00:00:00: Hallo und herzlich willkommen bei "Ausgeglaubt" zu einer Spezialfolge heute mit Gast dazu,
00:00:24: aber gleich mehr.
00:00:26: Manu, alles klar bei dir?
00:00:28: Soweit schon, es ist allerdings in dem Aufnahmestudio bereits gefühlte 47 Grad und ich muss jetzt
00:00:37: aufgrund der akustischen Beeinträchtigung den Ventilator ausschalten und brüte hier
00:00:43: in meinem eigenen Saft vor mich hin, aber sonst alles im grünen Bereich.
00:00:48: Du machst alles für den guten Ton, gell?
00:00:51: Für die, die uns noch nicht kennen, sollten wir uns vielleicht kurz vorstellen.
00:00:54: Ich bin Stefan Jütte, ich lebe in Bern, also dort arbeite ich auch nicht wie du in Zürich.
00:01:02: Ich arbeite für die evangelisch reformierte Kirche Schweiz und bin dort für Theologie,
00:01:07: Ethik und Kommunikation zuständig und mit Manu diskutiere ich jede Woche über irgendein
00:01:14: gesellschaftliches oder politisches oder kulturelles Thema, das wir dann aus einer
00:01:20: theologischen Perspektive in den Blick nehmen.
00:01:23: Ja, genau.
00:01:24: Und ich bin Manuel Schmid, ich bin ebenfalls reformierter Theologer, arbeite in der Bereichsleitung,
00:01:32: Kobereichsleitung von RefLab in Zürich und freue mich sehr auf dieses Gespräch.
00:01:39: Wir haben doch eine signifikante Überschneidung von Interessen, das ist auch etwas, was
00:01:45: mich immer wieder umtreibt, so gesellschaftliche Entwicklungen, auch Themen der Philosophie,
00:01:52: der Theologie, der Ethik und so weiter und darüber auszutauschen.
00:01:57: Möglichst angeregt, möglichst fruchtbar, manchmal auch kontrovers, das macht mir besonders
00:02:03: Spaß, deshalb freue ich mich auch auf diese Folge mit dir Stefan.
00:02:06: Aber wir haben ja unsere zum Start immer unsere Kategorien seit Neuerem und die wollen
00:02:12: wir euch natürlich nicht vorenthalten.
00:02:14: Lass uns mit dem Stoßgebet anfangen, sehr gerne.
00:02:18: Ja, Manu, ich leg mal los.
00:02:24: Keine Angst, ich langweile dich jetzt nicht mit Fußballgeschichten, ich weiß, dass du
00:02:28: es überhaupt nicht magst, aber ich muss trotzdem was sagen, was mit Fußball irgendwie leider
00:02:34: auch zu tun hat, es geht um den ehemaligen Trainer des FC Basels, der hat unsere Mannschaft
00:02:42: in den 20 Monaten vom letzten Platz zum Double geführt, also wir sind nicht nur Meister
00:02:49: geworden, wir haben auch den Köp gewonnen, es geht um Fabio Celestini, eine Figur, die
00:02:55: am Anfang ein bisschen umstritten war, die man am Schluss total lieb gewonnen hat, ein
00:03:00: Typ mit Ecken und Kanten und wir waren alle ein bisschen traurig, dass er jetzt geht,
00:03:06: aber auch nicht mega überrascht, weil der FC Basel ist ein tolles Sprungbrett, nicht
00:03:11: nur für Spieler, auch für Trainer, aber als ich jetzt lesen musste, wo es ihn hinzieht,
00:03:18: habe ich wirklich ein kleines Stoßgebet und ein mittellautes Fluchen zum Himmel geschickt,
00:03:24: Fabio Celestini wechselt zum ZSK Moskau und ZSK Moskau ist jetzt nicht einfach nur ein
00:03:32: russischer Fußballverein, das wäre ja schräg genug, wenn du so ein Leistungsausweis hast,
00:03:37: dass du jetzt in Land wechselst, dass europäisch nicht mehr mitspielen kann, dass auf Sanktionslisten
00:03:43: drauf ist, you name it, sondern das ist auch noch der Super Putinai Fußballverein, der
00:03:49: ihn auch während dem Krieg gegen die Ukraine immer wieder mit Bannern und Statements unterstützt
00:03:56: hat und das bis heute tut. Die Fanszene dieses Clubs gilt als rechtsradikal und das ist
00:04:03: wirklich fast nicht mehr nachvollziehbar. Also ich weiß nicht, wie viel Geld da im
00:04:08: Spiel sein muss, dass man so was macht und ich merke, dass ich da so richtig moralistisch
00:04:12: werde, obwohl ich das ja sonst gar nicht mag. Ja Stefan, da leide ich ein wenig mit dir
00:04:19: mit, ich kann das so von entfernen nachvollziehen, dass das schon wehtun muss, wenn eine solche
00:04:25: auch irgendwie Trainer-Lichtgestalt der letzten anderthalb Jahre dann in so zweifelhaftes
00:04:33: drübes Gewässer plötzlich schifft. Tja, das ist Grund für Stoßgebet, aber Stefan,
00:04:38: ich hab auch ein, ach, ach, ach, ich hab ein Stoßgebet eines, das ich die letzten Tage
00:04:46: vielfach jeden Himmel geschickt habe. Mir ist etwas passiert, Stefan. Ja, und es ist
00:04:54: mal wieder irgendwie eine Story, die man einfach nicht gebraucht hätte. Ich hab letzte
00:05:00: Woche, wir haben uns ja auch schon drüber unterhalten, zugesagt einen Theologie-Kurs
00:05:05: im schönen Turgau zu halten und am Mittwochabend war es dann wieder so weit. Ich bin da herausgefahren,
00:05:13: sehr tolle Abend gewesen, wirklich inspirierend, aber ein fucking langer Tag. Also ich hab
00:05:18: morgens um sieben angefangen zu arbeiten und eigentlich durch geschafft bis dann nach
00:05:23: diesem Kurs um zehn Uhr abends und dann bin ich auf den Zug und hab sogar auf der Rückreise
00:05:29: noch den nächsten Kursabend vorbereitet. Also ich bin so gegen Mittanacht so an die
00:05:35: 16 Stunden Arbeit oder so herangekommen und hab mir dann am Zürcher Bahnhof noch ein
00:05:42: Bier gegönnt und das habe ich dann geöffnet und freudig so im Sinne des herannahenden
00:05:48: Feierabends angefangen zu trinken. Da setzt sich eine Frau mir gegenüber, fragt ob der
00:05:56: Platz noch frei wäre und so und ich bejahe das natürlich und die stellt ihre Tasche
00:06:01: auf das Tischchen und kippt mein Bier um. Ich war am Arbeiten und ich hab das gar nicht
00:06:08: gesehen, nur plötzlich war meine ganze Tastatur geflutet mit Bier und das ist so richtig,
00:06:15: also kannst du richtig sehen wie das so unter den Tasten so eingesickert ist und ich bin
00:06:20: aufgeschossen, hab das Laptop umgekehrt, da ist das Bier aus den Lautsprecherlöchern
00:06:26: rausgelaufen. Es war wirklich und ich war so fertig an dem Tag, ich hab einen so langen
00:06:33: Tag gehabt und es war wirklich schön, aber unfassbar anstrengend. Ich hab fast geheult,
00:06:38: ich hab echt, ich wusste nicht was ich machen soll. Der Zug, das Abteil war voll, erstaunlicherweise
00:06:44: um die Uhrzeit und die Leute haben alle geguckt, wie ich damit meinen letzten dreieinhalb Taschentüchern
00:06:49: versucht habe diese Bierresten aufzutupfen und so. Es ist wirklich, also es war eine
00:06:56: echte Grenzerfahrung und das war dann mein Stoßgebet an diesem Tag auf der restlichen
00:07:02: Heimreise und an den nächsten Tagen, wo ich das Laptop dann zum Apple Store bringen musste.
00:07:09: Da hat man das aufgeschraubt, einen oder zwei Tage später und da ist noch Bier drin rumgelaufen,
00:07:16: also quasi da hat es noch Bier, so richtige Tropfen drin gehabt und so. Ja, meine Fresse,
00:07:23: meine Fresse, da merkt man, das tut mir weh, es hat mich wirklich zurückgeworfen, weil ich gedacht
00:07:31: habe jetzt, ich bin, ich kann gar nicht arbeiten ohne dieses Laptop, weil alles da drauf ist,
00:07:36: auch meine ganzen, auch die Traktanten für alle Sitzungen und so, natürlich kann ich mich
00:07:40: dann mit einem anderen Computer überall einlocken, wenn dann die Passwörter noch zur Verfügung stehen
00:07:46: und so, aber der Aufwand, der das jetzt generiert hat die letzten Tage, meine Fresse, also ja,
00:07:52: das hätte ich nicht gebraucht. Genau, also das war mein Stoßgebet, wir kommen jetzt aber zu
00:07:58: erfreulicherem, wir kommen zum Halleluja. Stefan, was ist dein Halleluja? Manu, ich habe dir erzählt von
00:08:09: meinem Weekend am Neuen Burger See mit meiner Tochter Emilia und 12 weiteren Freundinnen und
00:08:16: Freundinnen von ihr, die da mitkommen und ich bin ganz froh, dass ich das unter Halleluja berichten
00:08:22: kann, weil ich war nicht ganz sicher, ob das vielleicht auch ein Stoßgebet wird, aber im
00:08:27: Ernst, das war richtig, richtig toll, also es war ein Geschenk, einfach zu sehen, wie diese tollen
00:08:34: Menschen unglaublich sozial organisiert und erwachsen miteinander umgehen, wie es mich echt
00:08:42: nicht gebraucht hätte dort, weil die das alles einfach so gut untereinander abgesprochen und
00:08:48: geregelt haben. Und ich habe dann zu meinem Freund Thomas, der auch dabei war, habe ich gesagt,
00:08:53: weißt du, das gibt mir jetzt so ein richtiges Vertrauen für die nächsten Jahre, wenn du
00:08:58: nachts um zwei siehst, oh, die ist noch nicht zu Hause, dann weiß ich, ja, nicht nur meine Tochter
00:09:04: ist ein ganz tolles Mädchen, sondern die hat auch ein super Freundeskreis und das war einfach
00:09:10: wunderbar. Wir hatten meistens auch gutes Wetter, einmal noch so ein richtiges Gewitter, da hätte ich
00:09:15: auch fast ein Stoßgebet zum Himmel geschickt, weil so in einem Zelt finde ich das nicht so
00:09:19: angenehm, wenn es blitzt und donnert, aber das war ein Weekend zum Auftanken und hat mir
00:09:27: wirklich gut getan. Ach, das freut mich sehr zu hören, dass das kein Fiasco wurde oder keine
00:09:33: Erfahrungen. Wir haben alles selbst vorbereitet, die haben zusammengekocht, die hatten Aufgaben
00:09:39: untereinander aufgeteilt und so, also es war wirklich crazy. Ich habe mir wirklich gedacht,
00:09:45: also mit 15 war ich niemals soweit, wie die jetzt sind. Ich glaube, das sind so die abgedateten
00:09:50: Versionen von uns. Krass, krass, ach, schön, ach, schön. Mein Halleluja, um gerade beim Thema Laptop zu
00:09:58: bleiben, bezieht sich auch auf diesen Vorfall. Das Ganze hat insofern nämlich eine positive Wende
00:10:04: genommen, als ich mit dieser Frau, der eben dieses Missgeschick passiert ist, nachher noch sehr
00:10:11: angeregt diskutiert und geredet habe und wir haben uns da ausgetauscht und alles und das ist
00:10:16: dann ganz erstaunlich auch freundlich und irgendwo vertraut geworden und sie hat sich auch sofort
00:10:23: bereit erklärt, den Fall ihrer Haftpflichtversicherung zu melden und so und wir haben dann Adressen
00:10:30: ausgetauscht und das läuft jetzt alles, also es scheint zumindest finanziell scheint das jetzt
00:10:36: geregelt zu sein und wenn ich Glück habe, dann habe ich auch keine Daten verloren dank regelmäßiger
00:10:42: Backups, also es ist dann, der Supergau wurde abgewendet und das hat mich dann doch auch in
00:10:48: allem Pech drin noch mal versöhnlich gestimmt. Mit einem blauen Auge davon gekommen. Genau,
00:10:54: genau. Und jetzt, was passiert jetzt? Ja, jetzt kommt das, was unsere Folge zu einer
00:11:01: richtigen Spezialfolge macht. Wir haben ziemlich am Anfang unser neuen Staffel, das Buch von
00:11:07: Hanna Betke vom Glauben abgefallen diskutiert und haben da schon mal so beiläufig gesagt,
00:11:13: das wäre mal interessant mit ihr drüber zu sprechen und mal, oh, Hanna Betke hat sich gemeldet.
00:11:18: Genau, genau, sie hat zuerst einmal, das haben wir ja schon gesagt in einer vergangenen Folge,
00:11:23: uns auf einige Korrekturen aufmerksam gemacht, was ihren Lebenslauf betrifft und dann sind wir
00:11:29: aber so auch ins Gespräch gekommen per E-Mail und haben dann gesagt, ja, es wäre eigentlich toll
00:11:35: mit ihr zusammen eine Folge zu machen und da hat sie sich sofort zubereit erklärt und darauf freuen
00:11:41: wir uns jetzt. Jetzt habe ich einfach eine Bitte machen. Könntest du, wenn wir dann Hanna Betke
00:11:45: gleich dazuschalten, könntest du sie vielleicht dieses Mal vorstellen, weil das ist mir ja das
00:11:50: letzte Mal nicht so gut genug. Ja, genau, mag ich gerne, das übernehme ich. Okay, aber dann holen
00:11:54: wir sie jetzt dazu. Ja, holen wir sie dazu genau und als Übergang dürft ihr noch mal unseren
00:11:59: Festival Reflap Festival Schingle hören, verbunden mit einer ganz, ganz herzlichen Einladung. Das ist
00:12:07: ein absolut erstklassiges Line-Up, was wir da in Zürich haben. Das ist mehr als Grund genug für
00:12:13: einen Ausflug nach Zürich, auch wenn du nicht im Kanton selber wohnst oder sogar nicht im Lande
00:12:19: wohnst. Das ist eine Supergelegenheit, sich mal wieder nach Zürich zu begeben und dieses Festival
00:12:28: mit zu besuchen. Also Reflap Festival, sehr schön, wenn wir uns dort sehen. Genau, wer toll euch
00:12:33: dazu treffen und dann bis später. Alles wird gut, das Reflap Podcast Festival. Erlebe an zwei
00:12:46: Tagen Live-Aufnahmen von Podcasts wie Unterfarrers-Töchtern, Kaffeefreitag, Hossa Talk, die sogenannte
00:12:58: Gegenwart und vielen anderen. Mit dabei sind auch Olivia Röllin, Niklaus Branschen, Thorsten Dietz
00:13:06: und natürlich das Reflap. Am 6. und 7. September kauf jetzt dein Ticket auf ReflapFestival.ch. Alles wird gut.
00:13:19: Das war unser Festival-Teaser und jetzt geht's zum Thema der Woche oder eben eher noch zum
00:13:35: Kopf der Woche. Wir haben nämlich einen Gast hier. Das kommt selten vor, deshalb ist schon,
00:13:41: allein deshalb ist es eine Spezialfolge. Wir dürfen hier niemand Geringeren begrüßen als
00:13:47: Hannah Betke. Herzlich willkommen Frau Betke. Vielen Dank. Ja, wir haben über Sie gesprochen,
00:13:53: Frau Betke, eine ganze Stunde lang und Sie konnten sich nicht wehren, weil Sie gar nicht dabei waren.
00:13:58: In einer der letzten Folgen haben wir über Ihr Buch gesprochen und ich sage zuerst ein paar
00:14:03: Takte zu Ihnen und zu dem Buch und dann kommen wir ins Gespräch, weil wir eben aufgrund dieser
00:14:11: Folge mit Ihnen auch so korrespondiert haben und dann ist die Ideen standen ja eigentlich,
00:14:15: wäre es ja noch spannender, wenn wir nicht nur über Sie und Ihr Buch sprechen, sondern mit Ihnen
00:14:21: über Ihr Buch sprechen und genau dazu kommt es jetzt. Also ich freue mich sehr, Hannah Betke.
00:14:26: Übrigens, wir haben ja ein paar Daten durcheinander gebracht, deshalb habe ich gedacht, ich
00:14:31: könnte Sie auch vorstellen, mit Geburtstag 1990 in Berlin geboren, Sportwissenschaften
00:14:39: studiert. Nee, ich habe gedacht, ich könnte noch mal alles durcheinander bringen. Das war nicht
00:14:45: ernst gemeint. Also die korrekten Angaben, 1980 in Hamburg geboren, Sie sind Journalistin und
00:14:53: Politikwissenschaftlerin haben, für die FAZ, die NCZ, Zeit online geschrieben, derzeit sind Sie
00:14:59: Politikredakteurin in der Welt und Welt am Sonntag und sind eben mehrfache Autorin und das Google
00:15:08: Autorinnenprofil weist Sie auch explizit als gläubige Protestantin aus. Wir haben über Ihr
00:15:16: Buch gesprochen unter dem Titel "Vom Glauben abgefallen, Mut zur Christlichkeit statt Angst vor
00:15:22: dem Zeitgeist". Das Buch ist eine ziemlich zugespitzte Kritik an der gegenwärtigen Verfassung
00:15:30: der evangelischen Kirche. Ihrer Analyse zufolge hat sich die Kirche in den letzten Jahren immer
00:15:36: stärker dem gesellschaftlichen Mainstream angepasst und ihre theologische Tiefe und spirituelle
00:15:42: Substanz weitgehend verloren. An die Stelle eines Transcendenten Gottesglaubens ist Ihrer Einschätzung
00:15:50: nach ein kirchlicher Aktivismus getreten, der sich vor allem durch politische Stellungnahmen
00:15:56: profiliert, etwa zu Klimafragen oder Migrationsfragen, aber kaum noch spirituelle Orientierung bietet. Sie
00:16:04: beklagen, dass die Kirche ihre ureigene Sprache des Glaubens verlernt hat und sich stattdessen in
00:16:11: wohlmeinenden, aber imhaltsleeren Alltagsbotschaften verliert. Und die Folge ist nicht nur ein dramatischer
00:16:18: Bedeutungsverlust innerhalb der Gesellschaft, sondern auch eine gefährliche Entlehrung des
00:16:23: öffentlichen Diskurses, der ohne religiöse Werteorientierung zunehmend instabil wird. Das
00:16:31: Buch ist aber nicht nur eine kulturkritische Klage, sondern es entwirft auch eine Vision für
00:16:37: die Zukunft der Kirche, die sich nicht an den Erwartungen des Zeitgeistes abarbeitet,
00:16:44: sondern aus der Kraft ihrer eigenen Tradition herauslebt. Die Kirche, so fordern sie, müsste
00:16:51: den Mut aufbringen, wieder klar und selbstbewusst von Gott zu reden, nicht als moralisch instanz oder
00:16:57: als Mitspieler im politischen Tages geschehen, sondern als geistliche Gemeinschaft, die
00:17:03: Transcendenz, Gnade und Orientierung vermittelt. Eine solche Kirche wäre nicht rückwärts gewandt,
00:17:10: sondern zukunftsfähig, weil sie den Bedürfnis vieler Menschen nach tiefe Wahrheit und geistiger
00:17:16: Vergewisserung gerecht wird. Und sie wäre auch eine Chance für die Demokratie. Denn nur,
00:17:24: wo gemeinsame Werte und verbindende Sinnangebote vorhanden sind, kann eine freie pluralistische
00:17:31: Gesellschaft Bestand haben. Also, ihre zentrale Botschaft des Buches lautet, die Kirche darf sich
00:17:40: nicht in der Angst vor gesellschaftlicher Irrelevanz ihre Identität aufgeben, sondern muss
00:17:45: gerade in dieser Krise zu sich selbst zurückfinden. Geistlich, mutig und sprachfähig. Gibt das
00:17:54: ungefähr wieder, Frau Betke, was ihr anliegen war? Ja, ich bin ganz begeistert. Das war wirklich
00:17:59: eine sehr pointierte Zusammenfassung. Ich fühle mich verstanden. Ach, schön. Das ist wunderbar.
00:18:04: Das sind wir erleichtert. Dann hat man nur die Hausaufgaben gemacht. Danke. Ja, Frau Betke,
00:18:11: wir haben ja gespürt, dass ein großes Thema, was uns beschäftigt hat mit ihrem Buch und ich glaube,
00:18:19: was auch immer wieder Anfragen an Sie waren, die gekommen sind, war so diese Wahrnehmung,
00:18:25: dass bei Ihnen etwas auseinandertritt, was doch aber eigentlich zusammengehört. Auf der einen
00:18:30: Seite diese Glaubensüberzeugung, die Orientierung, die Christlicher Glaube geben kann und auf der
00:18:37: anderen Seite das politische Handeln. Ich besonders habe das im letzten Gespräch so dargestellt,
00:18:43: dass ich das so wahrnehme, dass es bei Ihnen eigentlich zu einem Dualismus wird, zu einem
00:18:47: Entwederoder. Mögen Sie vielleicht damit gerade einsteigen und vielleicht das Bild korrigieren
00:18:53: oder erklären? Ja, sehr gern. Also es geht mir nicht so sehr um ein Entwederoder, sondern es ist
00:18:58: eine Frage der Verhältnismäßigkeit. Wenn wir uns die Evangelische Kirche in Deutschland angucken,
00:19:03: so tritt sie zurzeit vor allem als politischer Akteur in Erscheinung bzw. wird sie immer dann
00:19:10: stark wahrgenommen. Jetzt kann man natürlich sagen, die Kirche ist ja auch eine politische
00:19:15: Institution, insofern sie Produkt der Gesellschaft ist und sie ist ja nicht sozusagen in einem
00:19:20: apolitischen Raum und ist losgelöst von allem, was draußen geschieht. So meine ich das natürlich
00:19:26: nicht, sie ist ja auch ein Spiegel der Gesellschaft. Die Gesellschaft kann oder finde ich sogar sollte
00:19:31: von der Kirche etwas lernen, davon zu unterscheiden ist aber, ob sie als ein politisierender
00:19:37: Akteur auftreten sollte und das kritisiere ich. Und es ist, also ich werde das oft gefragt, es kommt
00:19:44: dann aber, das Evangelium ist doch politisch und die Kirche ist politisch, die Bergtredicht ist
00:19:48: politisch, alles ist eigentlich politisch. Das stimmt und es stimmt nicht. Ich will damit nicht
00:19:54: sagen, die Kirche solle sich ausschweigen zu allem, was draußen in der Welt passiert. Natürlich
00:20:00: nicht, das kann sie ja gar nicht. Sondern mein Problem ist, die Kirche findet, wie sie es ja auch
00:20:05: eingangs schon zitiert haben, keine Antwort oder keine sichtbare, höhbare Antwort darauf, was denn
00:20:13: eigentlich der christliche Glaube in dieser stark sekularisierten Zeit noch bedeutet. Und solange
00:20:19: das nicht erst mal geklärt ist, solange da nicht eine klare Identität auch vermittelt werden kann,
00:20:26: ist das ein Problem, wenn sie dafür im Gegenzug so dezidierte politische Stellungnahmen verfasst.
00:20:32: Jetzt will ich da ein bisschen dagegenhalten, Frau Wettke, weil man könnte ja auch sagen,
00:20:37: na ja, also so arg steht es ja gar nicht, um die geistlichen, die spirituellen, die
00:20:42: theologischen Inhalte immerhin wird ja Sonntag für Sonntag Gottesdienst gefeiert, da wird das
00:20:47: Evangelium gelesen, da wird Bibel gelesen, da werden diese Texte ausgelegt, in der Predigt da
00:20:54: geschehen für bitten etc. Nur scheint das nicht mehr den Anklang zu finden bei einer breiten
00:21:02: Bevölkerung, den man sich vielleicht wünschen würde. Also ist es vielleicht eher ein Wahrnehmungsproblem,
00:21:07: das dann diese theologische Lehre bewirkt und gar nicht etwas, was die Kirche wirklich im Großen
00:21:14: und Ganzen so tut. Das wäre eine typische Reaktion, wie ich sie im kirchlichen Umfeld oft erlebe,
00:21:21: da kommt dann so was, wir können doch gar nichts dafür und wir machen das doch und das ist aber
00:21:24: nach meiner Wahrnehmung in vielen Fällen eben nicht so. Ich zeige ja auch verschiedene Szenen
00:21:32: aus Gottesdiensten in dem Buch auf, das hat natürlich nur anektotische Evidenz, aber ich
00:21:37: glaube, dass sich da schon eine allgemeine Tendenz ableiten lässt und es ist ganz oft so, dass
00:21:43: das vermischt wird. Erstens mit so belanglosen Alltagserzählungen und zweitens mit politischen
00:21:49: Aussagen. Während ich schon, ich habe ganz oft die Frage auch gestellt an Kirchenvertreter. Was
00:21:55: heißt für sie der christliche Glaube? Und da kommt ganz oft ganz wenig. Ich weiß, es ist eine
00:22:00: komplexe Frage, aber es ist ja nicht mein Job, das zu definieren. Ich will das von meiner Kirche
00:22:04: hören und wenn ich da wüsste, sie steht klar und fest im Glauben und das ist immer die erste
00:22:11: Aufgabe. Sie ist ein Haus Gottes. Sie ist die Institution, die sich über Religion vermittelt.
00:22:17: Wenn es diese Klarheit geben würde, dann glaube ich würde automatisch sich auch in der Wahrnehmung
00:22:23: der Gewichtung etwas verändern. Also nochmal, es ist nicht eine, ich glaube sie hatten das gesagt,
00:22:28: keine politikfreie Zone. Also das geht nicht. Kirche hat zum Beispiel auch natürlich die
00:22:35: Aufgabe, das Kirchenasyl aufrecht zu erhalten. Wir könnten später noch über die Frage der
00:22:40: Migration vielleicht diskutieren. Aber es ist, sie muss gucken, dass sie nicht zurücktritt hinter
00:22:46: ihrer eigentlichen Aufgabe. Ja, es ist interessant, als ich ihr Buch gelesen habe und auch jetzt,
00:22:54: wo ich sie reden höre, es erinnert mich ein bisschen an die langjährige Kritik, die auch am
00:23:00: Kirchentag immer geübt wurde. Und ich habe ja, wir haben da eine eigene Folge zugemacht. Ich habe
00:23:06: ja in diesem Jahr zum ersten Mal in meinem Leben den Deutschen Evangelischen Kirchentag besucht,
00:23:10: nachdem ich quasi 20 Jahre lang konfrontiert war als verschiedenen Richtungen mit der Kritik eben,
00:23:16: dass der Kirchentag beispielhaft demonstriert, dass die Kirche eigentlich eine linkspolitische
00:23:23: Propagandaveranstaltung geworden ist. Und ich habe das jetzt an diesem Kirchentag so eigentlich
00:23:30: nicht erlebt. Ich fand das dann doch ganz erstaunlich fromm. Ich habe auch gesagt, es war auf
00:23:35: weiten Strecken auch ganz erstaunlich harmlos, was mir dafür gegnet ist eigentlich. Aber es war
00:23:41: sehr fromm. Es wurde wirklich gesungen und gebetet und es war ständig von Gott die Rede. Und ich
00:23:47: habe schon den Eindruck gewonnen, natürlich waren politische Themen ständig präsent. Es waren
00:23:54: ja auch alle, das ist für einen Schweizer dann doch sehr erstaunlich, alle ranghohen Politiker
00:23:59: innen vertreten an dem Kirchentag nicht nur mit irgendwelchen ominösen Grußworten, sondern mit
00:24:05: einstündigen Bibelarbeiten. Und so da reibt sich der Schweizer die Augen, wenn er das sieht. Das
00:24:11: natürlich war Politik ein Thema. Aber da wo sie mir jetzt begegnet ist in Ansprachen und so weiter,
00:24:17: hatte ich oder im Predigten, hatte ich den Eindruck, es ist schon deutlich geworden, dass der Grund
00:24:27: hinter den politischen Statements eigentlich der christliche Glaube war oder dieses Anliegen zum
00:24:34: Beispiel diese Menschenliebe Gottes wirklich ernst zu nehmen im Blick auf die drängenden
00:24:38: gesellschaftspolitischen Fragen unserer Zeit. Also ich habe da diesen Connex, habe ich schon
00:24:45: gespürt. Ich hätte, vielleicht würde ich Ihnen an dem Punkt recht geben, das habe ich mir auch
00:24:53: dick angestrichen, dass sie ein bisschen angreiden, dass es eine eigenartige Unwucht gibt zwischen einer
00:25:00: völligen Klarheit und Eindeutigkeit im Blick auf politische Fragen, dass quasi evangelischer
00:25:07: seits klar zu sein scheint, wie man in Migrationsfragen und wie man in diesen und diesen Fragen
00:25:15: ökologischen und so weiter, wie man da stehen zu stehen hat als Christian, dass dann viele,
00:25:22: sag ich es mal klassisch, theologische Grundthemen erstauntlich ambivalent oder unterbestimmt
00:25:30: bleiben. Also wenn es dann um die Auferstehung geht und um den Kreuzestod und so weiter,
00:25:34: da ist eigentlich quasi, vielleicht könnte man den Eindruck kriegen, da kann jeder so ein bisschen
00:25:40: glauben, was er will oder sich das zurechtlegen, wie er will, aber bei politischen Fragen gibt es
00:25:45: eine erstaunliche Klarheit. So dieses Ungleichgewicht. Ja, ich würde gerne, also bei dem Kirchentag,
00:25:51: den würde ich, das muss man nochmal unterscheiden von Kirchenleitungen, das wird oft in eins gesetzt,
00:25:56: das ist ja von Laien organisiert und ich finde, der Kirchentag ist auch an sich nochmal etwas
00:26:03: ganz eigenes und besonderes. Es gibt auch viele Kirchenvertreter, die mögen das nicht. Da finden
00:26:09: die, das hat so sehr Eventcharakter, das ist ja auch eine Geschmackssache und mich hat ein bisschen
00:26:14: am diesjährigen Kirchentag in der Debatte, hat mich ein bisschen gestört. Es war dann irgendwann so
00:26:20: ungefähr die zehnte Auflage einer Kommentierung, es ist alles links, alles politisch, alles rot-grün,
00:26:25: links versifft oder sowas. Das ist mir dann auch natürlich viel zu pauschalisierend und sehr oft
00:26:30: erfolgt das dann auch von Autoren, die ansonsten mit Kirche gar nicht zu tun haben. Da verstehe ich,
00:26:35: dass die Repräsentanten des Kirchentages sich darüber ärgern. Aber trotzdem ist gerade was sie
00:26:42: genannt haben, natürlich finden da auch Glaubensfragen statt, aber zum Beispiel ganz groß überschrieben
00:26:47: waren auch viele Veranstaltungen mit queerpolitischen Fragen. Ich habe überhaupt nichts gegen die
00:26:51: Queerbewegung. Es ist dann nur die Frage, woher kommt denn dieses Image der Kirche und da kommt dann
00:26:57: ganz oft, wir sind super pluralistisch und ich weiß gar nicht, woher diese Kritik und höre ich dann
00:27:01: aus der Kirche. Und das sind dann doch, deutet für mich doch auf ziemlich große blinde Fläcke in
00:27:08: der Selbstvernehmung. Und das ist dann auch die Frage, kann man denn nicht mal über den Glauben
00:27:12: sprechen, ohne sofort irgendeine gesellschaftspolitische Ableitung daraus zu ziehen. Das hätte ich gerne
00:27:18: mal, weil das ja auch Religion ist doch in erster Linie, also nach meinem Verständnis, erst mal
00:27:24: dafür da, die großen Lebensfragen zu erörtern. Wenn man so will, ist Religion entstanden aus der
00:27:31: Angst des Menschen vor dem Tod. Das hat jetzt erst mal mit politischen Fragen engeren Sinne nichts zu
00:27:36: tun und dort erst mal zu verharren und stehen zu bleiben, stehen zu bleiben gerade heute in einer
00:27:42: Gesellschaft, die immer stärkere Probleme damit hat, mit dem Alter umzugehen, mit unserer Endlichkeit,
00:27:49: diese Dinge zu reflektieren. Und das ist aber dann eben ganz schnell meinetwegen. Nächstenliebe,
00:27:55: also müssen wir allen Flüchtlingen helfen. Oder Bewahrung der Schöpfung, also sind wir mit dabei,
00:28:00: wenn Fridays for Future früher auf die Straße gegangen ist. Anna-Nikol Heinrich, die Präzis der
00:28:06: EKD, hat sogar ihre Unterstützung ausgesprochen für die Aktivisten der letzten Generation. Das
00:28:11: hat dann sofort geht das dann wieder so über in so ein politisiertes Feld. Ja. Okay, ich versuch
00:28:18: mal von zwei Seiten aufzugreifen. Ich glaube, ein Teil, und darüber können wir vielleicht nachher
00:28:24: noch sprechen, weil das finde ich den weniger spannenden Teil jetzt für unser Gespräch ist ja
00:28:28: auch die Frage, wie kommen denn theologische Aussagen in einer ausdifferenzierten Gesellschaft
00:28:35: überhaupt an? Also, wenn sich jemand in der Kirchenleitung dafür ausspricht, dass Menschen eine
00:28:44: unverfügbare Würde haben, zum Beispiel, dann wird das ja relativ rasch übersetzt auf die Frage,
00:28:51: was bedeutet das für die Seenotrettung? Oder wenn man sich für Frieden und Gegenwaffenlieferungen
00:28:58: ausspricht, dann ist man ein Putinversteher, eine Putinversteherin schon beinahe. Also,
00:29:04: diese Polarisierung passiert ja nicht einfach nur in der Kirche, sondern da werden ja auch
00:29:09: Stellungnahmen der Kirche oder von Kirchenleitenden Figuren relativ rasch dann in die Sprache des
00:29:16: politischen und des polarisierenden Übersetztes. Ich finde, dass die Kirche da eine große Mitverantwortung
00:29:23: trägt. Wenn wir jetzt zum Beispiel vom Gleichnis des Barmherzigen Samaritas sprechen, habe ich mal
00:29:28: mit einem Kirchenrechtler gesprochen und jetzt so ein Satz gesagt, der mir sehr hängen geblieben ist,
00:29:32: man kann doch nicht aus diesem Gleichnis, das ist sozusagen, wenn man so will, ein individuelles
00:29:38: Bekenntnis, die großen Lösungsansätze ableiten für Probleme der globalen Migrationspolitik. Das
00:29:47: sind dann immer so Fehlschlüsse. Und ich finde auch nicht, also jetzt die Frage von Krieg und
00:29:53: Frieden, das ist natürlich für die Kirche zentral, aber darüber kann man dann von mir
00:29:59: aus auch mal sprechen, also auch in einem Gottesdienst von mir aus. Aber erst mal möchte ich doch diese
00:30:05: religionsbezogenen Fragen sehen. Ich möchte wissen, wie ich die Bibel heute verstehen kann. Das wissen
00:30:10: doch ganz viele Menschen gar nicht mehr. Und wenn sie jetzt fragen, kann man überhaupt mit
00:30:14: theologischen Inhalten noch verfangen? Das finde ich eine total wichtige Frage. Da würde ich sagen,
00:30:19: ja, ich habe dieses Zutrauen in die Menschen. Man muss nur, je nach Gemeinde, natürlich seine
00:30:25: Sprache anpassen. Also man kann jetzt nicht hoch voraussetzungsvoll und theoretisch theologische
00:30:32: Exegesen abhalten von der Kanzel herunter. Dann erreicht man zu wenig Leute. Aber das jetzt
00:30:38: aufzugeben, weil man denkt, die Leute erreichen die eh nicht mehr. Das wäre eine Kapitulation,
00:30:43: die man allerdings sehr oft antrifft. Also ich gebe Ihnen gerne zu, dass inkirchtliche
00:30:49: Stellungnahmen vielleicht sehr oft solche Kurzschlüssigkeiten drin sind und das dazu rasch quasi
00:30:56: eben nicht mehr als Analogie, sondern als direkte Ableitung dann draus geschlossen wird. Weil der
00:31:02: barmherzige Samaritan das gute Vorbild ist, sollten wir auch. Also da bin ich ganz bei Ihnen. Was ich
00:31:08: aber glaube, was ich noch nicht wirklich verstanden habe bei Ihnen oder wo ich es vielleicht ganz
00:31:13: anders deute, ist der theologische Kern, über den Sie sprechen. Mir scheint, wenn ich Ihnen jetzt
00:31:17: vorhin zugehört habe, wenn Sie sagen, die großen Fragen, dann scheinen mir, dass existenzielle
00:31:23: Lebensfragen von Individuen zu sein. Und da bin ich eben gar nicht sicher, ob das eigentlich wirklich
00:31:29: das ist, was der theologische Kern, ich sage jetzt mal so ganz platt der Bibel oder das Evangeliums
00:31:34: ist, weil so wie ich das lese und kenne, würde ich sagen, da geht es ja eigentlich immer um die
00:31:40: ganz große Idee des Reichs Gottes. Und deswegen geht es ja nicht nur darum, wie gehe ich mit einem
00:31:49: Schicksal erlebter Ungerechtigkeit um, wie gehe ich mit meiner Endlichkeit und Sterblichkeit um,
00:31:55: sondern im Horizont ist ja eigentlich immer das Voll Gottes, das Reich Gottes, die Idee der
00:32:02: Gottesgemeinschaft aller Menschen.
00:32:04: die da dazugehört. Und dort, also nicht an der Stelle, wo ich sagen würde, Hoffnung macht immer
00:32:10: politisch, das wäre noch mal was anderes, wäre immer noch auf dieser individuellen Ebene, aber
00:32:15: wirklich auf der Ebene der Verheißung und der Vision für mein Leben, das eingebettet ist in
00:32:22: das Leben vieler anderen Menschen, würde ich sagen, da ist sie doch wirklich als Evangelium gerade
00:32:29: eminent politisch. Ja, aber das ist zum Beispiel über solche Fragen, würde ich gerne viel mehr
00:32:35: sprechen. Da ist nämlich in meiner Wahrnehmung, vielleicht ist das in der Schweiz ja auch noch
00:32:39: mal ein bisschen anders, aber es ist in der Evangelischen Kirche in Deutschland so,
00:32:43: dass es mir nicht mehr klar definiert scheint. Was ist das eigentlich? Was ist der theologische
00:32:49: Kern? Vielleicht wäre es mal an der Zeit, darüber viel mehr zu sprechen und das auch zu
00:32:54: erörtern, wissen wir das noch? Stehen wir da noch fest im Glauben, wie können wir das heute
00:32:59: übersetzen? Es ist ja tatsächlich eine total schwere Aufgabe für die Kirche, weil die Gesellschaft
00:33:04: ja nicht nur emersikularer wird, sondern auch immer weniger weiß von Religion. Das ist ja,
00:33:10: das schreibe ich in meinem Buch ja auch in der Glaubenskrise, offenbart sich eine Bildungskrise,
00:33:14: das heißt, da gibt es also mehrere Aufgaben eigentlich, die liegen in der Gesellschaft und
00:33:21: auch die Kirche müsste dem nachkommen und man kann das ganz gut sehen in der Kirchenmitgliedschafts
00:33:26: und der Besuchung von 2023, das ist die Sechste, wie die Fragen gestellt werden, die da die
00:33:34: Mitglieder ausführen sollen. Darin drückt sich aus eine völlige Unschärfe im theologischen
00:33:39: Verständnis. Das, was Sie jetzt gerade gesagt haben, finde ich total interessant und da kommt
00:33:43: dann plötzlich so ein Begriff des Heiligen und man weiß gar nicht genau, was die Autoren
00:33:48: wohl darunter verstehen. Ich wüsste als Mitglied gar nicht, was ich damit anfangen soll oder
00:33:53: dann von der Begriff des Religiösen, es ist genauso schwammig, plötzlich geht es um Spiritualität
00:33:59: und darin drückt sich doch eine Krise des theologischen Denkens aus nach meiner Interpretation.
00:34:04: Ja, ich finde das jetzt sehr spannend und mir wird auch jetzt einiges klarer, was auch hinter
00:34:13: Ihrem Buch oder Ihren Anliegen steht und ich merke hier, ich neige eigentlich dazu, Ihnen
00:34:21: beizuflichten. Jetzt im Blick auf die theologische Reflexion der eigenen Glaubensgrundlagen,
00:34:29: wenn ich jetzt, wir waren ja beim Kirchentag vorher, wir haben gesagt, das ist nicht einfach
00:34:34: Copy-Paste anwendbar auf Kirchenverantwortung, Kirchenleitung, aber die 1500 Veranstaltungen
00:34:40: des Kirchentags, ich habe die jetzt nicht alle durchgeguckt, aber das, was ich gesehen
00:34:44: habe, das war tatsächlich, da waren die Themen sehr, sehr stark entweder an gesellschaftlichen,
00:34:50: politischen oder individual, spirituellen Fragen aufgehängt und die theologische Grundlagen.
00:34:59: Naja, ich weiß nicht, also der Thorsten Dietz, der ja bei uns hier in Zürich mitarbeitet,
00:35:05: der hat einen Referat gehabt, aber das war, glaube ich, eines der einzigen theologischen
00:35:11: Impulsreferate am Kirchentag, über eine Stunde hat er gesprochen, über christlicher Glaube
00:35:18: in einer säkularen Welt und da haben die ihm dann, glaube ich, zögerlich, haben die
00:35:22: ihm da diese, wie hieß es, Marktkirche in Hannover, glaube ich, zugewiesen und die
00:35:27: waren proppevoll und draußen haben nochmal Tausende von Leuten an, angestanden und dann
00:35:34: die Lautsprecherübertragung gehört, also da war ein riesiges Interesse, was alle völlig
00:35:40: erstaunt hat, irgendwie, weil man dachte, ja, das ist so, also christlicher Glaube in einer
00:35:45: säkularen Welt zu so ein theologisches Thema, da ist ein riesiges Interesse da und das könnte
00:35:51: man jetzt auch ablesen, natürlich an zum Beispiel Worthaus, da ist ja der Thorsten Dietz
00:35:56: auch beteiligt, das sind theologische YouTube-Vorträge, die hunderttausende von Klicks, von Views
00:36:03: generieren und die durchaus anspruchsvoll sind und einstündig und so weiter oder der
00:36:09: Podcast, den wir bei uns, bei RAVLAB auch hosten, Geistzeit mit Thorsten Dietz und
00:36:15: Andy Los, die Folge, die am meisten abgehört wurde, bis jetzt, den Podcast gibt es schon
00:36:22: ein Jahr, das war eine Folge, die einfach fragt nach der Bedeutung des Kreuzes und das finde
00:36:29: ich jetzt, also mir ist das einfach in Sinke gekommen, als sie gesprochen haben und ich
00:36:32: habe gedacht, ja, ich glaube, da ist, man unterschätzt das Interesse an diesen Fragen
00:36:38: zumindest, wenn die Bemühungen unternommen wird, auch eine Übersetzungsleistung zu
00:36:44: erbringen und das irgendwie, ja, ich finde das ganz interessant, dass sie das sagen,
00:36:48: weil ich bin auch nicht bereit, mein Glauben daran aufzugeben, dass es noch ein religiöses
00:36:54: Bedürfnis in dieser Gesellschaft gibt, ja, es ist komplexer geworden, es ist viel heterogener,
00:36:58: wir haben auch viel mehr verschiedene Religionen in dieser Gesellschaft, das war jetzt nicht
00:37:03: das Thema meines Buches, aber es ist natürlich gut mit zur Herausforderung, der sich auch
00:37:08: die christliche Kirche stellen muss und was ich somit bekomme, ich bekomme jetzt ziemlich
00:37:11: viele Zuschriften zu meinem Buch immer wieder aus der Kirche heraus, auch was mich besonders
00:37:16: freut, weil ich dort ja in diesen Dialog treten wollte und es gibt viele Menschen, die noch
00:37:23: in der Kirche sind oder vielleicht gerade ausgetreten sind, die sagen, ja, ich würde
00:37:28: ja gerne, aber ich fühle mich dort nicht ernst genommen, es kommt dann, es kommt die
00:37:33: Wahrnehmung, das ist wie im Kindergarten, da wird irgendwas erzählt aus dem privaten
00:37:38: Garten eines Pastos, also diese Prädigten, diese Analisierung der Theologie, das habe
00:37:43: ich ja viel aufgezählt und das führt dazu, dass es ein zusätzliches Imageproblem in
00:37:49: der evangelischen Kirche gibt, dass man irgendwie denkt, ja, die diakonische Arbeit, die ist
00:37:54: schon irgendwie noch wichtig, aber mir gibt das jetzt nichts mehr und ich glaube, das
00:37:58: ist vergeudetes Potenzial. Also mein Buch zielt ja nicht auf eine Abschaffung der Kirche,
00:38:03: ich schreibe ja nicht gegen die Institution, sondern für eine Stärkung der Institution,
00:38:09: gerade in dieser Zeit, wo Institutionen so stark angefeindet werden von allen möglichen
00:38:14: Seiten, scheint mir die Kirche wichtiger denn je und das, was sie gerade beschrieben haben,
00:38:21: das wäre genau so ein Beispiel dafür, genau das, was ich meine. Man braucht eine Übersetzung
00:38:26: dafür, man kann das heute nicht mehr gut voraussetzen, also auch die religiöse Sprache,
00:38:33: aber gleichzeitig wünschte ich mir von der Kirche, dass sie die Menschen ernst nimmt
00:38:38: als bündige Bürger und ihnen etwas zutraut, ihnen auch etwas zumutet, denn das Christentum
00:38:45: ist auch voll von Zumutung. Da gibt das krasse Geschichten, das muss man auch erst mal wirken
00:38:50: lassen können und nicht gleich alles wieder übertünnchen, aber meine Schäfchen, das
00:38:54: wird alles wieder gut, das ist doch gar nicht, also ich meine, da nimmt man den ganzen Zauber
00:39:00: auch aus dieser Religion raus, es ist doch gut, sich zu reiben, finde ich.
00:39:04: Ja, also das kann ich super gut verstehen, aber ich glaube, es beschreibt halt eine Seite
00:39:09: dieser Gradwanderung, auf der wir unterwegs sind, nämlich die Seite, wo man sagen könnte,
00:39:14: alles wird trivial, alles klingt wie Ratgeber-Literatur in Wochenhäftchen, die verkauft werden.
00:39:22: Stuhlkreis.
00:39:23: Das verstehe ich und da muss ich auch oft mitgrinsen, wenn ich ehrlich bin, als ich
00:39:27: ihre Beispiele auch gelesen habe im Buch. Die andere Seite, und da glaube ich, zeigt
00:39:31: sich schon nochmal ein Problem, wenn Sie schreiben, na ja, die Kirche sollte doch uns Orientierung
00:39:37: geben, sie sollte für klare Werte stehen, dann glaube ich, dass wir dort aber auch das Problem
00:39:42: haben mit Autorität. Also dass man sagt, ja, also gerade dort, wo Kirche in den letzten
00:39:49: paar hundert Jahren als autoritäre Instanz aufgetreten ist, sind das nicht unsere Lieblingskapitel
00:39:56: der Kirchengeschichte und nicht das, was das Gemeindeleben groß gemacht hat und was uns
00:40:00: heute große Credibility gibt. Und ich will das jetzt gar nicht gegeneinander ausspielen,
00:40:06: sondern ich glaube nur, dass sich das wechselseitig verstärken kann. Also dass eine Pfarrerin
00:40:12: gerade selbst reflektiert und wissend, in welcher Gesellschaft sie sich bewegt, vielleicht
00:40:19: in diese Fallen nicht mehr tappen möchte und dann vielleicht zu trivial wird. Oder
00:40:25: dass das Triviale heimgesucht wird von der Sehnsucht, ich muss klare Orientierung geben,
00:40:30: es braucht klare Werte und dann komme ich am Schluss bei Parolen raus, die dann über
00:40:36: die Kirche verkündigt werden. Aber da finde ich, hat die Kirche, haben die Kirchenvertreter
00:40:40: Grund zum Selbstbewusstsein. Das ist, es gibt keine Institutionen, die die Kirche ersetzen
00:40:47: kann. Und sie, ich bin ja auch überzeugt davon, dass Religion unentbehrlich ist für die Menschen.
00:40:54: Damit stößt man ja auch schon heutzutage oft auf Widerspruch oder auf Unverständnis
00:41:01: einfach. Aber ich glaube, dass das sehr kurz gedacht ist, wenn man denkt, die Gesellschaft
00:41:06: würde auch ohne Kirche auskommen. Aber es ist ja nicht so, dass sie nur die Wahl hätte,
00:41:12: autoritär zu sein und zurück zu fallen in repressive Strukturen, was ich natürlich
00:41:16: nicht will. Die evangelische Kirche darf nicht zurückfallen hinter allen gesellschaftlichen
00:41:21: Fortschritt, denen sie sich erkämpft hat. Ich bin froh, dass wir nicht mehr in dieser
00:41:25: einengenden repressiven Fräumigkeit leben, die der Protestanzismus auch mal verkörpert
00:41:31: hat. Das darf man ja nicht vergessen. Aber da fand ich jetzt, dass die Alternativen,
00:41:37: die sie aufgemacht haben, nicht so ganz die Möglichkeiten widerspiegeln, die die Kirche
00:41:42: hat. Wenn ich sage, die Kirche ist dafür da, als Institution auch Orientierung zu stiften,
00:41:48: dann geht das für mich in keinem Widerspruch zum Beispiel zu dem Missbrauchskandal. Also
00:41:53: das ist anzuklagen und sekretisieren, das habe ich auch sehr ausführlich getan. Aber
00:41:58: die eine Frage ist, was ist sozusagen die Aufgabe und Funktion der Institution und
00:42:03: die andere Frage, wie sieht es mit deren Umsetzung aus? Und nur weil die Umsetzung an dieser Stelle
00:42:10: gescheitert ist und es zu Verbrechen gekommen ist, bedeutet das nicht, Religion verfüge nicht
00:42:15: trotzdem über eine Quelle der Moral. Also das bin ich nicht bereit aufzugeben, deswegen.
00:42:23: Ja, es ist gut, dass Sie den Punkt auch nochmal aufgreifen, weil das ist ja in unserem Gespräch
00:42:28: über Ihr Buch damals auch zur Sprache gekommen. Das war ein Punkt, der mich auch irritiert
00:42:34: hat, dass Sie einerseits wirklich ganz tacheles ins Gericht gehen, auch mit einer Kirche,
00:42:40: die solche Missbrauchsfälle überhaupt produziert und sie dann auch noch sehr dürftig oder
00:42:46: mangelhaft teilweise aufarbeitet. Da schonen Sie die Ihre eigene Kirche, darf man sagen
00:42:52: ja nicht. Und gleichzeitig kommt nur wenige Seiten später dann doch irgendwie wieder
00:42:58: dieser Anspruch, eine prophetische Stimme in unserer Gesellschaft zu sein oder eben Orientierung
00:43:03: zu stiften. Und für mich ist das schon eine Spannung, ich finde, ich war von der deutschen
00:43:11: Untersuchung im Blick auf diese Missbrauchsfälle von der Forumstudie wirklich auch selber nachhaltig
00:43:18: erschüttert und das hat mir schon gerade ein bisschen den Zahn gezogen, im Blick auf
00:43:24: zu steile Orientierungsansprüche und so. Also ich nehme Ihre Ermutigung zur Selbstgewissheit
00:43:33: oder so, nehme ich dankbar entgegen. Aber für mich bleibt da schon eine Spannung, weil es
00:43:40: halt wirklich bis auch in die Kirchenleitungen hinein auch zur Vernachlässigung von Sorgfaltspflicht
00:43:52: und Meldepflicht und so weitergekommen ist. Ja, das ist für mich schon keine Kleinigkeit.
00:43:59: Ja, man könnte jetzt diese Kritik noch viel weiter drehen und fragen, mein Frau Betke
00:44:03: eigentlich gar nicht einen Aufruf zu mehr Autorität und mehr Orientierung, sondern
00:44:09: vielleicht und ich bin gespannt, wie Sie das jetzt aufnehmen, vielleicht zu einer Kirche,
00:44:15: die selbstkritischer auch mit sich umgehen kann. Weil Sie beschreiben das einmal bei
00:44:19: den Missbrauchsfällen, wo diese Betreuungen zu spät kommen, weitere Zweifel wecken an
00:44:25: der Ernsthaftigkeit. Das ist das eine Feld, wo Sie es ganz konkret aufmachen, aber es
00:44:30: gibt ja auch gegen Ende dieses Kapitel, wo Sie beschreiben, Ignoranz ist keine christliche
00:44:36: Tugend, ist überschrieben, wo Sie sagen, wo immer Kritik an der Kirche ansetzt, prallt
00:44:42: sie ab. Ihre fehlende Offenheit für abweichende Stimmen konterkariert Ihren Anspruch für
00:44:47: Toleranz und Vielfalt einzustehen. Wenn die Kirche glaubwürdig bleiben will, muss sie
00:44:51: die kritischen Stimmen, auch wenn sie ihr nicht gefallen, ernst nehmen, Ihnen zuhören
00:44:55: und endlich die Bereitschaft zeigen, an Ihren Fehlern zu arbeiten. Also vielleicht könnte
00:45:00: man ja Ihr Buch auch so lesen, dass Sie gar nicht mehr Autorität und mehr Orientierung
00:45:06: wollen, sondern vielleicht auch mehr Selbstkritik und mehr Offenheit für das, was Menschen,
00:45:13: ob das jetzt Betroffene von Missbrauch sind oder ob das Besucherinnen eines Gottesdienstes
00:45:18: sind, der Ihnen nicht gefällt oder weiter hilft, aufnimmt. Also ich würde gar nicht von mehr
00:45:24: Orientierung sprechen, sondern davon, dass die Kirche überhaupt klare Orientierung
00:45:29: gibt, jenseits klimapolitischer Fragen und jenseits migrationspolitischer Fragen. Ich
00:45:34: finde, dass da eine Lehrstelle ist. Es ist natürlich richtig, Herr Schmidt, was Sie gesagt
00:45:39: haben, dass es diese unglaublichen Spannungen jetzt gibt. Und ich verstehe auch, dass Sie
00:45:44: das als Widerspruch lesen können oder oder gelesen haben. Aber ich meine, diese Spannungen
00:45:50: mit diesen Spannungen kann man arbeiten. Damit kann man umgehen. Man kann das auf der einen
00:45:54: Seite oder ich finde, muss man auch sehr scharf kritisieren. Man muss das weiterhin sehr
00:45:59: genau beobachten, wie jetzt dieser ganze Aufarbeitungsprozess mit den Missbrauchskandalen
00:46:04: weitergehen, die mich auch persönlich sehr tief erschüttert haben. Aber meine Ableitung
00:46:10: ist dann nicht, die Kirche hat sich schwer schuldig gemacht. Also müssen wir sie abschaffen
00:46:14: und sie ist nicht mehr glaubtbeweglich und sie darf zu Fragen der Orientierung und Moral
00:46:18: überhaupt nichts mehr sagen. Nein, ich möchte jetzt und daher Jüte würde ich Ihnen zustimmen.
00:46:22: Ich möchte jetzt sehen von meiner Kirche, dass in einem Prozess der kritischen, der
00:46:27: selbstkritischen Aufarbeitung geht und trotzdem vertraue ich ihr weiterhin. Man kann das vielleicht
00:46:34: nicht von allen Mitgliedern verlangen, aber in dieser selbstreflexiven Art könnte sie
00:46:39: ja weiterhin auftreten und mit der Stiftung von Orientierung müsste sie, glaube ich,
00:46:46: erst mal für sich selber klar bekommen, wo stehen wir als Kirche heute? Was können
00:46:51: wir der Gesellschaft vermitteln und nicht, wie es in der Kirchen Mitgliedschaftsuntersuchung
00:46:55: dann heißt. Wir können das eigentlich gar nicht mehr. Wir können uns über den Markenkehren
00:46:59: des religiösen nicht mehr vermitteln. Das hat mich fast genauso erschüttert wie die
00:47:04: Ergebnisse dieser Forumstudie zum Missbrauchskandal, weil ich wirklich finde, das ist eine Kapitulation.
00:47:09: Dann können sie den Laden auch dicht machen. Und das ist ja nicht die Absicht der Autoren.
00:47:13: Sie wollen die Kirche ja irgendwie auch erhalten. Ja, und das ist ja auch das absolute Gegenteil
00:47:18: von dem, was uns kluge Soziologen empfohlen haben. Also wenn man jetzt zum Beispiel auch
00:47:24: an Hermann Lübe war, das glaube ich, in diesem Band Modernisierungsgewinner, da meinte er
00:47:30: ja gerade, gerade weil ihr jetzt nicht mehr für Recht und Moral jetzt in einem gesellschaftlichen
00:47:35: Sinne zuständig seid, ist das Feld ja eigentlich frei. Und es ist jetzt nicht seine Sprache,
00:47:41: das wäre jetzt eher so Lumansch gewendet. Im Sinne einer systemischen Ausdifferenzierung
00:47:46: könnt ihr jetzt erst recht Religion machen und damit auf dem Markt auftreten. Und was
00:47:51: Attraktives tun, oder? Das stimmt. Man könnte es sogar noch soziologisch
00:47:54: unterfüttern. Also Hermann Lübe ist ja Philosoph, aber der hat ja auch interessante Sachen
00:47:59: über die Unentbehrlichkeit von Religion geschrieben. Und das wäre, also was ich auch viel erlebe
00:48:06: im kirchlichen Umfeld, ist eigentlich eine, also wenn es nicht sofort auf Abwehr stößt,
00:48:11: was ich sage, eine tiefe Verunsicherung. Man weiß gar nicht so genau, wo steht man
00:48:17: dann eigentlich und wie weit darf man sich hinaus wagen. Ich habe auch die Rückmeldung
00:48:21: bekommen von einer Pastorin, sie habe mein Buch gelesen und jetzt, seitdem findet sie
00:48:26: Predigen schwerer, da würde ich sagen, ja, das ist ein Gewinn. Also auch ich, ich möchte
00:48:31: ja lernen, ich möchte ja lernen im Dialog. Ich möchte auch, deshalb habe ich mich gefreut
00:48:35: über ihre Kritik. Es ist ja das Mangel der Gesellschaft ja insgesamt leider daran an
00:48:40: einer Dialogfähigkeit, dass man in die Diskussion angeht, in der Annahme der andere könnte
00:48:45: vielleicht Recht haben. Und vielleicht kann ich mich überzeugen lassen, vielleicht auch
00:48:48: nicht. Aber dass wir auch da, also das wünsche ich mir von der Kirche, geht doch mal rein
00:48:54: in die Diskussion. Hört euch zu, was andere zu sagen haben. Und da, also immerhin, das
00:48:59: erlebe ich jetzt zwar ein bisschen mit zeitlicher Verzögerung, aber da kommt jetzt so nach
00:49:03: und nach was. Also ich glaube, es gibt schon, also wie kann es anders sein, die Mitglieder
00:49:08: treten scharenweise weiterhin aus. Die Kirche weiß, dass sie in einer tiefen Krise sich
00:49:12: befindet. Ja, also vielleicht ist das ein guter Punkt, um überzugehen zur Frage, zur Explizit
00:49:21: auch positiv konstruktiven Frage von welcher Kirche sie den träumen. Weil damit habe
00:49:28: ich beim Lesen des Buches ziemlich gerungen. Ich habe in der Kritik immer wieder gedacht,
00:49:32: ja, hat sie glaube ich im Punkt, manchmal muss sie das Szene knirschen. Eingestehen
00:49:36: manchmal habe ich auch mitgelacht, mit gewissen Pisonen aus Gottesdiensten, wo dann die Predigt
00:49:41: allzu infantil daherkommt und so. Ich habe aber selber 16 Jahre oder so als Pasto gearbeitet,
00:49:47: jeden Sonntag gepredigt. Und für mich war fast jede Predigt eine Zangengeburt. Also
00:49:52: leicht ist mir das nie gefallen. Ich habe mit jeder Predigt Tage gerungen, wirklich.
00:49:58: Und bin auch so ein bisschen zwischen ganz verschiedenen Polen irgendwie so hin und
00:50:04: her gegangen. Und beim Lesen des Buches habe ich immer gedacht, ah, okay, also sie will
00:50:08: auf jeden Fall nicht so eine linksliberal politisierende Kirche haben. Sie will aber
00:50:15: dann auch keine evangelikal moralisierende Kirche haben. Und dann habe ich gedacht, ja, so
00:50:23: wahrscheinlich ist es so dieses Zeugnishafte, dieses aus dem eigenen Leben. Nee, wie sie
00:50:27: auch nicht, so dieses persönlich Individualisierte. Ganz viel. Weil das ist so etwas. Da habe
00:50:34: ich auch andere Intuitionen. Ich weiß natürlich jetzt nicht, welche verschiedenen Beispiele
00:50:39: sie da vor Augen gehabt haben konkret. Aber ich finde das eigentlich immer sympathisch oder
00:50:44: nicht immer, aber oft sympathisch, wenn Fahrpersonen, Predigende auch zeigen, dass sie mit ihrem
00:50:52: Leben irgendwie hinter dieser Botschaft stehen oder dass sie selber mit bestimmten Dingen
00:50:57: ringen, wenn irgendwie deutlich wird, ja, die haben nicht nur eine Funktion als Fahrpersonen,
00:51:04: die sie eine Stunde am Sonntagmorgen dann ausfüllen, sondern die haben ein Leben mit
00:51:10: Familie und mit Kämpfen und mit Zweifeln und so weiter. Und die sind auch da mittendrin
00:51:16: so quasi. Das fand ich eigentlich immer sympathisch. Aber ich habe so den Eindruck gehabt, das
00:51:20: wollen sie eigentlich auch gar nicht. Und dann ist mir immer so, ich habe gedacht, beim Lesen
00:51:25: sind immer wieder so gewisse Fronten weggebrochen und die Wiese wurde immer kleiner, auf der
00:51:31: ich mich jetzt eine Kirchenvision nach Hanabeth hätte vorstellen können. Deshalb wollte
00:51:36: ich sie unbedingt fragen, ja, wovon träumen sie nach all diesen auch Abgrenzungen auf
00:51:42: verschiedene Seiten hin? Also nochmal, ich glaube, ich finde das gut. Also es gilt nicht
00:51:46: nur für die Kirche, es gilt für uns alle, wenn wir uns die Dinge schwer machen. Da bin
00:51:50: ich ganz protestant und es ist tief verinnerlicht, dass irgendwie man muss seine Arbeit gut
00:51:54: machen und weil das das ist auch müh und plague manchmal. Aber das ist eigentlich auch besser
00:52:00: für ihn selber, wenn man an seine Grenzen kommt und über seine Grenzen hinauswächst. Aber
00:52:04: ich wollte natürlich jetzt nicht sie mit meinem Buch unter Druck setzen, Herr Schmid für
00:52:08: ihre Predigten. Nein, nein. Ich glaube auch da ist es eine Frage der Verhältnismäßigkeit.
00:52:13: Ich verstehe natürlich, dass das Pfarrer das Pastorin zu mir sagen, weil ich muss es doch
00:52:18: irgendwie ein bisschen konkret machen. Sonst, sonst erreiche ich die Gemeinde nicht. Ja,
00:52:23: dann macht es konkret. Aber in einem Rahmen, ich glaube, da würde manchmal viel weniger
00:52:29: ausreichen, als manche denken, ich brauche nicht die ganze Familienanäckdote oder die
00:52:34: ganze Frühstücksanäckdote, um eine bestimmte Bibelstelle für mich selber anschaulich machen
00:52:40: zu können. Und auch hier würde ich viel stärker auf die Mündigkeit der Bürger vertrauen.
00:52:44: Die sind doch nicht doof und man braucht nicht sonst was für ein Studium dafür, um bestimmte
00:52:50: Dinge zu erfassen. Also ich glaube, diese Frage der Veranschaulichung, das geht mir sehr
00:52:55: oft zu weit. Ich will damit nicht sagen, man dürfe es überhaupt nicht konkret machen,
00:53:01: dann würde ja alles im hoch theoretischen Rahmen bleiben. Das würde mich ansprechen, weil ich
00:53:06: aus der politischen Theorie komme, aber natürlich nicht die Gemeinde. Insofern ist es nicht Aufgabe
00:53:11: der Pastorin. Also auch hier ist es nicht so eine Frage von entweder oder, sondern eine
00:53:16: Frage der Verhältnismäßigkeit. Und natürlich auch macht man das gut. Hat man das in der
00:53:21: tiefe Verstanden. Und das kriegt man ja auch schnell mit. Ist das jemand, der seine Arbeit
00:53:27: gut macht oder eher nicht? Und es gibt, ich habe einfach sehr viele, ja, also man muss
00:53:33: wirklich von Ausfällen sprechen, immer wieder erlebt. Und das gibt es ja auch in Predigtilfen.
00:53:39: Also das heißt, also jedenfalls im deutschen Raum, es wird den Theologiestudenten offenbar
00:53:45: auch so beigebracht, es sei wichtig, diese Alltagsorientierung da reinzubringen. Da müsste
00:53:51: man dann vielleicht auch viel früher ansetzen und zu sagen, ja, aber nicht zu viel. Also
00:53:56: erzählt irgendwie nicht eine Viertelstunde, was euch alles so an Belanglosigkeiten durch
00:54:00: den Kopf geht. Und dann kommen noch drei Minuten zum eigentlichen Text in der Bibel.
00:54:05: Ja, also beim Eindlbelegungen, oder? Dass das im Homilätik Predigtunterricht an den
00:54:12: Universitäten jahrzehntelang hat man quasi, dass ich Verbot auf der Kanzel gehabt habe.
00:54:17: Da durfte die Pfarrperson der Pfarrer auf keinen Fall ich sagen, da konnte man einen
00:54:22: Pfarrer 30 Jahre lang hören und hat nicht erfahren, ob der überhaupt verheiratet ist
00:54:28: und Kinder hat, weil er gar nie vorgekommen ist in seinem Predigten. Und das finde ich
00:54:32: halt dann auch einfach, da würde ich mich jetzt auch nicht zu Hause fühlen und dann
00:54:36: schwenkt das Pendel um und dann hat man plötzlich irgendwie das Gefühl, man sitzt am Stammtisch
00:54:41: oder in irgendeiner Austauschrunde, in der jetzt persönliche Befindlichkeiten der Pfarrperson
00:54:47: ausgebreitet werden. Genau, es ist nicht gut ausbalanciert. Ja, ich glaube so, in einem
00:54:53: Teil erinnert mich das, was Sie sagen, aber auch das, was Sie geschrieben haben, Frau
00:54:57: Betke, sehr stark an Karl Barth, der in seiner letzten Vorlesung, die er gehalten hat und
00:55:03: die gedruckt worden ist, eigentlich, also es waren nicht seine Worte, aber wenn man
00:55:07: so insgesamt nimmt, so für eine Performance der Selbstverständlichkeit gesprochen hat.
00:55:13: Also wir müssen nicht immer zerreden, warum wir was tun, sondern wir müssen halt hinstellen
00:55:18: und das tun, also quasi einen Dienst auch verrichten, in einem Vertrauen drauf, dass
00:55:22: Gott darin wirkt. Das kann ich ziemlich gut nachvollziehen und dann könnte man auch
00:55:27: sagen, naja, es geht vielleicht auch um eine innere Haltung, die wieder stattfinden muss
00:55:31: selbst mal dran zu glauben, dass das interessant und relevant ist, was man dazu sagen hat.
00:55:36: Auf der anderen Seite habe ich aber bei Ihnen auch gelesen, dass es darum gehen soll, eine
00:55:41: Transzendenzerfahrung zu ermöglichen. Also das Kirche ein Ort ist, wo Transzendenzerfahrung
00:55:48: möglich sein soll und da, glaube ich, machen wir es uns vielleicht ein bisschen so einfach,
00:55:52: wenn wir jetzt, wie das ja immer passiert, einfach über den Sonntagmorgen Gottesdienst
00:55:57: mit dem Zentrum der Predigt sprechen, weil, und mit Verlaub, ich habe schon ganz tolle
00:56:02: Predigten gehört, aber ich habe mir noch nie eine Transzendenzerfahrung in einer Predigt
00:56:07: gemacht. Und ich glaube aber auch, ich glaube aber auch, dass einfach für viele lebensweltliche
00:56:13: Milieus, die Predigt vielleicht gar nicht mehr so stark im Zentrum steht, wie das jetzt,
00:56:18: ich unterstelle Ihnen jetzt das, für sie als eine sehr gebildete Bürgerin, als ein sehr
00:56:23: kritischer Zeitgeist ist, gibt es vielleicht auch Menschen, die sagen, naja, ich will
00:56:28: mal wieder Kirche erleben, wo was los ist, wo ich etwas mit Gott zu tun habe, wo ich
00:56:32: eine Erfahrung mache mit dem Transcendenten. Ja gut, aber ich meine, wir sind in der Evangelischen
00:56:37: Kirche und nicht in der katholischen Kirche, da zählt nun mal das Wort viel stärker. Ja,
00:56:42: und das ist, also für mich jetzt an der, an der Relevanz der Predigt zu zweifeln, das
00:56:48: wäre für mich wieder eine Form von Kapitulation, mit der ich nicht einverstanden wäre. Und
00:56:52: auch mal, ich finde nicht, ich meine damit nicht, das soll nur für einen Bildungsbürgertum
00:56:57: gesprochen sein, sondern man muss dann je nach Gemeinde, je nach Stadtviertel eine Sprache
00:57:02: finden, mit der man die Gemeinde erreichen kann. Jetzt ist natürlich die Realität oft
00:57:07: eine ganz andere, weil die Menschen gar nicht mehr in den Gottesdienst gehen. Genau. Und
00:57:11: dann, dann kann man noch so gute Predigten halten, wenn man die nicht erreicht. Die Menschen,
00:57:15: ich stelle mir das auch als eine unglaublich frustrierende Aufgabe vor, ist damit das
00:57:20: Problem nicht gelöst. Aber das ist halt leider diese tiefe Umbruchphase, in der sich ja nicht
00:57:25: nur die Kirche befindet. Und wenn Sie bei Sie mich gefragt haben nach einer positiven
00:57:30: Vision von Kirche, ich glaube nicht und so wollte ich auch mein Buch nicht verstanden
00:57:34: wissen, das ist ja sowieso auch jetzt nicht eine Handlungseinleitung, wie kommt ihr raus
00:57:38: und dann werdet ihr wieder in eine Volkskirche, das wird nicht passieren. Und damit muss
00:57:43: ich leider, wie ich finde, die Kirche heute wohl abfinden. Sie kann nicht zurückfinden
00:57:48: zur Alterstärke, aber sie könnte schon und darüber auch Selbstbewusstsein schöpfen,
00:57:53: eine Art von Gegenort werden, eine kleinere Kirche, wo wir alle miteinander auch darüber
00:57:59: reden, was bedeutet der Glaube heute, um ihn wieder lebendiger zu machen, wo das ja
00:58:04: auch, wie Sie das beschrieben haben, Schmid, da gibt es, es gibt ein Interesse in dieser
00:58:07: Gesellschaft, es gibt ein Bedürfnis, da müsste natürlich die Gemeinarbeit müsste anders
00:58:12: aussehen. Das ist alles sehr, sehr schwierig, aber es hilft ja nichts. Also man muss dann
00:58:17: diese Aufgaben annehmen. Journalisten haben gerade auch ein schweres Leben, wir haben
00:58:20: irgendwie alle gerade ein schweres Leben, weil wir mitten in so einer riesigen Transformationsphase
00:58:26: uns befinden und ich meine, es führt kein Weg daran vorbei, als sich diesen komplexen
00:58:32: Aufgaben zu stellen und auch auszuprobieren. Also keine Angst davor zu haben, zu scheitern,
00:58:37: dann gut, dann das funktioniert nicht, machen wir was anderes.
00:58:40: Aber Sie bringen mich jetzt eben gerade mit dem Journalismusbeispiel nochmal zu einer
00:58:45: Frage, die ich ständig hatte, als ich Ihr Buch gelesen habe. Sprechen wir von einer
00:58:51: Kirche, um wie sie sich verändern kann, oder wenn wir eh schon am Punkt sind, wo wir sagen,
00:58:56: okay, das mit der Volkskirche ist vorbei, vielleicht von ganz unterschiedlichen Kirchen,
00:59:01: die dann auch unterschiedliche Bedürfnisse abdecken. Also Sie haben jetzt gesagt, na ja,
00:59:05: Sie können die Predigt nicht einfach aufgeben, das wäre schon wieder so ein Zurückkrebsen.
00:59:10: Wo ich einfach sagen würde, ich kann mir gar nicht vorstellen, dass die Generation meiner
00:59:14: Tochter zum Beispiel je wieder auf so etwas ansprechen wird wie ein 30-minütigen oder
00:59:20: 20-minütigen Monolog. Also bei uns sind die Predigten, die dauern mittlerweile eher so
00:59:26: eine Viertelstunde, also es ist schon kürzer geworden im Laufe der sinkenden Aufmerksamkeitsspanne.
00:59:33: Aber auch da, ich bin nicht bereit diesen Anspruch aufzugeben, das ist so ähnlich wie
00:59:36: in der Bildungsdebatte. Also das habe ich schon verstanden. Das habe ich schon verstanden,
00:59:41: aber meine Frage wäre eher, wenn wir sagen, wir haben verschiedene Milieus und die haben
00:59:46: vielleicht alle ein Bedürfnis nach Orientierung, nach Erfahrung von Transpendenz, nach einem
00:59:52: Sprechen überglauben. Dann könnte man ja jetzt, wenn man das vergleichen will mit Journalismus
00:59:58: sagen, na ja, es muss ja nicht jeder die Bildzeitung lesen, es gibt ja auch noch die FHZ zum Beispiel
01:00:03: oder es gibt jedenfalls Alternativen, die auch zum Stil und der Lebenswelt dieser Menschen
01:00:10: passen. Jetzt, wenn wir eher am Punkt sind, wo wir sagen, wir müssen gar nicht mehr Volkskirche
01:00:14: sein und quasi alles für alle abdecken, dann könnte das ja auch ein Mut zur Lücke sein
01:00:19: und man könnte sagen, es kann ganz unterschiedliche Kirche und Gemeinden leben.
01:00:23: Ja, aber das passiert ja sowieso. Also die Gemeinderarbeit ist ja sowieso schon sehr
01:00:26: unterschiedlich und muss ja auch sein, weil das jeweils, weil die Klientel sehr unterschiedlich
01:00:31: ist. Und man eben eine jeweils unterschiedliche Sprache dann auch finden muss, das ist das,
01:00:37: was ich vorhin gesagt habe. Insofern würde ich Ihnen zustimmen. Aber die andere Frage
01:00:41: ist dann, wenn es um das offizielle Verlautbarungsorgan der Evangelischen Kirche geht, also die EKD,
01:00:49: da finde ich nicht, dass sie hinter einem bestimmten Anspruch zurückfallen kann, weil
01:00:54: das als Institution, die sie ist, finde ich ein seltsam Eindruck machen würde. Aber auch
01:01:00: da, wie gesagt, da würde ich mir weniger Interventionen in tagesaktuelle politische Fragen
01:01:05: wünschen und dafür Orientierung in anderen zusammenhängen. Wunderbar. Also ich danke
01:01:12: Ihnen ganz herzlich für die Bereitschaft zu diesem Gespräch. Ich finde, das war jetzt,
01:01:17: ich sage das jetzt als reformierter Protestant, eigentlich so reformierte Kirche at its best.
01:01:23: Wir haben gefragt, wir haben nicht einfach nachgegeben und ich glaube, Fragen und Standpunkte
01:01:29: sind dadurch eher nochmal klarer geworden jetzt. Und ich glaube, das ist eine Kultur,
01:01:35: die uns insgesamt jetzt nicht nur in der Kirche gut tut. Und ich danke Ihnen ganz herzlich
01:01:40: für Ihre Bereitschaft, damit zu machen und auch für die Großzügigkeit, dass Sie mitgewacht
01:01:46: haben, obwohl wir vielleicht manches, besonders auch zu Ihrer Person im ersten Gespräch, falsch
01:01:52: dargestellt haben. Also mich hat das eher amüsiert, aber ich wollte es sich doch darauf hinweisen.
01:01:56: Sehr gut, sehr gut. Ja, Frau Weitzke, wir haben ja diese Kategorie "Armen", das ist dann das Vorrecht,
01:02:05: dass jeweils einer der Gesprächspartner kriegt, so einen Schlusssatz, das letzte Wort zu haben,
01:02:12: quasi einen Schlusssatz zu äußern und wir möchten Ihnen selbstverständlich diesen
01:02:19: Schlusssatz zugestehen. Von daher wäre jetzt ein guter Zeitpunkt für Ihr "Armen".
01:02:26: Mein "Armen" wäre, lasst uns im Gespräch bleiben, lasst uns als auch über die Kirche hinaus als
01:02:34: Gesellschaft wieder lernen, einander zuzuhören und vorurteilsfrei uns auf den anderen einzulassen
01:02:42: und immer wieder die Bereitschaft zu aktivieren und sich bewusst zu machen, vom anderen lernen
01:02:47: zu können und selber auch mal sich irren zu können. Das wäre, glaube ich, für unsere
01:02:52: Debattenkultur sehr, sehr wichtig und ich finde, das war es für mich auch ein sehr positives Beispiel,
01:02:58: wie Auseinandersetzungen in einem konstruktiven, guten Sinne funktionieren können. Deshalb
01:03:02: herzlichen Dank nochmal an Sie beide. "Armen" sage ich dazu, ganz herzlich. Vielen Dank und schön,
01:03:10: wenn du bis jetzt dran geblieben bist, das heißt, dich hat diese Diskussion auch interessiert,
01:03:16: das ist wunderbar und wenn du magst, dann hinterlasst uns doch eine gute Bewertung auf Spotify oder
01:03:23: auf Apple Podcast oder wo immer du das auch hören magst. Wir hören uns wieder in einer Woche. Manu
01:03:31: und ich haben beschlossen, dass wir auch den ganzen Sommer durchziehen werden, also ihr kriegt
01:03:36: ständig Podcasts von aus geglaubt auf die Ohren, auch wenn die anderen Pause machen und wenn du da
01:03:42: nicht verpassen willst, dann kannst du das abonnieren. Wenn wir uns mal face-to-face sehen sollen,
01:03:48: dann komm ans RefLab Festival und für alles, was bis da passiert und was danach kommen mag,
01:03:54: seid gesegnet. Gute Zeit. Tschüss!