpass, der etwas peinlich wird für mich. Also abgesehen vom Pürtigott gibt es bei
00:54:09: uns wahrscheinlich kaum wirklich Formen, die wir etabliert haben oder eine Praxis. Und wenn ich
00:54:16: drüber nachdenke, dann würde ich sagen, vielleicht hat bei uns Reality TV, dass wir gerne zum Essen
00:54:24: schauen, das verdrängt, was früher religiöse Praxis war. Und das ist natürlich eine tolle
00:54:31: Überleitung für unser nächstes Thema. Das habe ich jetzt gerade gedacht. Werden wir über Ablenkung,
00:54:37: über Spaß, über die Möglichkeiten, die uns Eskapismus bietet, sprechen, weil auch das könnte
00:54:45: ein möglicher Erbe, eine mögliche Erbin sein. Wir danken euch fürs dranbleiben, bis jetzt schreibt
00:54:51: uns vor allem auch, wenn ihr nicht Kinder und Familie habt, wie ihr eigentlich Kirche erlebt,
00:54:57: als Menschen, die nicht der Normalfall sind für ganz viele Gemeinden. Und dann hören wir uns wieder
00:55:04: in einer Woche. Bis denn. Tschüss, tschüss.
00:55:07: [Musik]
00:55:10: Reflepp.
00:55:10: [Musik]