00:00:00: Ja, heute ein Buch oder besser gesagt ein Titel, auf den ich mich in der Vorbereitung gar nicht so wahnsinnig gefreut habe,
00:00:10: aber eine Folge, die ich heute sehr mag, zu C.S. Lewis' Buch "Pardon", "Ich bin Christ" oder auf Englisch etwas elegante "Mir Christianity".
00:00:20: Das war aus der Reihe, in der wir uns mit den Klassikern oder den großen erfolgreichen Büchern, müsste man eigentlich sagen, der christlichen Literatur auseinandergesetzt haben.
00:00:31: Und da durfte natürlich C.S. Lewis nicht fehlen. C.S. Lewis ist ja kein Theologe im eigentlichen Sinn, also von seiner Ausbildung her,
00:00:40: als Literaturwissenschaftler und hat den christlichen Glauben in einer Sprache, die ganz, ganz vielen Menschen zugänglich und verständlich war, nochmal neu auf den Punkt gebracht.
00:00:52: Vieles von dem, was in diesem Buch "Mir Christianity" drin ist, ist eigentlich entstanden aus Radiosendungen, die C.S. Lewis aufgenommen hat.
00:01:01: Und mit manchem davon habe ich auch gefremdelt, als ich das heute gehört habe.
00:01:08: Jetzt im Rückblick, vor allem auch nachdem ich Graham Tomlin in Freiburg erlebt habe, der über diese 1940er Jahre auch gesprochen hat,
00:01:17: in denen es wirklich so etwas wie ein Revival nochmal gab, auch eines intellektuell und lebenswältlich zugänglichen Christentums,
00:01:25: dass in England das ja gerade eben nicht von Theologen vor allem gepusht worden ist, sehe ich das tatsächlich etwas anders.
00:01:35: Ich würde sagen, dass Buch "Mir Christianity" hat wirklich den Nerv der Zeit getroffen, hat die Sprache gesprochen, die man damals sprechen musste.
00:01:44: Und ich glaube, ich würde heute mit sehr viel mehr Erfurcht über dieses Buch sprechen, weil das in einem Kontext gesehen werden muss, in den es wirklich perfekt gepasst hat.
00:01:56: Und ich finde, diese Eleganz irgendwie zu erreichen und diese Klarheit in der Sprache, das ist etwas, was heute kaum jemandem gelingt.
00:02:05: Ja, würde ich auch sagen. Und es ist ein Buch, das verbindet.
00:02:11: Das ist mir aufgefallen, auch gerade nochmal auf dem Hintergrund.
00:02:14: Ich würde jetzt mal sagen, auch dieses Kulturkampfes unter christlichen Fraktionen und so in den letzten Jahren, wo sich auf den sozialen Medien die Dinge so verschärfen.
00:02:24: Und man, man unterwirft andere irgendwelchen Orthodoxie-Tests und sagt, wie denkst du über den Syne-Tot?
00:02:31: Wie denkst du über das?
00:02:32: Und man sucht überall irgendwo Gelegenheiten, sich vom anderen zu trennen oder dem anderen den Glauben abzusprechen.
00:02:39: Und bei C.S. Lewis merkt man, dieses Buch will eigentlich verbinden.
00:02:43: Er versucht, den kleinsten gemeinsamen Nenner des christlichen Glaubens so rational, vertretbar und gut begründet wie möglich darzulegen für Menschen, die mit christlichen Glauben nichts zu tun haben und denen es nun mal wirklich völlig egal ist,
00:02:58: ob wir jetzt vom Baptismus oder Methodismus oder evangelischer oder reformierter oder katholischer Kirche sprechen.
00:03:04: Genau. Und ich glaube, etwas, was wir heute mit bedenken müssen, es war eine Zeit, in der das Christentum nicht selbstverständlich war, aber es war noch nicht eine postchristliche Zeit im eigentlichen Sinn.
00:03:19: Und wir haben heute eine andere, eine neue Herausforderung.
00:03:23: Und vieles von dem, was wir heute vielleicht nicht ganz verstehen, was C.S. Lewis gesagt hat oder was uns nicht ganz einleuchtet, müssen wir einfach auf dieser Folie hören,
00:03:33: dass damals noch an Bestände anschließen konnte, die heute nicht mehr funktionieren.
00:03:38: Ja, und ein letztes Wort noch, was man schon sagen muss, wenn man sich fragt, wie gut ist dieses Buch gealtert.
00:03:45: Wir sprechen von einem Buch, das über 70 Jahre alt ist.
00:03:48: Dafür muss man sagen, also viele Bücher aus dieser Zeit sind sehr viel schlechter gealtert.
00:03:53: Also es ist immer noch sprachlich ein Genuss zu lesen.
00:03:56: Ja, total.
00:03:57: Es ist wirklich eloquent und gut argumentiert.
00:04:01: Es ist nicht mehr unbedingt die Art und Weise, in der man heute vielleicht den christlichen Glauben verteidigen würde.
00:04:08: Aber es hat immer noch viel für sich und es hat relativ wenig Stellen, wenn überhaupt, wo man die Hände über den Kopf zusammenschlagt und denkt, wie konnte er nur.
00:04:17: Genau, und wenn es heute jemandem gelingen würde, in so einer passenden Sprache über den christlichen Glauben in dieser Zeit zu sprechen, dann Schapo.
00:04:27: Ja, also viel Spaß mit C.S. Lewis.
00:04:31: Der Podcast über das, was wir nicht mehr glauben und das, was uns wichtig bleibt.
00:04:42: RefLab
00:04:44: Ich versuche hier, jedermann vor dem groben Umfug zu bewahren, der oft über Jesus geäußert wird.
00:04:56: Für mich ist Jesus zweifellos ein großer Morallehrer, aber seinen Anspruch, Gott zu sein, kann ich nicht akzeptieren.
00:05:04: Gerade das können wir nämlich nicht sagen.
00:05:07: Ein Mensch, der bloß ein Mensch wäre und solche Dinge von sich gäbe wie Jesus, wäre kein großer Morallehrer.
00:05:15: Er wäre entweder ein Irrer auf derselben Ebene wie einer, der sich für ein poschiertes Ei hält, oder aber er wäre der Teufel in Person.
00:05:25: Sie müssen sich entscheiden, entweder war und ist dieser Mann tatsächlich der Sohn Gottes oder er war ein Spinner oder noch Schlimmeres.
00:05:34: Sie können ihn ins Ihren Haus sperren, sie können ihn anspucken und Totschlagen wie einen Dämon oder sie können ihm zu Füßen fallen und ihn Herr und Gott nennen.
00:05:45: Aber sparen wir uns bitte diesen herablassenden Blödsinn, er sei ein großer Lehrer der Menschheit gewesen.
00:05:52: Diese Möglichkeit hat er uns nicht offen gelassen. Das war auch nicht seine Absicht.
00:05:59: [Musik]
00:06:06: Ihr Lieben, herzlich willkommen zu "Aus geglaubt die neue Staffel", die sich mit bekannten Büchern beschäftigt, die eingeschlagen sind, die sich verbreitet haben, die hohe Wellen geworfen haben.
00:06:20: Heute ein Klassiker, der schon einige Jahre oder sogar Jahrzehnte auf dem Buckel hat, C.S. Lewis, vielleicht müssen wir gerade am Anfang sagen, auf Deutsch heißt die aktuelle Version "Pardon, ich bin Christ", das geht wirklich in die Top 10 der misslungenen Titelvergaben in deutschen Übersetzungen ein.
00:06:44: Das ist jetzt einfach so was von rundherum misglückt. Auf Englisch heißt das Buch "Mir Christianity" ist nicht ganz einfach zu übersetzen, mir bedeutet ja so ein bisschen "chieres Christen".
00:06:57: Es gab einmal eine Übersetzung ganz am Anfang, die hieß "Christentum schlechthin", ist jetzt auch nicht unbedingt sehr flüssiges, süffiges Deutsch, aber ist immer noch besser als jemand, der sich für sein Christ sein entschuldigt.
00:07:11: Also pardon, ich bin Christ. Aber das ist ein Buch, ein apologetisches Buch, also ein Buch, das das Christentum mit rationalen Argumenten nach innen und außen vertritt.
00:07:25: Ein Buch, das wirklich ein Evergreen geworden ist, das sich seit Jahrzehnten verkauft, Millionen von diesen Büchern wurden verkauft, es wurde in, glaube ich, keine Ahnung, über 30 Sprachen übersetzt, hat enorm weite Kreise gezogen in allen Konfessionen, also sogar im katholischen Immortodoxenbereich, ist das ein richtiges Standardwerk geworden.
00:07:51: Ich habe gelesen, in kommunistischen Ländern war es als das blaue Buch bekannt, in China ist es neben der Bibel, da habe ich total gestraunt.
00:08:01: Verrückt.
00:08:02: In China ist es ja das christliche Buch schlechthin.
00:08:04: Das meist gelesene Buch neben der Bibel, zumindest lange gewesen, wie es heute steht, weiß ich nicht, aber das hat wirklich eine enorme Strahlkraft gehabt. Kannst du was zur Entstehungsgeschichte vielleicht noch sagen?
00:08:18: Ja, ich finde es ja ganz interessant, wir haben gesagt, wir machen etwas zu Büchern mit Impact und dieses Buch war ja ursprünglich gar nicht das Buch geplant.
00:08:27: Louis war in den 40er Jahren schon ein sehr gerne gehörter Dozent und Professor an der Universität und man wusste, der Mann kann gut sprechen und die BBC hat Ausschau gehalten nach einem neuen Sprecher, der so was wie eine Vortragsreihe machen könnte zu religiösen christlichen Themen.
00:08:49: Wir sind in der Zeit des Zweiten Weltkriegs, 1943 und Louis scheint da ziemlich geeignet zu sein, weil der jetzt nicht mega konfessionalistisch unterwegs ist, er ist auch kein Berufstheologe, kein irgendwie langweiliger Bischof, der jetzt irgendwas erzählt, sondern der ist rhetorisch wirklich fit und man traut ihm zu, dass er so sprechen kann, dass das für ein Radiopublikum insgesamt nachvollzieht.
00:09:18: Louis hat dann eigentlich drei Vortragsreihen gehalten, kann man sagen, und die sind auch in drei Bänden dann publiziert worden, also The Case for Christianity, Christian Behavior and Beyond Personality.
00:09:40: Und die wurden dann 1952, also einige Jahre nach der Ausstrahlung und der Erstveröffentlichung unter neuem Titel zusammengefasst und auch noch mal etwas redigiert und seitdem du hast das erwähnt, ist das wirklich eine Riesenerfolgsgeschichte dieses Buch.
00:09:55: Ja, X Sprachen übersetzt ist vielleicht auch das apologetische Buch schlechthin und manu vielleicht sollten wir zunächst kurz etwas sagen zu apologetik, was das eigentlich ist.
00:10:06: Ich finde das noch schwierig, das auf den Punkt zu bringen. Ich habe vorhin versucht es zu definieren als Verteidigung des christlichen Glaubens mit rationalen Argumenten nach Innen und Außen.
00:10:19: Ich meine apologetik hat ja so ein bisschen dieses Apologize drin und von dem her könnte man denken, es geht wirklich darum, sich zu entschuldigen dafür, dass man einen Glauben hat, wo der Christ ist.
00:10:32: Das ist natürlich weit weit weg davon, es geht gerade nicht darum sich zu entschuldigen, sondern es ist eigentlich die Anstrengung vernünftig nachvollziehbar darzustellen, was Christinnen und Christen glauben, jetzt im Falle von christlicher Apologetik.
00:10:47: Und da geht es weniger jetzt um eine, wie soll ich sagen, rein persönliche Introspektion. Warum finde ich das gut oder was hat mich biografisch dazu bewegt, Christin oder Christ zu sein?
00:11:02: Es geht schon um den Anspruch mit rationalen Gründen den christlichen Glauben nachzuvollziehen.
00:11:10: Ja, man könnte vielleicht auch sagen, rechtfertigung, rationale Rechtfertigung des christlichen Glaubens.
00:11:17: Ich finde, man könnte da natürlich dann schon in eine Diskussion eintauchen, auch über die Frage, inwiefern das heute noch zeitgemäß ist, überhaupt noch gefragt ist und inwiefern es überhaupt angemessen ist.
00:11:32: Es gibt ja doch auch einige Missverständnisse von Apologetik, auch von C.S. Lewis, glaube ich, in seinem Anspruch.
00:11:38: Wenn man das Gefühl hat, er hätte jetzt einen endgültigen Beweis der Wahrheit des Christentums erbringen wollen.
00:11:47: Mir ist das aufgefallen, dass es doch auch ein Missverständnis ist, das schon in der Interpretation von Thomas von Aquin immer wieder auftaucht.
00:11:56: Diese fünf Wege des Thomas, diese fünf Gottesbeweise wurden eben immer wieder promoted oder eben dann auch kritisiert als Missglückteversuche mit rationalen Argumenten den christlichen Glauben quasi zwingend zu machen.
00:12:13: Und so hat das Thomas ziemlich sicher nicht gedacht, es ging ihm wahrscheinlich mehr darum, die innere Coherenz und Konsistenz, die Vertretbarkeit des christlichen Glaubens nachzuweisen für Leute, die ihm schon große Sympathien entgegenbringen oder die sich sogar schon als Christen bezeichnen.
00:12:36: Bei Lewis, denke ich, ist dieses Moment, das nach außen geht, noch stärker, also dieses Moment, das eine nichtchristliche Zielgruppe ins Auge fasst.
00:12:46: Aber zwingende Beweise wollte er auch nicht vorlegen, er wollte einfach sagen, dass viel dafür spricht.
00:12:54: Ich glaube, es ist tatsächlich ganz wichtig festzuhalten, dass es bei Apologetik in erster Linie gar nicht darum geht, den Glauben zu beweisen und eine Grundlage für den Glauben zu schaffen.
00:13:07: Und quasi zu sagen, man hat so das apologetische Fundament und weiß dann, dass es vernünftig ist und kann sich dann entscheiden, das zu glauben.
00:13:15: Es gibt natürlich in gewissen Kreisen, wo es um ein Entscheidungskristentum geht.
00:13:21: Also quasi, ich bin irgendwann dann mit dem Rücken so zur Wand, dass ich nicht mehr anders kann als zustimmen oder irgendwas.
00:13:29: Aber klassischerweise wäre er eigentlich apologetik, der Versuch aus dem Glauben heraus.
00:13:35: Also der ist, was ich schon vorausgesetzt, also ich merke, dass ich glaube, dann diesen Glauben als etwas Koherentes, etwas Schlüssiges, etwas Nachvollziehbares darzustellen.
00:13:46: Und das würde ich schon auch, also wir werden noch Gelegenheit haben zu diskutieren, also würde ich schon auch bei Louis weitgehend so sehen, dass er eigentlich die Hörerin, den Hörer oder dann eben später den Leser, die Leserin an die Hand nimmt und sagt,
00:14:01: schau mal, wenn du es von da aus betrachtest, dann gewinnst du eine andere Perspektive und das, was du vielleicht vorher so unlogisch oder absurd fandest, ergibt plötzlich Sinn.
00:14:14: Ja, wird plötzlich plausibel.
00:14:16: Also so ein Versuch, einen Perspektivwechsel anzubieten unter dem, das, was dort gesagt ist, Sinn macht.
00:14:23: Ja, und könnte das auch als gnädige Interpretation eines Textes eigentlich verstehen, also quasi so, unter welcher Voraussetzung ergibt es den Sinn, wenn jemand behauptet, Jesus Christus ist Gottes Sohn.
00:14:35: Ja, ja.
00:14:36: Und unter welcher Voraussetzung ergibt es Sinn, dass man sagt, Gott ist der Schöpfer von Himmel und Erde etc.
00:14:41: Ja, und ich glaube, um jetzt gerade mal eine Lande zu brechen für C.S. Lewis, ich glaube, er war deutlich intelligenter und umsichtiger in diesem Vorhaben als viele,
00:14:51: die als Apologeten dann nach ihm gekommen sind.
00:14:54: Vor allem viele aus dem evangelikalen Lager, weil die evangelikale Apologetik hat ja dann in den 70er, 80er Jahren eine Wahnsinnshochzeit erlebt.
00:15:04: Da sind Bücher wirklich in Millionenauflage erschienen.
00:15:08: Eines der berühmtesten von Josh McDowell in deutschsprachigen Übersetzungen hieß es dann die Bibel im Test oder so.
00:15:16: Aber auf Englisch hieß das Evidence that demands a verdict.
00:15:20: Und da ging es eben genau, da ist eben diese Grenze dann überschritten.
00:15:25: Für ihn waren das Evidenzen, für Josh McDowell ging es darum, die Evidence für den christlichen Glauben festzumachen, ans Licht zu holen, die eine Entscheidung verlangt.
00:15:37: Und da ist es sehr viel aufdringlicher und sehr viel rationalistischer noch gedacht.
00:15:44: Quasi es gibt Gründe, die einem jeden aufrichtigen Menschen dazu zwingen, den christlichen Glauben als Wah anzuerkennen.
00:15:53: Und ganz viel, was unter evangelikaler Apologetik gerade in 70er, 80er, 90er Jahren dann rausgekommen ist, hat so diesen Touch so.
00:16:02: Auch Elise Trouble der Fallen Jesus und so.
00:16:05: Da geht es immer darum, da werden objektive, ganz nüchterne Fakten genannt, die dann den Leser eigentlich Kraft der Vernunft dazu bringen, den Glauben anzunehmen.
00:16:19: Ich glaube, Louis war vielleicht bescheidener und umsichtiger, intelligenter als viele dieser Apologetiken, die dann in seinem Fahrwasser sich bewegt.
00:16:34: Ja, bevor wir jetzt wirklich so auf Louis inhalte, dann steigen wir vielleicht zum Versuch einer groben Typologisierung.
00:16:41: Ich glaube, es gibt so innerhalb von christlicher Apologetik wie drei verschiedene Zugänge, die man wählen kann.
00:16:48: Der eine Zugang ist so über diese ganze Frage nach der Schöpfung oder dem Woher der Welt.
00:16:54: Also das man quasi sagt, naja, du kommst da in einen infiniten Regress, du kannst das Problem nicht lösen vom Anfang.
00:17:01: Eigentlich wissen wir gar nicht, was Zeit ist und wie das losgeht, wie Leben entsteht etc.
00:17:08: Also ist dieser Gottesgedanke ein rationaler Gottesgedanke und der muss dann auch in der Geschichte spielen, weil sich leben auch etc.
00:17:16: Das ist so der eine große Weg, der gegangen wird, vor allem auch in der Auseinandersetzung mit einem Atheismus.
00:17:23: Da ist im Moment, soweit ich das Überblicke, vor allem diese intelligenten Designtheorie ziemlich bedeutend.
00:17:30: Und dann gibt es diesen zweiten Zugang, der argumentiert dann stärker historisch, den halte ich aber wirklich für hochproblematisch.
00:17:39: Da geht es darum zu zeigen, dass Jesus tatsächlich auferstanden ist.
00:17:44: Und zwar nach historischen Maßstäben, dass das sehr wahrscheinlich ist, zum Beispiel Lee Strobel, der versucht genau das.
00:17:52: Also quasi Forensis, dem nachzugehen, also zunächst mal zu beweisen, der ist wirklich gelebt.
00:17:57: Dann zu beweisen, der ist wirklich gestorben und dann zu plausibilisieren, hey, so viele Leute haben den wieder gesehen, der ist tatsächlich auferstanden.
00:18:06: Und was bedeutet das dann?
00:18:08: Das bedeutet, dass alles, was er gesagt hat über Gott und die Welt richtig ist und schwumm, hast du das ganze Programm drin.
00:18:14: Das sind diese zwei Zugänge, jetzt gibt es den dritten Zugang und da würde ich Lewis verorten.
00:18:19: Der setzt viel stärker phänomenologisch an.
00:18:22: Also der fängt eigentlich da an und sagt, naja, als Mensch in Gesellschaft anderer Menschen machst du bestimmte Beobachtungen.
00:18:33: Und ausgehend von diesen Beobachtungen, die wir alle teilen, ergeben sich gewisse Problemkonstellationen, die du besser und anders verstehen kannst,
00:18:44: wenn du diese Glaubensprämissen mit voraussetzt, als du es tun könntest, wenn du sie nicht mit voraussetzt.
00:18:51: Ja. Und vielleicht sagst du auch deswegen das so ein bisschen der softere Weg, weil er halt näher bei der Erfahrungdimension ansetzt, die Menschen haben.
00:19:01: Ja. Und das ist auch der Eindruck, der sich beim Lesen von Lewis irgendwie aufträngt, dass er versucht die Erklärungskraft des christlichen Glaubens stark zu machen.
00:19:13: Wie du das jetzt gesagt hast, ersetzt bestimmte Beobachtungen und Erfahrungen voraus und versucht dann zu zeigen, wie eigentlich die Annahme Gottes und die Annahme auch eines christlichen Gottes irgendwie diese Probleme zu erklären,
00:19:29: wie das hilft irgendwie die Welt zu deuten. Übrigens auch, jetzt muss ich das, damit ich das nicht vergesse, bring ich es jetzt gerade.
00:19:37: Es gibt doch, nein, nein, nein, nein, aber es gibt doch ein ganz, ganz starkes Zitat von ihm.
00:19:44: Nicht aus, ich glaube nicht aus mir Christianity, aber da sagt er, ich glaube an das Christentum, wie ich glaube, dass die Sonne aufgegangen ist.
00:19:54: Nicht nur, weil ich sie sehe, sondern weil ich durch sie alles andere sehe.
00:20:00: Und ich finde, das ist mir vor Jahren, ist mir das, habe ich, ist mir das begegnet und geblieben, dieses Zitat, weil ich das wirklich stark finde,
00:20:09: er versucht zu zeigen, dass durch die Annahme des christlichen Glaubens eben ganz viele Dinge in einem anderen Licht erscheinern.
00:20:19: Und das ist so vielleicht auch symptomatisch für das, was er in mir Christianity in diesem Buch versucht.
00:20:25: Nicht einfach rationalistisch die Leser zum Glauben zu zwingen, sondern zu zeigen, was so die Erklärungskraft des Glaubens auch sein kann.
00:20:35: Auch in einer, und da finde ich jetzt die Entstehungskontexte auch wichtig, auch in einer umtriebenen, irritierenden Zeit,
00:20:44: die Radioansprachen kommen auf der Klimax des Zweiten Weltkrieges werden, die ausgestrahlt.
00:20:51: Es gibt Berichte von Soldaten, die sich in Baos und Papps getroffen haben und dann alle zur Stille aufgefordert haben,
00:20:59: um jetzt C.S. Lewis Ansprachen zu hören, in einer Zeit, die irgendwo moralisch ambivalent war, die Leute waren irgendwo aufgerieben.
00:21:09: Das war sehr angespannt während des Weltkrieges. Und da in diese Situation hinein hat er versucht,
00:21:17: eigentlich seine Vorträge, als jemand hat geschrieben, als moralischen Beitrag zum Zweiten Weltkrieg zu bringen.
00:21:25: Ich finde das wichtig als Hintergrund, gerade weil die moral ja eine so prominente Rolle spielt dann auch in dem Buch.
00:21:32: Ja, und dann war natürlich auch eine Zeit, in der man verzweifeln konnte und sich denken konnte, dass vielleicht alles beliebig, alles relativ ist.
00:21:41: Und genau damit beginnt ja Lewis eigentlich seine Ansprachen, dass er sagt, na ja, Recht und Unrecht ist schon was,
00:21:50: dass auch kulturell kodiert wird. Also ein Diebstahl wird nicht überall auf der Welt gleich geahndet, aber es sind sich doch alle einig, dass Diebstahl nicht geht.
00:22:02: Und woher haben wir denn dieses Bewusstsein, dass da ein Unrecht ist?
00:22:08: Und da würde jetzt Lewis sagen, das ist ganz, ganz klassisch, theologisch, wie wir das auch aus der Scholastik kennen.
00:22:15: Wir erkennen Unrecht nicht aus dem Unrecht selbst, also nicht, weil es etwas Schlechtes wirkt, sondern weil in uns schon diese Idee des Guten ist.
00:22:26: Und dieses Gute ist dann ein absoluter Maßstab, ohne den es gar keinen Sinn macht zu sagen, dass etwas böse ist oder schlecht ist.
00:22:35: Und deswegen setzen wir quasi in unserer kulturellen Praxis, in unserem Zusammenleben schon immer einen absoluten Maßstab voraus,
00:22:44: auch wenn wir den nicht immer aufrufen. Das ist doch quasi so die Eröffnung des Ganzen.
00:22:49: Ja, und dieses Argument nimmt eigentlich einen sehr breiten Raum ein und prominenten Platz ein in dem Buch.
00:22:57: Man könnte sagen, dieses Sittengesetz oder dieses Naturgesetz, das den Menschen eingepflanzt ist,
00:23:06: und er schlägt auch immer mal wieder die Brücke zur aktuellen Situation und sagt dann ja, wieso können wir denn wissen,
00:23:12: die Alliierten, dass sie auf der richtigen Seite stehen und diesen Gräueltaten der Nazis-Einhalt gebieten müssen.
00:23:20: Ja, wenn es dieses Sittengesetz nicht gäbe, dann könnte man den Nazis ja keinen Vorwurf machen, dann würden die ja einfach irgendwo,
00:23:29: ich sage jetzt mal, halt nach anderen Regeln handeln, aber wir setzen voraus, dass es böse ist, dass sie das tun und dass sie dafür auch
00:23:38: zu Verantwortung gezogen werden sollen, weil wir auch voraussetzen, dass selbst im schlimmsten Nazi irgendwo
00:23:46: dieser Impuls eigentlich noch vorhanden wäre oder diese Fähigkeit zu erkennen, dass das eben falsch ist, was er hier tut.
00:23:55: Und sogar wenn er das nicht kann, gäbe es extern einen Maßstab, an dem aus, dass in einem absoluten Sinne gut oder böse wäre.
00:24:04: Ja, genau.
00:24:06: Irgendwo halt dann auch in den Grautönen dazwischen. Aber auf jeden Fall, es gibt etwas Absolutes, an dem sich menschliches Handeln und menschliche
00:24:14: Kultur auszurichten hat. Das ist ja erstmal so dieses Eröffnungsargument, das er bringt.
00:24:22: Und die beste Erklärung dafür, nach Louis ist eben anzunehmen, dass ein Gott dahinter steht, der eben einen Sinn für das Gute
00:24:32: in uns gepflanzt hat.
00:24:33: Er geht ja sogar so weit, dass er sagt, na ja, bei den Naturwissenschaften haben wir ja anerkannt und gelernt, dass es so etwas gibt wie Naturgesetze.
00:24:43: Ja.
00:24:44: Und meint jetzt, es gibt auch so etwas wie Naturrechtsgesetze, quasi die eigentlich gleich ursprünglich sind.
00:24:51: Und das ist eine sehr interessante Idee, oder? Weil da eigentlich das Gute und das Ware wirklich zusammenhängen.
00:24:59: Und da sind wir natürlich sehr nahe bei einem philosophischen, dann auch bei einem hellenistisch philosophischen Gottesbegriff, der das Gute und das Ware zusammen denkt,
00:25:10: in Gott.
00:25:11: Ja.
00:25:12: Und natürlich ist er dann auch noch das Schöne. Aber das hatten wir ja schon in der letzten Folge.
00:25:17: Findest du denn dieses Argument plausibel? Weil ich finde das ganz entscheidend nicht.
00:25:23: Ich finde, das ist ja so wie der Door-Opener und zu sagen, dass er öffnet ja erstmal die Dimension, in der der Gottesbegriff bei Louis eigentlich eine zwingende Bestimmung bekommt.
00:25:37: Mhm. Ja.
00:25:39: Ich finde das eine schwierig zu beantwortende Frage. Ich finde, es ist er erstaunlich plausibel vorgetragen bei Louis.
00:25:47: Vielleicht gibt es keine irgendwo stimmigere oder bessere Verteidigung dieses Gedankens als jetzt bei ihm in "Meer Christianity".
00:25:56: Die Idee eines Naturrechts ist aber natürlich massiv in Verruf gekommen, die letzten Jahrzehnte.
00:26:02: Weil eben, weil da natürlich auch metaphysische Annahmen dahinter sind, die man heute gemeinhin eigentlich nicht mehr teilt.
00:26:09: Und man kann natürlich immer wieder entgegenhalten und auch auf die Subjektivität und Perspektivität dieser moralischen Empfindungen abheben und zeigen, wie weit auseinander dann doch die Menschen immer wieder liegen.
00:26:24: Mhm.
00:26:25: Und darauf finde ich nach wie vor die Argumentation im Sinne von, ja, du findest einfach keine Kultur, in der Mord- oder Diebstahl gelobt wird oder Verrat gelobt wird.
00:26:38: Das sind irgendwo Intuitionen. Das Problem ist halt, man kann natürlich das auch alternativ erklären.
00:26:46: Also die ganze Geschichte Richard Dawkins werden wir uns ja noch vorknüpfen, zwar den Gotteswahn und nicht das Selfish-Gene.
00:26:54: In diesem, in diesem, das egoistische Gen, da fährt er ja eigentlich eine ähnliche Argumentation und sagt ja, wir haben bestimmte Verhaltenskodizys, sind uns quasi genetisch eingegeben und letztendlich trägt das zum Überleben der Spezies bei.
00:27:13: Also das, man könnte sagen ja Mord, es muss nicht Gott sein, der uns den Mord als Böse vorlegt, sondern es kann auch sein, dass einfach die Spezies merkt, wenn wir uns gegenseitig abschlachten, dann überleben wir nicht lange.
00:27:28: So, also ja schon, nur ehrlich gesagt, dieses Argument überzeugt mich noch weniger und zwar rein deswegen, weil es nicht erklären kann, weshalb ich dann als Person ein Interesse haben soll, nicht feige zu sein, nicht zu stehlen und nicht zu töten.
00:27:47: Oder warum ich von da aus zu einer universalistischen Moral komme? Ich könnte ja dann immer noch so in einem klären Verhalten sagen, ja ja, das ist super, wenn wir als klein uns genau an diese Spielregeln halten, untereinander, aber gegen Außen setzen wir uns einfach durch mit Macht.
00:28:05: Und das gibt es ja ständig, also es ist ja kein gelangtes Spiel. Es ist ja nicht, wie die, die darauf festgelegt sind, irgendwie ständig nach einer universalistischen Moral zu handeln und alle lieb zu haben.
00:28:18: Bei mir liegt mein Problem mit Lewis auf einer anderen Ebene. Ich glaube, dass er schon recht hat, dass es so was gibt, dass man als universalistische Moral bezeichnen kann.
00:28:31: Aber die Frage für mich ist jetzt, ist das etwas, das ontologisch auf das Wirken einer Gottheit zurückgeht oder eine Ähnlichkeit mit einer Gottheit zurückgeht? Da wäre ich eben ganz, ganz vorsichtig.
00:28:44: Oder kommt das eigentlich aus etwas gemeinsam menschlich geteiltem? Ich bringe hier kurz die Alternative ins Spiel.
00:28:53: Wir können ja sagen, naja, wir können doch quasi vernunft, quasi menschlicher Vernunft, Einsicht haben in ein Sittengesetz, das sich dann kulturell auch wieder anders ausprägen kann und irgendwo findet man vielleicht diebstahlschlimmer und irgendwo findet man vielleicht eher Bruchschlimmer oder so.
00:29:11: Aber so was anzunehmen, dass diese Grundlage gibt, das halte ich schon für vernünftig, aber jetzt gäbe es ja genau die Möglichkeit, das Spiel umzudrehen und zu sagen, aus dieser Erfahrung, dass wir gemeinsame Werte haben, dass wir gemeinsam Dinge ablehnen und das auch stabil halten wollen, bildet sich dann der Gottesgedanke.
00:29:31: Und nicht quasi, weil ein Gott ist, bildet sich so etwas wie eine universelle Moral.
00:29:37: Ich finde, ich habe immer eine große Skepsis, wenn Gott quasi zum Garanten oder zum Maßstab einer allgemeinen Moral wird.
00:29:49: Ich glaube, er ist ein Superbild für eine Moral oder für das Gute oder für das Richtige. Also dafür halte ich Gott wirklich für ein Superbild.
00:29:59: Aber ich glaube, er ist immer sehr gefährlich als Garant der richtigen Ordnung.
00:30:04: Du hast jetzt gesagt, oder Lewis sagt dann, naja, warum sagen wir in einem absoluten Sinn, dass die Allierten auf der richtigen Seite stehen und nicht die Deutschen?
00:30:12: Jetzt können wir uns ganz ein bisschen komplizierter machen und sagen, ja, Stalin auch, weil er ist ja auch ein Gegner.
00:30:19: Und wie schaut es eigentlich aus mit dem Ganzen, was jetzt quasi dann diese Bevölkerung durchmachen muss in Russland, die nicht entscheidet?
00:30:32: Es wird alles immer viel schwieriger und nicht einfach nur zu entscheiden zwischen A und B.
00:30:37: Und dann da quasi diesen starken Gottesbegriff zu haben, der jetzt eine absolute Moral garantiert.
00:30:44: Und dann ist er gesagt, das ist der Weg, das ist richtig. Das würde ich Lewis auch so nicht vorwerfen, aber das ist halt immer die Gefahr, die man hat, wenn Gott zum Garant der Moral wird.
00:30:53: Aber ist es nicht einfach dieser Impuls oder diese Intuition zu sagen, Moral lässt sich letztlich nur unter Verweis auf eine transzendente Entität auf einen Gott wirklich begründen,
00:31:12: nicht zu sagen, es gibt keine moralischen Menschen oder man muss Christ werden um moralisch handeln zu können, aber zu sagen, die Begründung der Moral muss irgendwo über sich hinausweisen.
00:31:27: Ich habe Lewis eher in die Richtung verstanden und ich finde es noch spannend, also vielleicht jetzt ein Nebengleich, das wir dann auch wieder schließen müssen, aber der Philosoph Markus Gabriel heißt er.
00:31:38: Der hat doch ein Buch geschrieben, in dem er sich in einer, wie soll ich sagen, schon fast frechen Selbstverständlichkeit für die Existenz moralischer Tatsachen ausspricht.
00:31:50: Witzigerweise verbindet sich das bei ihm überhaupt nicht mit einem Gottesbegriff oder Gottesglauben, sondern er setzt irgendwie auf anderer Grundlage voraus, ja, moralische Tatsachen, das gibt.
00:32:02: Also es gibt Dinge, die absolut richtig und falsch sind.
00:32:06: sucht das ja dann so einzuholen, dass er sagt, Kinder zu schlagen ist jetzt falsch und es war immer
00:32:11: falsch oder zum Beispiel dann diesen Sportartikel, also dass man einen Ministerpräsidenten oder einen
00:32:19: Staatsoberhaupt nicht verspotten darf und der quasi in einer anderen Kategorie gehört als der
00:32:25: Normalbürger, das war schon immer falsch und dann entstehen quasi Evidenzzusammenhänge,
00:32:30: in denen wir das entdecken war schon immer so. Ich halte das für pur Nonsen. Also wirklich,
00:32:37: ich finde, der trägt das Rhetorisch immer ganz toll vor, aber ich glaube es ganz schlicht und
00:32:43: ergreifend nicht, weil nämlich das, was ein Staatsoberhaupt ist, vor 300 Jahren eine komplett
00:32:49: andere Bedeutung hatte als es das heute hat. Also die Idee, dass zum Beispiel unser Bundesrat dem
00:32:56: Volk dient, in diesem Sinne. Das ist so was, erzählt das irgendeinem feudal Herrscher im Mittelalter.
00:33:03: Das stimmt einfach nicht. Und dann werden da analogien gemachten Dinge verglichen,
00:33:10: die du historisch niemals halten kannst. Aber es hat halt das sehr vereinnahmen.
00:33:14: Aber wenn wir jetzt bei Lewis bleiben, weil das finde ich wirklich den, also der interessante
00:33:19: Punkt ist doch zu sagen, moralische Maßstäbe setzen eine gewisse Transzendenz vorab. Da gehe ich
00:33:26: noch mit. Aber die Alternative zu einer externen Transzendenz, die wir Gott nennen, also quasi,
00:33:33: die das absolute schlecht hin ist, wäre eine Art Transzendenz, die wir selbst haben durch unsere
00:33:41: Kommunikation und das Zusammenleben. Nämlich die Möglichkeit, die Perspektive zu wechseln,
00:33:48: sie probehalber zu bewohnen, die Perspektive eines anderen und sich zu fragen, möchte ich an dieser
00:33:54: Stelle auch so behandelt werden, wie ich diese Person jetzt behandle, zum Beispiel. Oder die
00:34:01: Unterstellung, dass wenn du etwas tust, du Gründe hast dafür und Rechenschaft dafür ablegen kannst.
00:34:08: Warum du das tust. Und ich glaube, dass das dann keine letzte Transzendenz ist, aber dass es genug
00:34:15: Transzendenz ist, um moral stabil zu halten. Ja, ja. Also, aber dann sind wir ja uns ja da eigentlich
00:34:24: einig Lewis argumentiert, sehr stark und einleuchtend, aber er schöpft jetzt die Alternative nicht
00:34:35: unbedingt aus oder seine Lösungen schöpfen die Alternative nicht aus. Es gibt auch Erklärungen
00:34:43: vielleicht auf einer tieferen Flughöhe, die jetzt nicht unbedingt dann in die Annahme eines
00:34:48: christlichen Gottes münden und die sich doch eignen können, um moralisches Verhalten zu
00:34:54: begründen. Genau. Und ich will ihm aus dem auch gar keinen Trick drehen. Also ich finde ja gerade,
00:35:00: dass seine Stärke quasi zu sagen, komm, wir stellen uns mal auf diesen Punkt, schauen es uns an
00:35:04: und dann ergibt dieser Gottesgedanke plötzlich Sinn. Schwierig finde ich es nur, wenn man es dann
00:35:10: umdreht und quasi sagt, ohne Gottesgedanke keine Moral. Und das ist schon immer die Gefahr bei
00:35:16: Lewis, die mitfährt. Ja, ja, ja, ja. Und du spürst ja seinen Buch auch ab. Eigentlich ist es ein
00:35:26: Buch über Sozialethik. Es ist auf weiten Strecken. Natürlich ist es auch eine Verteidigung des
00:35:32: christlichen Glaubens, aber vom Anfang bis zum Ende zieht sich so dieses Anliegen durch irgendwo
00:35:38: eine Sozialethik zu begründen. Und das erklärt sich natürlich auch aus dem Entstehungskontext des
00:35:46: Buches, aber er geht da den Kardinaltugenden entlang, er spricht über Glaube, Liebe, Hoffnung und so.
00:35:52: Es ist ein ganz eminent, moralisch ethisches Anliegen, dass dieses Buch auch trägt. Wir müssen
00:35:59: vielleicht auch noch sagen, weil wir das bis jetzt unterschlagen haben, dass Louis Storias,
00:36:04: so geht, dass er selbst angefangen hat, denkrisch, als erklärter Arteist. Und das war ja dann ein
00:36:10: innerer Weg, aber dann auch Konversationen mit Thorkin, also Herr der Ringe-Tor. Genau, das müssen
00:36:18: wir auskosten. Wir sind um näher gebracht. Und was ich so verrückt finde, wenn ich mich mit Lewis
00:36:24: auseinandersetze, ist, ich kann mir noch vorstellen, wie er jetzt auf dieser rationalen Grundlage, wie
00:36:30: ihm einleuchtet. Dazu kommt zu sagen, naja, ich werde vielleicht Agnostiker, ich werde vielleicht
00:36:35: Thäist. Aber das ist ja nicht der Punkt, wo das Ganze gestoppt hat bei ihm, sondern der ist ja Christ
00:36:44: geworden, der quasi die ganze Lehre bis mit Trinität und allem, was dazu gehört, verteidigt.
00:36:52: Wie erklärst du dir das? Also für ihn es gibt doch diesen Bericht von ihm selber. Also der ist ja so
00:37:01: in Oxford, ist ja ja in diesen Zirkeln gewesen und hat so ein Kreisfreundschafts-Diskussionskreis,
00:37:09: diese Inklins, sagen sie sich, die sich genannt, mit Thorkin und anderen. Und da haben die ja viel
00:37:15: Überglaubensdinge auch diskutiert offenbar. Und es gab da, glaube ich, eine Diskussion, in der eben
00:37:23: Thorkin und andere eben klärt haben, was es mit der Idee der Kreuzigung, Auferstehung und so
00:37:32: weiter auf sich hat. Und dann, dann hat er, glaube ich, wirklich so eine Art Offenbarungs-Erfahrung
00:37:38: gehabt, oder das ihm das, vielleicht ist das zu steil gesagt, aber es hat ihm zum ersten Mal
00:37:43: eingeläuchtet, dass das quasi die die wahren Mythen sind, an denen der Mythos ist. Ganz, ganz
00:37:50: entscheidendes Stichwort, weil Louis hat sich ja immer für diese nordischen Mythen auch schon
00:37:54: interessiert. Ja, und ich glaube dieser christliche Mythos, also jetzt wirklich im Sinne einer Geschichte,
00:38:00: die Wahrheiten von ganz elementarer Bedeutung zeigt, in einem Narrativ. So ist Mythos jetzt dort
00:38:09: gemeint, oder? Ja, dieser christliche Mythos war für ihn, glaube ich, so was wie eine Basiserzählung,
00:38:16: auf der alle anderen Mythen, die er kannte, Sinn ergeben hat. Ja, ja, genau, genau. Und das war
00:38:24: ein entscheidendes Erlebnis, dass aber über, dass eigentlich über diese bloße Rationalität oder
00:38:31: rationale Argumentation hinausgeht. Auch wenn Louis, er hat, er sagt auch, Anfang von mir,
00:38:39: Christianity, beschreibt, dass ich als den zögerlichsten oder missmutigsten Konvertiten
00:38:45: Englans, weil er irgendwie sich von Gott in die Ecke gedrängt fühlte. Er beschreibt sich als
00:38:53: einer, der zum Glauben gekommen ist, so wie eine Maus von einer Katze gefangen wird, dass es alles
00:39:00: nicht jetzt nicht wahnsinnig sympathisch wird, das beschreibt. Aber man muss auch sagen, dass das
00:39:07: vielleicht einfach die Entstehungsvoraussetzung seines Glaubens war, aber er den Glauben ja
00:39:14: nachher auch sehr leidenschaftlich und sehr freiheitlich verteidigen konnte und was ich eben
00:39:21: stark finde bei ihm. Und vielleicht können wir darüber noch ein bisschen sprechen, weil das hat,
00:39:27: meiner Meinung nach, auch mit dem Mythos zu tun, der bei ihm so wichtig ist. Für ihn ist glaube eben
00:39:33: gerade nicht nur eine rationalistische Angelegenheit und das spürt man seinen Büchern auch ab.
00:39:39: Louis verbindet etwas in seinen Büchern, was wahrscheinlich die wenigsten Autoren nach ihm
00:39:47: in dieser Stärke zusammenbringen, das macht den Erfolg von mir, Christianity, vielleicht auch aus.
00:39:54: Dieser unnachgiebige Verstand, diese Leidenschaft für ein stringentes, sauberes,
00:40:02: wasserdichtes Denken, aber dann auch diese Vorstellungskraft, diese Begabung in Bildern
00:40:08: und Geschichten zu denken. Diese poetische Kraft. Bring mal so ein Bild. Also ich habe zum Beispiel
00:40:16: gerade eines, dass das mit der Handel eingeläuchtet hat, dass ich wirklich stark fand. Es geht da darum,
00:40:22: dass der Mensch neu wird in Christus. Ja, also quasi er wird nicht einfach nur ein bisschen
00:40:29: verbessert, sondern er wird neu in Christus. Und da bringt er zwei ganz starke Bilder. Also das eine
00:40:35: ist so dieser Anspruch, dass wir Christus gleich werden. Das klingt ja erstmal wie der pure Wahnsinn.
00:40:43: Und dann sagt Louis, es geht eben nicht darum, etwas einfach ein bisschen zu verbessern, sondern es
00:40:50: geht wirklich darum, etwas perfekt hinzukriegen. Also die Verheißung ist, ich fixe dich nicht nur ein
00:40:57: bisschen, sondern ich mache dich wirklich perfekt. Und das ist etwas, das sich zu Lebzeiten wahrscheinlich
00:41:05: fast nie abschließt und wir sind sehr zögerlich und denken dann so, naja, also Heilige müssen wir
00:41:11: nicht gerade werden. Es reicht schon, wenn wir anständige Menschen sind. Das sagt Louis, nein,
00:41:15: dieser Anspruch geht viel weiter und dann bringt er ein Beispiel und sagt, wenn er Zahnschmerzen hatte
00:41:20: als Kind, dann hat er lange, lange gezögert, bis er seiner Mutter was davon erzählt hat, weil er
00:41:26: hat gewusst, es gibt dann nicht nur das Aspirin, damit er schlafen kann, sondern am nächsten Tag
00:41:32: gibt es auch den Besuch beim Zahnarzt. Weil sie nicht nur vordergründige Problem lösen will,
00:41:38: sondern wirklich das Hauptproblem bei der Wurzel packen möchte quasi. Und das finde ich so ein
00:41:44: Beispiel, das wirklich irgendwie anschaulich ist, also dieses Bild bleibt drin oder fährt dann weiter
00:41:50: vor, der denkt das dann wirklich weiter und sagt, naja, aber wenn wir jetzt alle quasi Christus
00:41:54: förmig werden, dann ist ja alles irgendwie so ein Einheitsprei, könnte man denken. Aber, bringt er
00:42:01: dann und sagt, das stimmt ja gerade nicht, wenn wir zum Beispiel ans Kochen denken und wir würzen
00:42:08: alles mit Salz, dann schmeckt er nicht einfach alles nach Salz, sondern Salz holt das Original
00:42:14: Aroma, die Lebensmittel stärker hervor. Also das sind so Bilder, wo ich wirklich finde, das sind ganz,
00:42:22: ganz tolle Analogien, um etwas zu erklären, also quasi wie kann Gott in allem drin sein und wirken
00:42:29: ohne, dass dem seine Identität quasi genommen wird. Ja, ja, ja, ja. Also eben da muss man einfach
00:42:37: sagen, der hat da Bilder im Minutentakt abgeliefert, die einfach oft sicher nicht alle gleich treffen,
00:42:48: aber oft unglaublich stark sind und eingängig sind und einfach unübertroffen in ihrer Erklärungskraft.
00:42:55: Also ein Bild, das mir geblieben ist, da beschreibt, da spricht er von den Vorbehalten von Menschen
00:43:02: gegenüber Theologie und dann beschreibt er die Theologie als eine Landkarte und sagt, es sagt
00:43:09: irgendwie, die Landkarte ist nicht das Gebiet oder ist nicht, also die Theologie ist 2D. Genau,
00:43:17: das kann nicht das Gebiet wiedergeben. Ja, und wenn man nur die Landkarte kennt oder nur auf der
00:43:23: Ebene der Landkarte diskutiert, dann ist das alles nicht wahnsinnig aufregend. Die Lehren,
00:43:29: die theologischen Lehren sind nicht gleich Gott, schreibt er dann, sie sind eben nur eine Landkarte,
00:43:35: aber die Karte, und das für mich auch ein starkes Bild, die Karte beruht auf Erfahrungen von
00:43:41: Menschen im Gebiet selber. Also ich fand das unglaublich stark, wie er den Ort der Theologie mit
00:43:49: diesem Bild irgendwie deutlich macht. Also das rein hermeneutisch gesehen ist, dass er ja wirklich
00:43:54: ein Schlüssel, um glaube ich auch seinen eigenen Zugang zu Apologetik zu verstehen. Ja, weil er ja
00:44:01: einen Unterschied schon mal einzieht zwischen Theologie und Wirklichkeit. Ja, er würde ja nicht
00:44:08: sagen, die Wirklichkeit wird nur wirklich dadurch, dass wir sie theologisch interpretieren können,
00:44:15: sondern er würde, wenn wir jetzt bei diesem Bild bleiben zwischen Karte und Gebiet, dann würde er
00:44:21: sagen, na ja, eigentlich ist die Karte nur ein Tool, um sich in einem Gebiet zu orientieren,
00:44:28: aber die wirkliche Wirklichkeit ist das Gebiet. Ja, und in dieser wirklichen Wirklichkeit geht
00:44:34: nicht alles theoretisch stringent auf. Da ist vielleicht ein Weg dazugekommen, ein anderer ist
00:44:40: verschüttet und etwas ist zugewachsen, aber was ich tun kann ist quasi aus dieser Karte, die ich dir
00:44:48: hier zeichne, dir immer wieder einen anderen Blickwinkel auf dieses Gebiet zu geben. Quasi ist
00:44:54: eine Art Hilfestellung, das eigene Leben und Fortschreiten in der Wirklichkeit anders in
00:45:04: den Blick zu bekommen und zu deuten. Ja, ja, und ich glaube bei ihm, um jetzt nochmal grundsätzlich
00:45:11: auf diese bildhafte und poetische Sprache zu kommen, es gibt eine Biografie von, nicht nur von
00:45:17: C.S. Lewis, sondern quasi von diesem Buch, "Mir Christianity, Entstehungsgeschichte und Hintergründe"
00:45:22: und so von George Marston und ich glaube, er beschreibt das da, dass Lewis eben auch als
00:45:30: Literaturwissenschaftler überzeugt war, dass wir die Wirklichkeit eigentlich nur in Metaphern
00:45:37: wahrnehmen und denken können. Also für ihn war es eben nicht so, dass er quasi einfach ein Bild
00:45:46: gesucht hat, um es den Dumen noch klarer zu machen, sondern für ihn war völlig klar von Anfang an,
00:45:53: wir verstehen diese Welt nur in Bildern und deshalb hat er auch in einer ganz unverkrampften
00:46:01: Art Bilder verarbeitet und diese poetische Sprache gepflegt und ich muss wirklich, ich habe jetzt
00:46:07: nach vielen Jahren mal wieder in den Buch gelesen und muss sagen, da ist es einfach unerreicht,
00:46:15: dieses Buch, also diese bildhafte Kraft, auch wenn das ja jetzt, und das finde ich schon auch eine
00:46:21: Anmerkung wert, wenn das heute eher verpönt ist, wenn ein Theologe so schreibt, dann kann er sich
00:46:28: eher ins Abseits befördern damit, dann wird er zumindest im wissenschaftlichen Diskurs natürlich
00:46:33: nicht mehr ernst genommen, so schreibt man, so schreibt man nicht, wenn man, wenn man anerkannt
00:46:40: werden will akademisch, aber seine Erfolg seines Buches verdankt sich, glaube ich, eben nicht nur
00:46:48: den Argumenten, sondern auch dieser Fähigkeit Bilder zu zeichnen und Geschichten zu erzählen.
00:46:55: Ich glaube hauptsächlich, wer angst, ich sehe genau diese Ergabe. Ja, wahrscheinlich stimmt es alles,
00:47:02: was du sagst über heutige Theologie, wenn wir das wirklich auf den deutschen Sprachraum begrenzen.
00:47:07: Ich finde, sowohl in Philosophie, als auch in Theologie, so weit ich das ein bisschen kennengelernt
00:47:13: habe, ist da einfach der englische Sprachraum auch viel lockerer und zugänglicher. Ja, ja, ja.
00:47:19: Also sogar bis in die sprachanalytische Philosophie hinein hast du dort immer wieder Beispiele,
00:47:24: jetzt von Englischsprachigen, wissenschaftlicher Literatur, die einfach einleuchten und einprägsam
00:47:30: sind und man hat wirklich das Gefühl, diese Autorinnen und Autoren versuchen alles,
00:47:34: damit sie verstanden werden. Ja. Wenn ich bei uns manchmal das Gefühl habe, dass wir alles versuchen,
00:47:39: damit im Kolokwium keiner den Text wirklich verstanden hat, den wir verteidigen. Ja, ja,
00:47:44: ja, es verrückt. Mir ist das aufgefallen bei philosophischer Literatur sogar im Bereich
00:47:49: der analytischen Philosophie, wo man ja jetzt wirklich dann die Begriffe auseinandernimmt und so.
00:47:54: Aber wenn du englische Texte liest, dann kommt ständig so Einschiebe, stell dir vor, ich stehe am
00:48:00: Morgen auf. Wann habe ich die Entscheidung getroffen aufzustehen? Ich bewege diesen Gedanken im Kopf
00:48:06: und dann plötzlich finde ich mich stehend wieder. Wann ist jetzt diese und so. Und da kommen ständig
00:48:11: solche Alltagsbeispiele, die eigentlich auf Intuitionen zurückgreifen, die die Leser dann haben
00:48:17: und in der Deutschsprachigen, Theologie und Philosophie begegnen das viel weniger. Da hat man das
00:48:24: Gefühl, ja, wenn du da anfängst mit irgendwelchen Anekdoten, dann hast du dich da ins Abseits
00:48:30: begeben und so. Ich glaube, da tun wir letztlich auch der Verständlichkeit und auch der Verbreitung
00:48:40: unserer Ideen keinen Gefallen, wenn wir das, wenn wir das so diesen Fachdiskurs so abheben.
00:48:47: Also, the sad. Und Louis wirklich ausführlich gewürdigt. Wie abend. Könnten wir uns ja jetzt
00:48:57: auch mal den Grenzen und vielleicht sogar Schwächen von mehr Christianity zuwenden? Manu,
00:49:03: hast du da was gefunden? Ja, also die ganze Anlage des Buches, glaube ich, macht am meisten Sinn oder
00:49:14: schlägt am meisten durch, wenn man dann doch noch ein relativ homogenes Publikum voraussetzt. Nicht
00:49:24: unbedingt ein kirchliches oder christliches, das war nicht seine Absicht. Er wollte eigentlich
00:49:28: zu kirchenfernen Menschen sprechen. Aber ich denke, in unserer Zeit jetzt, 20. des 21. Jahrhundert
00:49:37: besser gesagt, postmoderne pluralistische Ausgangssituation, ich habe das Gefühl, da büßen
00:49:45: dann seine Argumente doch an Durchschlagskraft ein, weil man irgendwo ständig Gegenbeispiele
00:49:54: im Kopf hat und diese Intuitionen gar nicht mehr so allgemein verbreitet sind. Also, ich habe schon
00:50:00: das Gefühl, in einer Zeit, in der man sehr sensibilisiert ist darauf, dass eben viele sich aus
00:50:06: anderer Perspektive ganz anders anfühlt, da muss man dann doch hinter ganz viele Sätze bei Louis
00:50:13: irgendwie "Ja, aber" schreiben. Ich habe das Gefühl, die Plausibilität des Buches lebt noch von
00:50:20: einer sehr stark eben europäisch-bürgerlich formatierten Einstellung oder Mindset. Ich finde,
00:50:28: gerade dort hat es mega Stärken, also wo es um das geht. Mein allerliebstes Beispiel ist, wenn Christus
00:50:37: so wirksam ist, warum sind dann Christinnen und Christen nicht netere Menschen? Sagt Louis, wenn
00:50:43: ich es jetzt in einem Satz zusammenfasse, dann sage ich, na ja, stell dir mal vor, wie die drauf wären,
00:50:47: wenn sie nicht mal Christinnen und Christen wären. Ja, genau, das ist ein Highlight für mich,
00:50:54: quasi auch dieser Humor, dieses Augenzwinkende, wo ich wirklich nicht denke, dass das ganz ernst
00:50:59: gemeint ist, aber ich bin natürlich nicht sicher, wo ich wirklich große Schwächen sehe, ist dieses,
00:51:06: ja, vielleicht fast zweite Hauptargument, also nebst diesem Argument einer moralischen Ordnung,
00:51:12: wie uns vorfinden, die nicht kulturell bedingt, sondern nur kulturell ausgestaltet ist,
00:51:18: hatten wir ja am Anfang besprochen. Dieses zweite Hauptargument mit "Entweder ist Jesus ein
00:51:24: Verrückter, der Teufel selbst oder Gottessohn". Ja, dieses Louis Trilemma, mit dem wir eingestehnen sind.
00:51:30: Dieses Louis Trilemma kaufe ich nicht und ich glaube auch nicht, dass es je ein gutes Argument
00:51:35: gewesen ist, wirklich nicht. Ich verstehe nicht, wie das überzeugen kann und ich glaube, dass ich
00:51:42: das deswegen nicht nachvollziehen kann, weil ich einen anderen Begriff von Wirklichkeit und
00:51:47: Wissenschaft habe, nämlich ein Verständnis, das sehr viel stärker noch als bei Louis betroffen ist
00:51:55: von einer Historisierung und Selbsthistorisierung des Denkens. Ja, also ich frage mich doch immer,
00:52:02: in welchem Kontext wurde das gesagt? Wie ist das entstanden? Welche Genealogie hat diese Idee?
00:52:09: Welcher Machtanspruch bindet sich, wenn jemand das sagt? Ja, das Ganze steht doch nicht mehr einfach
00:52:17: als Aussage da, die quasi zeitlos und kontextlos ist, sondern gewinnt quasi ihr eigenes immer in
00:52:27: einem bestimmten Kontext, in einer bestimmten Situation anhand eines konkreten Problems. Und da
00:52:33: finde ich mich bei Louis wirklich gar nicht abgeholt. Ja, ja. Also jetzt gerade dieses Trilemma von
00:52:40: Louis, man könnte doch auch sagen, naja, aber hast du dir mal überlegt, dass vielleicht Gott Sohn
00:52:47: in einem rabbinisch-jüdischen Kontext noch mal was anderes bedeuten könnte als der heilige Geist hat
00:52:56: Maria geschwängert? Also gibt es noch eine andere Ebene von Verständnis solcher Sätze und solcher
00:53:04: Aussagen, die ich auch für sehr wichtig hatte, als diese rein ontologische Ebene. Ja, ja. Und da, da
00:53:13: kann mich Louis wirklich überhaupt nicht überzeugen. Ja, ich also ich gebe dir recht wieder in dem Sinne,
00:53:18: dass ich das Gefühl habe, dieses Trilemma schöpft die Alternative nicht aus. Und das haben ganz
00:53:24: viele auch kritisiert daran, dass man natürlich sagen kann, wie halt auf Englisch diese schöne
00:53:30: Alliteration Lord, Liar oder Lunatic, es gab eine deutsche Adaption Herr, Halunke oder Hirnrisiger.
00:53:38: Also das schöpft die Alternative natürlich nicht aus. Man könnte noch hinzufügen,
00:53:47: er könnte auch einfach eine Legende gewesen sein. Man kann sich natürlich die Voraussetzungen
00:53:53: anschauen, unter denen Louis dieses Trilemma formuliert hat. Er ist natürlich davon ausgegangen,
00:54:00: dass Jesus wirklich ganz progressiv diesen Anspruch Gottes Sohn zu sein selbst schon vertreten hat.
00:54:06: Und das wurde dann auch historisch kritisch immer wieder bezweifelt. Louis hatte da nicht viel
00:54:11: Geduld übrig. Also man kann ihm keine Autorinnen und Autoren des 20. Jahrhunderts zu Theologie
00:54:17: gelesen oder verarbeitet. Ja, okay, aber was man ihm sicher nicht vorwerfen kann, ist eine Neivité,
00:54:23: die im Umgang mit Texten war. Das hat er natürlich als Literaturwissenschaftler.
00:54:27: Das würde ich wirklich nicht tun, nur dass das spannende ist, ja Louis schreibt in einer Zeit,
00:54:31: in der das Historismus Problem, die historisch kritische Exegese all das voll zugeschlagen hat
00:54:39: schon. Also das hätte er kennen können. Ich glaube er hat es auch gekannt. Ich habe irgendwo
00:54:48: gelesen, er wäre einfach sehr, sehr ungeduldig und verständnislos dafür gewesen, weil er den
00:54:54: Eindruck hatte, da werden die Voraussetzungen bereits in die Texte hineingelesen. Also man ist
00:55:00: sich einig, es darf nichts Übernatürliches vorkommen. Schließt das aus und schließt dann
00:55:05: daraus, es kommt nichts Übernatürliches vor. Also so ein bisschen, er hat das, er hat, glaube ich,
00:55:11: die ideologischen Voraussetzungen nicht geteilt, hat aber selber natürlich auch welche mitgebracht.
00:55:17: Das finde ich halt spannend, dann selbst seine Voraussetzungen mitbeobachten. Und ich glaube,
00:55:25: das war eine Zeit, in der das Menschen gemacht haben. Also Seitenschwenk, aber halt ähnliche
00:55:30: Zeit, deswegen erlaube ich mir das, Karl Bart. Karl Bart war auch kein Freund der historisch
00:55:36: kritischen Methode, aber sie hat ihn dahin gebracht, dass er seine eigenen Voraussetzungen mit
00:55:41: bedenken musste, die er trifft. Hat sich damit auseinandergesetzt. Jetzt kann man sagen,
00:55:45: ja gut, Louis war ja nicht Theologe, aber ich finde, der ist da jetzt gerade von diesem
00:55:49: Vorwurf wirklich nicht zu entlasten, weil er ja Literaturwissenschaftler war. Also der,
00:55:55: finde ich, drückt sich da wirklich um ein ganz, ganz maßgebliches Problem seiner Zeit,
00:56:00: wenn es um christlichen Glauben geht. Aber ich finde den Gedanken, auch wenn ich jetzt nicht
00:56:06: behaupten würde, seine Schlussfolgerung wäre alternativlos, aber den Gedanken, so diesem
00:56:14: Impuls einmal zu widersprechen von Leuten, die sagen, ja Jesus, so den irgendwie einen
00:56:19: theologischen Anspruch kann ich jetzt nicht gut heißen, aber der war sicher ein guter
00:56:25: Morallährer. Und dann mal zu sagen, ja aber dann schau dir mal an, was der gesagt hat.
00:56:30: Also wenn da nicht irgendwas, wenn da nicht ein besonderer, auch theologischer Anspruch
00:56:36: mitgedacht wird, dann ist das jetzt nicht das Vorbild, dem man unbedingt nachlaufen
00:56:43: müsste oder so. Ich finde, diese Intuition finde ich eigentlich schon stark so.
00:56:47: Ich kann das wirklich verstehen. Ich glaube, einfach gerade da wäre halt mehr zuholen
00:56:52: gewesen, wenn man sich stärker auf die Zeitumstände eingelassen hätte und sich gefragt hätte,
00:56:58: was bedeutet das? Weil ja, so ein Gottes zu sein, angesichts dessen, dass er uns sagt,
00:57:05: dass wir Kinder Gottes sind, dass wir uns die Sünden vergeben können, etc. Da wäre
00:57:11: noch eine ganz andere Alternative drin gelegen als dann einfach vor ihm auf die Knie zu
00:57:16: fallen und seine Füße zu marmen. Also da wäre auch nochmal mehr drin gewesen, was in eine
00:57:23: Handlungsebene hineinspielt. Das ist etwas, was man dann bei Lewis im dritten Kapitel
00:57:29: stark merkt, wo es um christliches Verhalten geht. Der hat schon eine Idee von Tugenden.
00:57:33: Also er macht das ja dann mit diesem Kardinaltugenden. Im Endeffekt interessiert er sich, dass er
00:57:41: sich aber nicht so sehr für uns er tun und lassen. Gibt sogar diese Spitzen-Sätze, wo
00:57:46: er sagt, gerade nette Menschen, freundliche Personen, gute Menschen haben es gar nicht
00:57:52: unbedingt einfacher, sondern sogar noch schwieriger, weil die nicht spüren, wie sehr sie erlösungsbedürftig
00:57:59: sind. Wo ich denke, ah, das ist aber schon problematisch. Immer mit dieser Vorsicht,
00:58:05: dass er sagt, ich kann niemandem das Christsein absprechen, wer schaut, wie das Herz der Menschen,
00:58:09: etc. aber jetzt verglichen mit den Evangelien. Und ich hat bei ihm die Ethik, was das Handeln
00:58:19: der Menschen betrifft, wie sie miteinander umgehen, einen sehr geringen Stellenwert
00:58:24: gegenüber dem, dass sie einfach anerkennen müssen, dass Jesus der Herr ist und sie ihm
00:58:29: ähnlich erwerten sollen. Und wenn ich mir dann überlege, was wir für Jesus Zitate haben
00:58:34: im neuen Testament, dann könnte man schon auf die Idee kommen, dass da ein bisschen was
00:58:40: unterschlagen wird, weil Jesus hat zum Beispiel nicht gesagt, ich werde euch daran messen,
00:58:46: ob ihr immer gesagt habt, dass ich Gott bin, sondern er hat gesagt, ich werde die einen
00:58:53: quasi zur Seite tun und die anderen einladen. Die werden sagen, warum? Wir haben dich gar
00:58:57: nicht gekannt und dann, ja, ich sage, ihr habt mich besucht, dass ich im Gefängnis war,
00:59:02: ich hab mir zu Ästen gegeben, als ich Hunger hatte, etc. Das ist sehr stark auf einer
00:59:06: Handlungsebene, was Jesus sagt. Und das bei Louis, finde ich, ist ganz, ganz stark römerbriefpaulinisch
00:59:12: geprägt, wie Jesus versennt. Ja, ja, also das, das stimmt, das höre ich auch raus. Du
00:59:17: würdest das aber jetzt sagen, obwohl die Moral- und Ethik einen, eigentlich einen so hohen Stellenwert
00:59:24: in den Buch hat, weil er doch durchgängig sich an diesen sozialethischen Geschichten
00:59:31: abarbeitet. Ja, er arbeitet sich daran ab, im Sinne einer Plausibilisierung, dass das
00:59:37: quasi nicht den Zugang zum Christentum versperrt. So lese ich das. Aber es ist nicht das eigentlich
00:59:44: Entscheidende für eine Christin oder einen Christen. Und da bin ich ja eigentlich bei
00:59:50: ihm, ich würde ja auch immer sagen, nein, die Gnade ist wichtiger. Aber der Punkt, der
00:59:56: mich stört und das mache ich an diesem Trilema fest, ist, dass es entweder darum geht,
01:00:01: ihm um die Füße zu fallen, ihn zu verspotten oder ihn als Teufel zu sehen. Und ich würde
01:00:08: sagen, es gibt aber die vierte Option und das wäre die Nachfolge, obwohl ich es nicht
01:00:12: so genau weiß. Ah ja, okay, das, das, das gefällt mir jetzt, wie du das so gespitzt hast. Ich,
01:00:18: ich überleg mir die ganze Zeit, vielleicht als Abschlussfrage, welche, welche Art der Apologetik
01:00:27: braucht unsere Zeit. Wir werden ja nächste, nächste Woche uns auch über ein letztlich
01:00:32: apologetisches Buch unterhalten, das völlig anders gestrickt ist. Und das ist etwas, was
01:00:38: mich schon immer wieder umtreibt. Das Buch hat jetzt einen Wahnsinnslauf hinter sich,
01:00:43: irgendwie 70 Jahre Erfolgsgeschichte. Aber heute würde man wahrscheinlich mit so einem Buch dann
01:00:51: die Besseller Listen doch nicht mehr stürmen. Das glaube ich auch. Ich bin auch gar nicht sicher,
01:00:58: ob unsere Zeit eine Art von Apologetik braucht. Aber vielleicht diskutieren wir die Frage dann,
01:01:04: wenn wir eben nächste Woche über die Hütte sprechen. Jetzt vielleicht noch, es ist ja schon fast
01:01:10: Tradition, wenn wir es jetzt zum dritten Mal machen, wer sollte denn mehr Christianity lesen?
01:01:15: Wem würdest du das empfehlen, Mann? Also, Leuten, die Freude haben,
01:01:24: Bild starker, poetischer Sprache und klaren Argumenten. Es ist einfach im Vergleich mit
01:01:36: vielen, was sich im christlichen Bereich lesen lässt, ist es ein Genuss, besonders auf Englisch.
01:01:41: Also, wenn man das auf Englisch lesen kann, das ist einfach wirklich hochstehend geschrieben.
01:01:47: Leute, die jetzt nicht einen im strengen Sinne wissenschaftlich-theologischen Anspruch haben,
01:01:53: aber irgendwo Anregung brauchen im Blick auf den christlichen Glauben, da finde ich das nach wie vor
01:02:00: erste Wahl. Super. Okay. Ja, für mich ist es ein Buch für Leute, die einen sehr klaren Lehrer
01:02:09: suchen, der eine sehr klare Position vertritt, an der sie sich reiben können. Und das sind für
01:02:15: mich einerseits Menschen, die wirklich Orientierung suchen, die sagen, ich habe ein mega Durcheinander
01:02:21: im Kopf mit diesem ganzen Glauben und weiß eigentlich gar nicht wirklich, wo ich da stehe.
01:02:25: Die können da vielleicht so was wie eine Karte kriegen, glaube ich. Und für andere, die sagen,
01:02:34: naja, das mit der Theologie und den Gründen ist eigentlich gar nicht so wichtig, die können da
01:02:40: vielleicht wirklich ein lustvolles Beispiel finden, wie das auch Spaß machen kann über
01:02:45: Glaubensinhalte und das, was sie glauben, auch mal nachzudecken. Ja, sehr schön, sehr schön. Ja,
01:02:51: ihr Lieben, das war ein Spaß, über mir Christianity zu reden. Ich hoffe, euch hat die Folge auch
01:02:58: inspiriert und interessiert eure Erfahrungen mit dem Buch, eure Kommentare dazu. Wir freuen uns
01:03:05: darauf, zu reagieren und euch nächste Woche wieder zu hören, wenn wir uns ein sehr viel
01:03:12: jüngeres Buch vornehmen, das aber auch enormen... Wortspiel, ein Wortspiel, William P. Young.
01:03:18: Hahahaha, habe ich nicht mal gemerkt, die heute "Nope Unintended". Genau, da könnt ihr euch drauf freuen,
01:03:25: eine super Woche uns bis... Aber wartet noch ganz kurz, das ist vergessen, weil ab 3. Februar
01:03:31: könnten wir uns, wenn ihr Lust habt, in Zürich treffen und Studi-Kaffee hirschli, sprechen wir
01:03:38: über "The Warkins" Buch "Religion ohne Gott" und wir freuen uns, wenn ihr kommt, ihr könnt
01:03:43: leider beim Podcast noch nicht mitsprechen, aber nach der Folge haben wir Zeit für einen
01:03:49: abruhenden fröhlichen Austausch mit allen, die Lust haben, herzukommen. Wäre schön, wenn wir uns
01:03:56: mal face to face sehen. Stimmt, hätte ich fast unterschlagen. Bis dann, tschüss zusammen.
01:04:02: Reflab.
01:04:04: Reflab.
01:04:07: Reflab.
01:04:09: SWR 2017