Ausgeglaubt: ein RefLab-Podcast

Ausgeglaubt: ein RefLab-Podcast

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00:00:00: Ein Podcast für Menschen, die glauben, neu denken und manchmal alles anzweifeln.

00:00:10: Freunde des guten Geschmacks und der gepflegten Podcastunterhaltung herzlich willkommen zu

00:00:24: einer weiteren Folge von "Ausgeglaubt", hallo Stefan, hallo Manu. Hab mir gerade überlegt wo

00:00:33: ich in deinem Gruß auch drin bin. Ja genau, also wer uns noch nicht kennt, ich bin Manuelschmied

00:00:40: reformierter Theologe und Co-Leiter von RefLab einer digitalen Pionierinitiative der reformierten

00:00:50: Kirche Zürich und ich unterhalte mich eigentlich jede Woche und immer mit großer Leidenschaft und

00:00:57: Freude mit dem guten Stefan Jüte über theologische, philosophische gesellschaftliche Themen, Dinge,

00:01:06: die uns gerade so bewegen und wir sind von unserem Podcast so begeistert, dass wir das sogar im

00:01:13: Urlaub durchziehen. Stefan, wer bist du? Ja genau, das ist ein gutes Stichwort, Manu. Ich bin nämlich

00:01:19: so sehr im Urlaub, dass ich gerade überlegen muss, was ich eigentlich beruflich so mache,

00:01:24: weil ich lebe in Bern und arbeite dort für die evangelisch reformierte Kirche Schweiz,

00:01:31: bin für Theologie und Ethik und Kommunikation zuständig und im Moment sitze ich zu Hause in

00:01:39: unserer Wohnung mitten unter Koffern, die wir voll gepackt haben, weil wir nämlich nach dieser

00:01:46: Podcastaufnahme nach Genf fahren werden, wo wir dann den Flieger erwischen und in Tenerifa 2

00:01:53: wunderbare Wochen verbringen werden, hoffentlich so Gott will. Ja aber ich freue mich mega,

00:02:00: dass das geklappt hat, dass wir jetzt noch ein Volker aufzeichnen können. Ja, wir sind wirklich

00:02:05: im Urlaubsgroove, ich komme gerade aus zwei Ferienwochen, du hast schon ein paar Ferientage

00:02:13: hinter dir und brichst jetzt auf zum richtigen Süd-Urlaub. Ja, also so ernst meinen wir das mit

00:02:23: unserem Podcast, dass wir und falls wir so ein bisschen leiser sprechen oder ein bisschen ins

00:02:30: Mikrofon nuscheln, könnte es daran liegen, dass wir Rücksicht nehmen auf Kinder, die noch

00:02:37: ausschlafen im Moment und nicht gestört werden wollen. Also ob man Teenager wegköpfe, die schlafen? Ja,

00:02:45: stimmt, stimmt. Ich habe mich hier ins Kabäuschen, ins Zimmer unseres Sohnes verkrochen, weil das so

00:02:52: ein bisschen in unserem Häuschen der einzige Raum ist, in dem ich einigermaßen umgestört habe.

00:02:59: Wir müssen ja aber aufpassen, dass das nicht eine nächste Lands- und Prechtfolge wird, wo wir Minuten

00:03:06: lange drüber sprechen oder wo der andere jemals ist. Genau, wo bist du? In der Keminade, ich bin

00:03:12: hier in meiner Keminade. Aber dann erkennt sich auch gleich, ich sitze im Schlafzimmer, ich habe mir

00:03:20: überlegt, das ist akustisch ziemlich gut, weil es da ein Riesenbett hat, das hoffentlich möglichst

00:03:25: viel Schalschluck. Mal schauen, ob das klappt. Sehr gut, sehr gut. Hey Manu, lass uns mal anfangen mit

00:03:33: unseren Feedbacks, die wir gekriegt haben auf die letzte Folge. Letzte Folge war ja zum Thema,

00:03:38: wie viel Theologie ist gesund? Und ich habe da eine megainteressante Sprachnachricht von einem

00:03:44: guten Kollegen gekriegt, der gesagt, ja, aber Leute, es gibt doch auch einige in diesem Fahrberuf,

00:03:51: die sind nicht einfach nur exakte Arbeiter im Weinberg des Herrn, sondern zugleich auch

00:04:00: Innovatoren. Also die haben einiges mitgenommen aus diesem Theologie-Studium, die haben einen

00:04:05: vollen Rucksack dabei, aber die sind zugleich auch innovativ unterwegs. Und da möchte ich nur sagen,

00:04:12: sorry für jedes Missverständnis, das wollte ich überhaupt nicht bestreiten. Ich glaube sogar,

00:04:17: dass es Unterfahrperson ganz, ganz viele wahnsinnig engagierte, innovative Menschen gibt und davon

00:04:25: lebt auch ganz viel von dem, was läuft. Ich glaube nur, dass es bei der Studienwahl, also ganz zu

00:04:31: beginnen, wenn ich mir überlegen muss, ist das Theologie-Studium eine interessante Sache für

00:04:37: mich oder nicht? Ist der Kirchenberuf eine interessante Sache für mich? Kann ich mir

00:04:42: dem Fahrberuf vorstellen, da vielleicht einfach ein ganz anderes Image präsent ist, als das eine

00:04:49: innovativen, vernetzten Person, die das Kulturleben mitgestaltet vor Ort? Ja, was an der Stelle auf

00:04:57: jeden Fall wichtig ist, ich habe übrigens die Nachrichten auch gekriegt, diese Sprachnachricht und

00:05:02: ich fand das auch sehr spannend. Das war eben gesagt auf dem Hintergrund der These, die wir

00:05:08: letztes Mal vertreten haben, dass es im Theologen- und Theologinnen-Beruf an innovativen, abenteuerlustigen

00:05:17: Personen vielleicht mangelt oder dass es, dass diese Leute sich vom Theologie-Studium nicht so sehr

00:05:24: angezogen fühlen. Ich glaube, vieles hängt schon auch an den, das ist jetzt vielleicht fast eine

00:05:31: Plattheit, aber hängt an den Vorbildern, die man vor Augen hat. Also ich glaube, es gibt doch

00:05:37: Fahrpersonen, die wahnsinnig engagiert und auch kreativ und irgendwo auch abenteuerlustig

00:05:45: ihre Gemeinde leiten und die auch Menschen motivieren, in diesem Geist auch Theologie zu

00:05:53: studieren. Also da gibt es ja schon Leute, die sich auch nachweisig, die sich sehr multipliziert haben,

00:06:00: sag ich jetzt mal, weil sie junge Leute angesteckt haben mit einem Bild vom Fahrberuf, das eben

00:06:08: wirklich attraktiv und spannend und auch so innovativ war. Ja, also das kenne ich ja aus meiner

00:06:15: Eigenbiografie. Wir hatten eine solche Fahrperson, Grüße gehen raus an Christoph und das war für

00:06:22: mich natürlich wirklich ein Vorbild jetzt nicht im Sinne, dass ich gesagt habe, ich will alles genau

00:06:27: so machen, wie er das macht, sondern so, dass ich gedacht habe, wow, das ist ein echt spannender

00:06:33: Beruf und ich kann mich damit identifizieren, so was auch zu tun. Ja, genau, genau. Ja, aber wir

00:06:41: sollten vielleicht zu unseren Kategorien kommen, wenn wir unser Thema nicht verpassen wollen. Wir

00:06:46: haben Stoßgebet und Halleluja zur Auswahl. Stefan, fang doch mal an mit deinem Stoßgebet.

00:06:57: Okay, also mein Stoßgebet braucht einen kleinen Anlauf. Ich habe vor zwei Wochen angefangen mit

00:07:05: Inline Skating und als wir in Ivonon im Urlaub waren, wollte ich so eine kleine Tour machen durch

00:07:13: das Hinterland von Ivonon nach Ivernon und das geht einfach nicht anders, als dass es da hochgeht

00:07:20: und dann auch wieder runter. Und das Hochfahren mit Inline Skates ist zwar anstrengend, aber nicht

00:07:26: besonders gefährlich. Aber als ich da oben angekommen bin, habe ich gedacht, jetzt schaue ich

00:07:32: doch mal ganz kurz auf meiner digitalen Karte, wie das denn jetzt runtergeht und du musst dir so vorstellen,

00:07:38: wenn du einen Höhenprofil hast. Dann hatte ich eine lange, aber sehr flache Steigung hinter mir

00:07:44: und was jetzt kommen sollte, war wirklich einfach so fast senkrecht runter. Habe ich mir gedacht,

00:07:52: naja, komm, du bist nicht mehr 20, lass das besser und habe dann umgedreht und wollte diese

00:08:00: vermeintlich flache Steigung runterfahren. Und das ist wirklich so, ich merke da echt mein Alter.

00:08:07: Also ich habe einfach so viel mehr Schiss jetzt mit gut 40, als ich das früher hatte und habe

00:08:15: dann so eine Kurve vor mir gesehen und habe gedacht, ja, die könnte ich eigentlich erwischen,

00:08:19: weil so mega schnell bin ich nicht, das müsste eigentlich reichen und habe dann wirklich so im

00:08:24: letzten Moment mich einfach entschieden, voll abzubremsen und ganz, ganz langsam und ganz am

00:08:31: rechten Rand in diese Kurve reinzufahren und Gott sei Dank habe ich das getan, weil mir kam

00:08:37: wirklich auf meiner eigenen Fahrspur ein Auto entgegen, das ein anderes Auto überholen wollte.

00:08:43: Ich habe wirklich, ich war so geschockt, ich musste danach wirklich anhalten und einfach mal

00:08:49: durchatmen und habe gedacht, so knapp kann es sein. Das war mein kleines Stoßgebiet diese Woche.

00:08:57: Krass, ja sehr dramatisch. Mein eigenes Stoßgebiet hat sich mir vor wenigen Minuten aufgedrängt,

00:09:04: als ich uns kurz abgeschrochen habe vor der Podcastaufnahme und ich sitze hier im Zimmer

00:09:15: unseres Sohnes und habe einen Notizsettel gesucht, um ein paar Notizen noch zu machen und öffne die

00:09:23: Schublaten seines Pultkorpus hier und in einer Schublade begegnen mir nicht zwei, nicht drei,

00:09:33: nicht vier, sondern fünf neue iPhone, iPad, Adapter mit Kabel, die ich bei uns in unserer

00:09:43: Familie ständig suche und mich immer frage, was passiert eigentlich mit diesen iPhone-Adapters?

00:09:49: Ich erinnere mich mega gut daran, weil du, du hast vor etwa 100 Folgen, die Dinge verschwinden einfach,

00:09:57: ich weiß nicht wie es passt. Ja wirklich? Ja, ich habe ja sogar mal auf Amazon einfach zehn Adapter

00:10:03: und zehn Kabel gekauft, weil ich gedacht habe, ihr könnt mich jetzt alle mal kreuzweise, ich suche

00:10:09: die nicht ständig und jetzt ist es wieder so, weil das mir die ständig ausgehen und ich finde fünf

00:10:14: Stück finde ich in der Schublade unseres Sohnes, das gibt noch ein volles Gespräch, aber da habe

00:10:20: ich auch ein kurzes Stoß gebet und gedacht Gott, warum, warum muss ich mich damit abmühen? Ja

00:10:29: und das Halleluja. Also vielleicht, vielleicht einfach bevor du in dieses Gespräch reingehst,

00:10:34: bedenke du hast einfach so seine Schublaten geöffnet. Stimmt, ja, ja. Das ist der ziemlich schlechte

00:10:44: Position. Ja gut, also das muss, das stimmt, aber das muss ja, vielleicht, vielleicht lässt

00:10:50: win einfach so bei einer Autofahrt beiläufig dieses Podcastgespräch. Ja gut, dann ist es aber

00:10:57: besser, wenn ich es gerade heraus sage, weil jetzt habe ich es ja wirklich schon der ganzen

00:11:01: Welt erzählt, dass ich da in den Schubladen unseres Sohnes gewühlt habe. Ja gut und dein Halleluja

00:11:08: ist das, ist das die Rettung vor den Unfalltode beim Inleinen oder hast du noch was anderes?

00:11:15: Nein, eigentlich einfach nur etwas sehr erfreuliches. Weißt du, manchmal im Urlaub bucht man doch

00:11:25: irgendeine Tour, will irgendein Museum besuchen und meistens sieht das auf den Bildern immer viel

00:11:31: krasser aus, als es dann Wirklichkeit ist und man kann eh nicht alles besichtigen und die

00:11:36: Audio-Guides funktionieren nicht etc. etc. Jetzt, wir waren in Ivonon und haben uns gesagt, wir besuchen

00:11:44: mit den Kids das Schloss in Grandsaint, direkt gegenüber am See auf der Neuenburger Seite und

00:11:52: das Schloss in Grandsaint wird umgebaut seit 2014 für über 50 Millionen. Das ist ein Schloss mit

00:11:59: einer ganz, ganz bewegten Geschichte, wo der Grunderkrieg hat dort stattgefunden und eigentlich gibt es

00:12:06: verschiedene Bauphasen, jetzt so ganz grob gesagt vom 11., 14., 17., 18. und 19. Jahrhundert und die

00:12:14: Restauratorinnen und Restauratoren stehen jetzt vor der Herausforderung, welche Bauphase holen wir

00:12:21: eigentlich wieder hervor bei dieser Restauration. Ah, okay. Und das coole ist, das ist alles wirklich

00:12:27: on the making. Also du kannst da wirklich durch eine gigantische Baustelle gehen und dort wird

00:12:35: dir dann erklärt, ja hier haben wir diese Farbe hervorgeholt und uns entschieden, dass wir das in

00:12:40: diesem Ockerton machen, weil das ist die Phase von so und so und das passt zu diesem Raum. Also

00:12:47: wirklich crazy, aber auch so erzählt, dass es halt für die Kids spannend war und es war eine

00:12:54: megafreundliche Führung, man hat fast nichts dafür bezahlt, also Eintritt für Erwachsene,

00:12:59: 10 Franken für Kinder 5, das finde ich wirklich human bei den sonstigen Preisen, die man so hat.

00:13:06: Dann gibt es Kekse dazu, Getränk, die nette Frauen der Rezeption hat uns gleich noch ein

00:13:11: Restaurant reserviert für nach der Führung, also wirklich einfach ein super Erlebnis und ich habe

00:13:18: mir echt gedacht, das war jetzt ein Glück, dass wir da dabei waren. Übrigens für alle,

00:13:22: die das auch mal noch sehen wollen, das geht nur noch bis 2026, weil danach ist das alles

00:13:29: abgeschlossen, aber bis da kann man also das Schloss Grand-Saint besichtigen. Ja krass, da war

00:13:35: ich selber auch noch nie, Stefan, das ist jetzt gerade noch ein... Nicht mal Schulreise vor dem

00:13:40: Umbau oder was? Nein, nein, also das ist jetzt ein willkommener Ausflugstipp für mich. Ich habe

00:13:47: ein ziemlich unspektakuläres Halleluja, das ich auch auf den Urlaub bezieht. Ich habe wirklich

00:13:54: einfach eine sehr gute Zeit gehabt mit der Familie und konnte am Brehnsosee und am Tunasee

00:14:01: je eine Woche mich von den Mühen und dem Ärger erholen, den ich vor dem Urlaub mit meinen

00:14:09: ganzen Geräten hatte, mit meinem Macbook, das abgesoffen ist im Bier und meinem iPhone,

00:14:16: das gestohlen wurde. Man müsste eigentlich sagen, dass du ohne deine Geräte hattest. Ja genau. Es hat

00:14:22: natürlich schon noch Folgeprobleme gegeben, ich musste da alle möglichen Dinge dann doch

00:14:27: noch wieder einrichten und es ist ganz erstaunlich, was alles dann doch nicht mehr läuft, wenn man

00:14:35: neue Geräte im Betrieb nimmt. Aber insgesamt hatten wir wirklich eine super Zeit und ich habe

00:14:42: die Schweizer Seenlandschaft wahnsinnig genossen und sogar noch ein Buch gelesen und eine Rezension

00:14:51: verfasst, also ein bisschen privat noch, privat gearbeitet quasi. Genau. Manu, was machst du so

00:14:59: am See, wenn du da Urlaub machst? Ja, ich lebe. Stelle ich mir vor, du stehst auf einem Stand-up-Puddle.

00:15:05: Nein. Mit deinem 1,95 und hast ein mega langes Puddle dabei. Nein, meine Frau ist ja völlig

00:15:15: sehfanatisch und steht dann jeden Morgen um 6 Uhr auf und geht zwei bis drei Stunden auf

00:15:22: dieses Stand-up-Puddle und macht also Wahnsinnsstrecken auch auf dem Sub und ich selber, ich bin da nicht

00:15:30: sehr begabt. Ich habe das zwei, drei Mal versucht und mein Gleichgewichtssinn ist einfach nicht

00:15:36: ausgeprägt genug, um mich da einigermaßen zu halten. Deshalb, ich lese vor allem am See und

00:15:43: dann gehe ich schwimmen. Also so, ich bin dafür sehr viel wasseraffiner als meine Frau. Sie ist auf

00:15:49: dem Wasser und ich bin in dem Wasser meistens. Das macht mir auch Spaß. Also an deine Familie

00:15:55: falsches Videos gibt, wo man sieht, wie du das ausprobiert. Ich hätte großes Interesse. Ja, die

00:16:03: bleiben unter Verschluss, genau. Gut, jetzt Stefan, jetzt müssen wir aber zu unserem Thema der Woche

00:16:11: kommen. Das Thema der Woche. Und das Thema der Woche, das ist eigentlich inspiriert. Ich würde

00:16:23: mal sagen von verschiedenen Inputs und auch Social Media Posts, die wir mitgekriegt haben in der

00:16:31: letzten Zeit. Gerade neulich letzte Woche haben Jana und Yasmin unsere, wie sagt man dem, unsere

00:16:38: konservativ fundamentalistischen Lieblingsinfluencerinnen, die uns immer wieder Anlass geben zu gepflegten

00:16:48: Diskussionen. Sie haben einen Beitrag gemacht auf Instagram, eine ganze Reihe, so eine Kacher-Serie

00:16:56: zum Thema, warum wir in Zeiten wie diesen an kein Sex vor der Ehe glauben. Und das hat uns dann

00:17:05: zusammengenommen mit anderen Inputs, auch mit einer Predigt, die wir uns gemeinsam noch angehört

00:17:13: haben, Stefan. Wo ich einfach den Verdacht nicht los werde, dass du mir diese Predigt nicht

00:17:20: geschickt hast, um mich zu abbauen. Du musst vielleicht ein bisschen ausführen, warum es geht. Ja,

00:17:29: mach du das. Also Manu hat mir eine ICF Predigt geschickt von einem Prediger, den ich kenne oder

00:17:37: mindestens mal ganz gut gekannt habe, weil der bei mir in die Jugendgruppe gegangen ist. Und in

00:17:43: dieser Predigt glaube ich, komme ich selbst vor, nämlich als ein Jugendpasta oder Jugendarbeiter

00:17:51: oder "you name it", der sich ganz, ganz falsch verhalten hat, als es um das Thema Sex vor der Ehe

00:17:58: ging, weil ich das viel zu liberal ausgelegt hätte. Und ich glaube, Manu wollte mich da ein bisschen

00:18:05: anstupsen. Ja, genau. Ich habe dich natürlich wieder erkannt in der Predigt und hab gedacht, das

00:18:11: musst du jetzt doch hören, weil du da drin zwar nicht namentlich erwähnt wirst, aber doch für

00:18:17: Kenner deiner Biografie ganz klar markiert wurdest. Ja, und ich habe mich ehrlich gesagt doch ein

00:18:26: bisschen gefreut, weil weißt du, es gibt bestimmt Predigten oder Dinge, die ich gesagt oder geschrieben

00:18:32: habe, die schlecht gealtert sind. Ich finde allerdings, dass sogar noch unter dieser sehr

00:18:37: verkürzten Wiedergabe, ist zwar nicht alles drin, was ich dazu gesagt habe oder sagen würde,

00:18:44: aber ich kann zu allem stehen, was davor kommt. Vielleicht sollten wir damit mal kurz anfangen.

00:18:49: Können wir gerne, ja? Ja, du musst das ausführen, was du jetzt, was du...

00:18:57: Ja, also in dieser ICF Predigt geht es darum, dass der Prediger als Jugendlicher Rat gesucht hat

00:19:04: beim Jugendarbeiter und gesagt hat, ja, wie ist das mit Sex vor der Ehe? Das ist ja eigentlich verboten,

00:19:10: aber das ist so schwierig, was mache ich nur? Und der Jugendarbeiter soll dann gesagt haben, ja,

00:19:17: also wisst ihr, dass mit Sex vor der Ehe ist nicht ganz vergleichbar aus biblischen Zeiten mit der

00:19:24: heutigen Zeit, weil es da ja immer an das Thema der Reproduktion, der möglichen Schwangerschaft

00:19:31: etc. geknüpft war. Und wir können das heute nicht so eins zu eins übernehmen.

00:19:38: Tatsächlich hat der Jugendarbeiter auch damals schon erwähnt, dass es nichtsdestotrotz um

00:19:46: Verantwortung geht, die man für sich selbst, aber auch für die andere Person mitträgt. Und das war

00:19:53: keineswegs gedacht als "anything goes", aber genau so wird es halt dann in der Predigt geframed. Und

00:19:59: der heutige Prediger hat aufgrund dieser relativierenden Aussage dann offensichtlich ganz

00:20:07: traumatische und furchtbare Erfahrungen gemacht, indem er Geschlechtsverkehr mit unterschiedlichen

00:20:14: Personen hatte und das heute zu tiefst bereut und allen Jugendlichen, die sein Gottesdienst verfolgen,

00:20:22: rät niemals sich einem solchen Relativismus hinzugeben, sondern der One-Way, die eine Wahrheit

00:20:30: das warten auf, die richtige Partnerin, den richtigen Partner zu favorisieren und da einfach

00:20:39: standhaft zu bleiben. Ja, und vielleicht, also vielleicht müssen wir das jetzt ein bisschen

00:20:44: noch in Kontext setzen oder ein bisschen rauszuhmen. Warum reden wir über sowas? Man könnte ja auch

00:20:50: sagen, ja also diese Maxime Kein-Sex vor der Ehe, das ist jetzt eigentlich nicht an sich nicht

00:20:57: wahnsinnig diskussionswürdig, weil die doch nur in einem sehr, sehr kleinen Evangelikal konservativen

00:21:05: Zirkel überhaupt noch begegnet und selbst dort es sehr umstritten ist und in der Praxis auch oft

00:21:12: nicht mehr eingeholt wird, da könnte man sagen, ja, das ist ein Binnenproblem einer kleinen Bubble,

00:21:20: das muss man eigentlich nicht so besprechen, aber es berührt sich natürlich einerseits mit,

00:21:27: mit einem, mit einem Aufschwung oder mit einem, mit einem Revival sehr konservativer Familien

00:21:37: und Sexualwerte, die in den USA natürlich mit Händen zu greifen sind, wo diese bürgerliche

00:21:44: oder kleinbürgerliche, kleinfamilie diese heterosexuelle Grundeinstellung gefeiert wird und

00:21:54: wo man, wo man auch diese Purity Culture und alles was mit, mit, mit diesen Setting einher geht,

00:22:01: also diese Vorstellung, man hält sich rein bis zur Ehe und dann gründet man eine lebenslange

00:22:08: Partnerschaft und hat zwei oder drei kleine Kinder und verbringt sein Leben in einem Reihen,

00:22:15: ein Familienhaus oder so, diese Vorstellung wird sehr stark gepusht und hat weit über diese,

00:22:23: im engeren Sinne Evangelikalforme Szene hinaus, eine gesellschaftsprägende Kraft und das,

00:22:30: da gibt es schon einen... Ja und Manu, sorry, sorry, wenn ich da kurz dazwischen bin, du sprichst

00:22:35: jetzt so drüber, als wäre das einfach nur das Evangelikale Muster im Protestantismus, das

00:22:42: begegnet. Nein, es ist natürlich auch die offizielle Sexuallehre der katholischen Kirche. Ja, genau,

00:22:48: genau. Also Sex ohne die Möglichkeit oder die reproduktive Absicht ist dort eine klare

00:22:57: Zielverfehlung, also eine Sünde und das kann sich nur dann ändern, wenn man mit einem Priester

00:23:04: besprochen hat, dass man jetzt so viele Kinder hat, dass einfach das Maß voll ist, dass es nicht

00:23:10: mehr weitergeht und sogar dann ist es noch höchst umstritten, welche Art von Verhütung überhaupt

00:23:17: erlaubt ist, aber dass das nur innerhalb einer Monogamen auf Dauer angesetzten Beziehung, die

00:23:26: dann eine Ehe darstellt, die von Gott gewollt und gesegnet ist, stattfinden darf, dass es die

00:23:33: ganz klare Sexualmoral der katholischen Kirche gibt. Ja, danke für diese. Es ist ja sogar so, dass das

00:23:38: Sakrament der Ehe spenden sich ja die Eheleute wechselseitig gerade, indem sie miteinander

00:23:46: schlafen und das ist da eigentlich dann noch einmal eine sakralisierte Form dieser eher vulgären,

00:23:54: fundamentalistischen Position, die du gerade auskriegst. Ja, danke für diese Ergänzung. Da

00:24:00: wächst auch etwas zusammen oder da kommen Kräfte zusammen, auch in den USA, aber nicht nur dort,

00:24:05: auch in unseren Breitengraden, ist das ja ablesbar, auch an Konferenzen und Veröffentlichungen und so

00:24:11: weiter, dass man merkt, hier finden auch gerade katholisch-konservativ sozialisierte Menschen und

00:24:19: Evangelikalaufgewachsene, finden sich an dieser Stelle und bringen ihre Meinung auch ins Gespräch

00:24:28: und was man natürlich da auch noch anfügen kann ist, dass die ganzen Statements für eine,

00:24:39: für eine, ich sage mal, für eine Reinheitsmoral oder Reinheitslehre in sexuellen Dingen natürlich

00:24:49: auch geäußert wird auf dem Hintergrund einer wahrgenommenen, zumindest sehr promisken und

00:24:57: freizügigen Sexualkultur, die als Negativfolie dann gilt oder als Warnhorizont, wo man sagt,

00:25:08: dahin dürfen wir auf keinen Fall gehen, da müssen wir dagegen aufstehen und entsprechende

00:25:15: Regeln verbindlich machen, die uns bewahren, davor abzurutschen in dieses postmoderne

00:25:24: anything goes und jeder mit jedem und jeder und ohne Rücksicht auf Verluste, das ist quasi die

00:25:31: große Angst, die man auch übrigens eben bei Jana und Jasmin und in dieser Predigt, von der wir

00:25:37: gesprochen haben und in vielen anderen Predigten, die mir in Erinnerung sind, aus dieser auch

00:25:45: Evangelikal-konservativen Szene, die ist, diese Angst ist, mit Händen zu greifen, also man will

00:25:50: auf keinen Fall, gerade für seine Kinder, auf keinen Fall riskieren, dass die da in eine

00:25:56: hypersexualisierte, pornographisierte Kultur hineinwachsen und da ganz traumatische Erfahrungen

00:26:06: machen. Das ist ja eigentlich dann auch ein ehrenwertes Motiv. Ja genau, das wollte ich nämlich

00:26:14: jetzt auch gerade sagen, natürlich ist es erstmal clever und überhaupt nicht fundamentalistisch und

00:26:20: dumm zu sagen, hey Sexualität, das ist eine ganz, ganz krasse Form von Intimität und da ist es ganz

00:26:29: wichtig, dass Menschen ihre Grenzen kennen und die aussprechen können und dass sie dafür respektiert

00:26:36: werden, dass sie eigene Grenzen setzen, das finde ich alles super. Was ich etwas schwierig finde,

00:26:44: ist halt dann dieser Link und das beziehe ich jetzt auf das Katholische genauso, wie auf das,

00:26:49: was bei Jana und Yasmin kommt, dass es eigentlich zurückgeführt wird auf, naja, das ist halt Gottes

00:26:57: Wille, dass Sexualität so läuft. Also es gibt quasi einen göttlichen Masterplan, wie Sexualität

00:27:04: richtig gelebt und verwaltet wird und dieser Masterplan richtet sich nicht danach, dass die

00:27:10: Beteiligten Spaß haben und sich gesehen und geschätzt fühlen, sondern der läuft nach klaren

00:27:17: zeitlichen Abfolgen, oder? Also zuerst ist ein Kennenlernen ohne körperliche Intimität,

00:27:24: danach ist ein Versprechen, eine Hochzeit und erst in diesem Rahmen ist Sexualität so möglich,

00:27:32: dass Gott sie nicht als Sünde taxiert, dass sie nicht verurteilenswert ist, sondern dass sie etwas

00:27:39: gut ist. Ja, ja, das kommt in den Thesen von Jana und Yasmin, kommt das in aller Klarheit zum

00:27:46: Vorschein, dass eben alles, was an sechs passiert vor der Ehe, eigentlich Unzucht ist, sich gegen

00:27:54: Gott richtet und gegen den eigenen Körper, dass es den Heiligen Geist betrübt und vertreibt. Also

00:28:00: da werden schon ziemlich schwere Geschütze aufgefahren, um diesen Wert oder diese Regel zu

00:28:07: sichern. Und wie du sagst, es ist natürlich, da sind ganz viele Kurzschlüsse auch schon mit verbaut,

00:28:14: weil wenn man natürlich fragt, nach einem spezifisch christlichen Verständnis von Ehe und

00:28:20: Sexualität und da an der Bibel maßnehmen will, dann dann kommt man halt nicht darum herum,

00:28:27: auch ein paar hermeneutische Fragen zu stellen, also auch zu fragen, ja, wie haben das Leute zu

00:28:35: biblischen Zeiten gesehen, inwiefern ist das dann auch kulturell bedient, inwiefern hat sich das

00:28:41: historisch auch verändert schon innerhalb der biblischen Zeiten und was ist jetzt wirklich

00:28:49: verbindliche Norm auch für eine Ethik im 21. Jahrhundert und was lässt sich einfach beim

00:28:57: besten Willen nicht übertragen und dann die eine Folgefrage, die man sich stellen müsste,

00:29:04: wo projiziert man auch in dieser ganzen Evangelikalen oder auch katholischen

00:29:11: Sexualmoral, wo projiziert man eigentlich moderne Vorstellungen zurück in die biblischen Texte und

00:29:18: hat das Gefühl, da wird jetzt im neuen Testament das Bild einer christlichen Kleinfamilie gezeichnet

00:29:26: und so weiter und ist sich gar nicht bewusst, wie massiv verschieden die kulturellen Einstellungen

00:29:34: und die Vorbedingungen überhaupt waren damals? Ja genau, oder ich glaube so ein ganz entscheidender

00:29:40: Punkt, der oft übersehen wird, wenn wir über Unzucht, Porneia etc. sprechen, wie das ja auch bei

00:29:48: Jana und Yasmin vorkommt in ihren Thesen, ist, dass wir in der Antike eigentlich ganz viel Sex und

00:29:57: Sexualität haben, die nicht unter gleichen, also unter sozial gleichgestellten Stadt wird. Also

00:30:06: wenn ich zum Beispiel denke an diese dritte These, die sie haben, also Sex wurde eher betrübt und

00:30:14: vertreibt den heiligen Geist und dann ja bringen sie eine biblische Begründung, die heißt der

00:30:18: heilige Geist wohnt in dir, du bist ein Tempel Gottes erster Korinther 619 und Sex außerhalb der

00:30:26: EFR unreinigt diesen Tempel, dann ist klar oder der historische Kontext der Tempelprostitution

00:30:34: liegt da auf der Hand. Also es geht quasi darum, nein du kannst nicht in den Tempel gehen und dort

00:30:41: eine Tempelprostituierte dir nehmen, weil der Körper den Gott geschaffen hat in Verbindung mit

00:30:50: dem was du bist, mit deinem Atem, mit deinem Geist, der ist sein Tempel, in dem wohnt er,

00:30:58: darin ist der heilige Geist, oder? Dann ist das natürlich etwas anderes als zu sagen Tim und

00:31:04: Lisa lernen sich kennen und lieben und haben zusammengeschlägt.

00:31:10: weil es da schon wirklich um eine institutionalisierte Form in der

00:31:16: Antike geht, in der ganz klare Hierarchie- und Dienstleistungen etc.

00:31:22: angeboten und ausgenutzt werden. Ja, ja und man kann natürlich hier schon sagen

00:31:27: und das finde ich jetzt auch wichtig anzumerken, dass das Christentum

00:31:33: natürlich zu einer doch auch zu einer sexuellen Revolution geführt hat in

00:31:39: der Antike und dass das hier Werte hochgehalten wurden im Blick auf eine

00:31:48: monogame Ehebeziehung auf eine auf Langfristigkeit und Verbindlichkeit

00:31:52: angelegte Gemeinschaft zwischen Mann und Frau auf jeden Fall, dass damit auch

00:32:01: Regeln geschaffen wurden oder Rahmenbedingungen, die vor allem Frauen

00:32:06: und Kindern zugute gekommen sind. Das ist ja ein Ergebnis auch von Studien von

00:32:12: Tom Holland und anderen, die zeigen, dass man das eigentlich nicht zu hoch

00:32:17: veranschlagen kann, was hier auch gesellschaftlich geschehen ist im

00:32:22: Aufbruch des Christentums, in der Frühzeit des Christentums, in dem

00:32:27: eben Männer vor allem gemahrsregelt wurden beziehungsweise sich in

00:32:34: Christentum aufgerufen waren, sich an einem verantwortungsethischen Vorbild

00:32:41: messen zu lassen und eben nicht sich einfach zu nehmen, was man will und

00:32:49: dem eigenen trieben einfach zu folgen, sondern seine Funktion auch zum Schutz

00:32:55: der eigenen Frau und der Kinder ernst zu nehmen und wahrzunehmen. Also das ist

00:33:00: ja, ja man und ich finde auch ganz viel davon ist bis heute wertbar, wenn wir

00:33:06: über Prostitution nachdenken zum Beispiel, oder? Dass man im

00:33:10: Christentum diesen wahkalsigen und verrückten Gedanken findet, dass man

00:33:15: sagt, hey aber vor Gott in Gottes Reich sind wir alle gleichwertig und Gott hat

00:33:22: uns alle gleich lieb und ihm ist unsere Integrität gleich wichtig, egal ob du

00:33:28: König bist oder Sklavin. Das ist ja quasi dieser Grundgedanke und von dem

00:33:33: aus entwickelt sich dann alles, so dass man sagt, naja und deswegen leben wir

00:33:38: unter Christinnen und Christen schon jetzt so, als ob das gelten würde. Also

00:33:44: nicht der Stand, in dem du stehst, also ob du jetzt Sklavin bist oder Herr ist

00:33:51: entscheidend für das, was du tun darfst und tun sollst in dieser Welt, sondern

00:33:57: dass Reich Gottes das angebrochen ist, unter dem wir vor Gott alle gleiche

00:34:03: sind, also Galata-Brief oder zum Beispiel, also weder Jude noch Grieche, Mann noch

00:34:08: Frau etc. Das ist ja genau dieses Urbild, das dann ganz neue ethische

00:34:15: Maßstäber auch setzt und mit sich bringt für die Christinnen und Christen.

00:34:19: Wenn wir jetzt über Prostitution nachdenken und sagen, naja das sind

00:34:26: ja eigentlich auch soziale Klassen, die da häufig ausgenutzt werden. Ich meine

00:34:30: damit nicht alles oder man muss wirklich differenzieren. Aber ich meine jetzt

00:34:34: Menschen, die als Gastarbeiterinnen, Gastarbeiter irgendwie versuchen, ihre

00:34:41: Familie im Herkunftsland am Leben zu halten, die zum Teil von Schleppern

00:34:46: hergebracht werden, die mit kurz Visas die Arbeit hier verrichten und das

00:34:53: ganze ständig tun unter unsicheren Lebensbedingungen und so. Dann kann man

00:34:57: sagen, ja da könnte echte Kritik ansetzen, die müsste dann aber auch

00:35:02: differenzieren zu denjenigen, die das nicht tun aufgrund ihrer Sozialverhältnisse

00:35:09: unter denen sie stehen. Aber es ist vielleicht nicht das Idealbild, um mit dem

00:35:15: 16-jährigen Tim und der 17-jährigen Lisa über ihr sexual Leben zu sprechen.

00:35:20: Das weiß ich jetzt gar nicht, Stefan. Also so wie du es jetzt...

00:35:24: Das habe ich schon gedacht, dass du das anders siehst.

00:35:26: Ja, so wie du es jetzt geframet hast. Weißt du, das was ich jetzt

00:35:29: vorhin als versucht habe einzuholen, ist natürlich eine massive Verbesserung von

00:35:38: Lebensaussichten, auch von Schutz von Frauen und Kindern in der Antike, die

00:35:44: durch das Christentum und durch eine christliche Sexual- und Familienethik

00:35:49: Einzug gehalten hat. Und das ist natürlich, das sind Vorgänge, die absolut

00:35:56: begrüßenswert waren, die aber auch unter der Voraussetzung einer

00:36:01: patriarchalen Gesellschaft funktioniert haben. Das eben damals...

00:36:05: Ja man, das finde ich auch. Und das Christentum wird an dieser Stelle

00:36:10: immer machtkritisch sein. Also das sehe ich alles auch. Nur müsste jetzt eine

00:36:16: Machtkritik im 19. und 20. und vielleicht sogar 21. Jahrhundert eher beim

00:36:21: gutbürgerlichen Familienbild ansetzen, wo Macht ausgeübt werden kann, dadurch

00:36:27: dass man sagt, naja, die Ehe darfst du nicht verlassen. Denk mal dran, wie lange es

00:36:32: gedauert hat bis überhaupt so was wie Vergewaltigung in der Ehe ein möglicher

00:36:36: Strafbestand war. Da sind wir doch auf einem ganz anderen Blatt Papier. Also die

00:36:41: Regel ist doch nicht die, dass also das Sexualbeziehungen so laufen, dass

00:36:47: jemand eine soziale Ungleichheit ausnützt und davon für sich auf

00:36:52: schändliche Weise profitiert, sondern die Regel ist doch viel eher, dass das

00:36:56: gutbürgerliche Familienmodell selbst Machtverhältnisse zementiert, die

00:37:01: Menschen unfrei machen können und die sie nicht verlassen können und die dazu

00:37:06: führen, dass man Dinge aushält, die man nicht aushalten sollte. Also genau da

00:37:10: müsste man dann auch machtkritisch sein. Und wenn ich, ich rede mich gerade

00:37:14: etwas in Rage, aber wenn ich mir jetzt überlege, man erzählt diesen 17, 18, 19

00:37:20: jährigen, dass sie keinen Sex vor der Ehe haben dürfen, dann führt das einfach

00:37:24: dazu, dass wenn sie das wirklich glauben, dann heiraten die haben mit 20, 21 und

00:37:29: das kommt einfach ganz, ganz häufig nicht gut. Es kommt ganz häufig nicht gut und

00:37:34: im besten Fall kommt es anders, als sie es sich vorgestellt haben. Aber es ist

00:37:38: sicher kein kluger Tipp, seinen Kindern zu sagen, wartet mit Sex bis zur Ehe und

00:37:45: am besten heiratet ihr mit 19, halb, dann haltet ihr das durch. Ja, ja, da

00:37:51: würde ich dir auch beitrichten. Ich weiß zwar statistisch wirklich nicht, ob das,

00:37:55: ob so jung geschlossene Ehen tatsächlich weniger halten oder anfälliger

00:38:02: sind auf Zerbruch und Zerrüthung als später geschlossene Ehen, aber ich

00:38:07: würde auf jeden Fall intuitiv. Aber das meinte ich gar nicht. Ich meinte nicht,

00:38:11: ich meinte nicht, dass die unbedingt eine höhere Scheidungsquote haben müssen,

00:38:15: obwohl ich das ehrlich gesagt auch glaube, aber das, was ich meine ist, was

00:38:21: passiert alles an struktureller und emotionaler Gewalt in solchen Ehen? Also

00:38:28: was passiert alles an Gewalt in solchen früh geschlossen Ehen, wo man sagt, er ist

00:38:35: der einzige, sie ist die einzige und darauf habe ich gewartet und darin muss

00:38:39: ich jetzt alles erfüllen, wofür ich mich aufgespart habe, worauf ich gehofft

00:38:45: habe und keiner von uns darf dieses Bündnis je verlassen. Ich glaube, das ist

00:38:51: auf dieser Seite dann auch sehr gewaltförmig. Ja, ja, es stimme ich dir,

00:38:57: pflicht ich dir bei. Ich kenne in quasi Fleisch und Blut, in Farbe und

00:39:05: Realität kenne ich Beispiele auf einem breiten Spektrum. Also ich kenne eine

00:39:11: ganze Reihe, sogar erstaunlich viele Ehen, die sehr jung geschlossen wurden

00:39:16: unter genau diesen Voraussetzungen, wo ich jetzt sagen würde, nach allem, was

00:39:20: ich beurteilen und mitkriegen kann, sind die ganz erstaunlich und langfristig

00:39:25: glücklich miteinander. Aber ich kenne natürlich auch Geschichten von ganz, ganz

00:39:29: wüsten Tragödien, auch Leute, die das bitter bereut haben, weil sie sich

00:39:34: dadurch eine rigorose Sexualethik in eine vorschnelle Ehe haben drängen lassen,

00:39:41: in der sie totunglücklich geworden sind, die sogar teilweise auch missbräuchliche

00:39:47: Qualitäten angenommen hat und so weiter. Also ich kenne beides, ich wollte nur,

00:39:52: als ich dir widersprochen habe oder als ich gesagt habe, ich sehe das anders.

00:39:56: Ich habe dich so verstanden, dass du ein Bild gezeichnet hast von einer Beziehung,

00:40:01: in der man christlich inspiriert den anderen. Du hast gesagt, es gibt weder

00:40:06: Mann noch Frau, es gibt weder Sklave noch Herr, dass man den anderen auf Augenhöhe

00:40:11: als vollwertiges Gegenüber wahrnimmt und ernst nimmt und schätzt und auch sich

00:40:17: entsprechend verhält. Das finde ich jetzt eine Regel, die nicht nur im Blick auf

00:40:24: Prostitution wichtig ist und ethische Konsequenzen hat, sondern da würde ich

00:40:30: sagen, das ist ja eigentlich genau eine, das ist genau eine Orientierungsgröße,

00:40:36: die auch heutige Beziehungen bestimmen sollte und das ist doch...

00:40:43: Ja unbedingt, da bin ich doch völlig einverstanden. Ich meinte nur der Ort, wo

00:40:48: das eine Rolle spielt, ist eben nicht der, wo Tim und Lisa sich kennenlernen und

00:40:55: ist viel mehr der Ort, wo ein Typ in den Puff geht.

00:41:01: Ja, aber das ist doch genau ein bisschen das Problem von dieser

00:41:04: konservativ auch Evangelikalen und manchmal auch katholischen Kommunikation

00:41:10: oder Rede, da wird ein Bild einer von Sexualität hochgehalten, dass es sich

00:41:18: enthält bis zur Ehe und es wird eigentlich eine falsche Alternative

00:41:23: aufgemacht, so entweder, entweder du hältst dich an an dieses vermeintlich

00:41:30: christliche Programm, kein Sex vor der Ehe und Enthaltsamkeit und man setzt auf

00:41:36: seelische Verbindung, manche küssen sich nicht einmal bis zur Hochzeitsnacht und

00:41:42: so und du setzt auf das und sicherst dir den Segen und das Wohlwollen Gottes und

00:41:48: das Glück deiner Familie oder du nimmst an vorderster Front teil an einer

00:41:55: völlig pornografisierten, hypersexualisierten Kultur, in der man seinen

00:42:01: Trieben immer sofort folgt, ohne Rücksicht auf Verluste, alles vögelt, was

00:42:08: zwei Beine hat und sich um keine Konsequenzen schert und am nächsten

00:42:13: Morgen noch nicht mal fragt, wie der andere heißt, mit dem man jetzt die

00:42:18: Nacht verbracht hat, so. Das sind die Alternativen, die aufgemacht

00:42:22: wird, werden und ich finde das einfach nicht redlich, weil es doch eine

00:42:32: verantwortliche rücksichtsvolle, auch liebevolle Form von Beziehungspflege und

00:42:41: Sexualität geben kann, die sich jetzt nicht an diesem einen Extrem der

00:42:45: völligen Enthaltsamkeit vor der Ehe festmacht. Ja und ich glaube genauso wie

00:42:51: das wahrscheinlich sehr sehr wenig gelebt wird, wird auch sehr sehr wenig

00:42:56: dieses total selbstvergessene, ausschweifende, rücksichtslose tatsächlich

00:43:02: gelebt. Das macht sich immer sehr gut in Schlagzeilen oder in mahnenden

00:43:07: Predigten, aber ich glaube es ist doch sehr selten dann in der Realität der

00:43:12: Fall. Was mich ja dabei interessiert ist, woher kommt dieses große Interesse auf

00:43:18: rigorose Art und Weise des Sexualleben der Kirchenmitglieder eigentlich

00:43:23: regulieren zu wollen. Also egal, wenn ich mir jetzt vorstelle, so ja eine

00:43:30: klassisch fundamentalistische Position, die würde ja dann nicht nur

00:43:34: problematisieren, dass man Geschlechtsverkehr hat vor der Ehe, sondern

00:43:38: die haben ja dann oft auch noch zum Thema Selbstbefriedigung total

00:43:42: rigorose Vorstellungen, also dass das auch nicht geht und dass das auch schon

00:43:46: Zünde ist und dass man sich da auch schon irgendwie nicht genügend aufgespart hat,

00:43:52: wo ich einfach denke, ja was wollt ihr denn? Wollt ihr am Schluss 22-jährige

00:43:56: Menschen, die ihren Körper nicht kennengelernt haben, in ein Schlafzimmer

00:44:00: einsperren und ein sozialer Experiment machen? Das ist ja furchtbar. Und das sind

00:44:05: das sind Dinge, wo also jetzt gerade du hast ja eine ICF Vergangenheit oder und

00:44:10: gerade wenn ich denke, was Leo Bicker für Bücher geschrieben hat zur

00:44:15: Sexualethik und wie er auch mit dem Thema Selbstbefriedigung umgeht,

00:44:20: denke ich, das ist irgendwo ein Wahnsinn und gleichzeitig kann ich mir

00:44:25: mega gut erklären, warum das so erfolgreich ist und da hat mir Karel

00:44:29: van Scheijk, ich weiß nicht ob du denkst, der Tagebuch der Menschheit hat

00:44:34: dieses coole Buch geschrieben und ich hatte den mal zum Gespräch eingeladen

00:44:37: und eigentlich habe ich ihm zugehört und habe gedacht, ja das sind ja alles sehr

00:44:42: reformierte Perspektiven, die du da in deinem Bestseller bringst. Warum ist dann

00:44:48: dieses reformierte Landeskirchliche nicht erfolgreicher und dann hat Karel

00:44:52: van Scheijk etwas ganz Kluges gesagt, er hat gesagt, ja das hat keine Bindungskraft.

00:44:56: Wenn du Bindungskraft in eine Gruppe reinbringen willst, dann musst du

00:45:01: irgendetwas absurdes implementieren, das hohe Hürden hat. Also zum Beispiel

00:45:07: sagst du, wir essen diese zwölf Dinge nicht und das ist völlig egal, ob das

00:45:12: sinnvoll ist oder nicht, aber es schafft ein unheimliches Gruppengefühl, sich darauf

00:45:17: zurückzuziehen oder du sagst, aber bei uns gibt es keinen Sex vor der Ehe, dann hast

00:45:22: du schon diese ganzen Dynamiken von kennenlernen, wer darf mit wem und wo und

00:45:28: wie und wozu, die hast du da schon alle mit drin und hast natürlich eine

00:45:33: wahnsinnig strukturelle Macht über eine Gruppe. Du meinst jetzt, dass es eine

00:45:39: Gruppe zusammenschweißt, wenn sie ein gemeinsames Opfer bringt oder

00:45:43: gemeinsamen Preis bezahlt für die eigenen Überzeugungen, dass es dann eine Art

00:45:49: Gemeinschaft stiftet. Oder es ist nicht, ja wie soll ich sagen, es ist nicht

00:45:54: wahnsinnig Gemeinschaftsstiften zu sagen, wir finden Menschenrechte gut, denken

00:45:59: ökologisch und nachhaltig und versuchen fair miteinander umzugehen.

00:46:05: Aber es ist natürlich wahnsinnig gemeinschaftsstiftend, wenn du sagst,

00:46:10: dieser eine Fußballverein, das ist der einzig wahre Fußballverein der ganzen

00:46:15: Welt, da hast du eine Fan-Kultur, da kann man zusammenspannen, da hat man die

00:46:19: Mythen, die sich drum ranken, dieses klare Innen- und Außen und ich glaube genau

00:46:24: das ist das, was passiert mit Sexualität und Sexualmoral in strenger

00:46:30: katholischer Auslegung oder in protestantisch-fundamentalistischen

00:46:34: Strömungen. Ja, also das mag sein Stefan, das Ganze

00:46:40: klingt mir jetzt ein bisschen zu strategisch oder zu funktionalisiert, ich

00:46:44: habe schon den Eindruck, dass auch hin... Ich wollte nie sagen, dass Leopika

00:46:49: strategisch. Nein, ich habe den Eindruck, dass hinter, ich weiß das auch von

00:46:55: vielen Pastoren und auch evangelikalen Theolog*innen, dass schon auch ein...

00:47:01: auch wirkliche Ängste dahinter stecken, hinter einer solchen Sexualmoral und

00:47:08: wirkliche... ein wirkliches Bedürfnis Menschen, vor allem die junge Generation

00:47:12: in den eigenen Kreisen vor bestimmten Entwicklungen zu bewahren. Und ich muss

00:47:19: dir auch sagen, ich würde es vielleicht nicht ganz so rosig zeichnen wie du und

00:47:24: sagen, diese Formen der Ausnutzung und des rücksichtslosen Triebverhaltens, die

00:47:31: finden sich nur selten. Es gibt ja schon sehr bedenkliche Entwicklungen, auch auf

00:47:38: diesem Feld Sexual, Moral und Gruppendynamik, bis hin zu Pornografie,

00:47:44: Onlyfans, was auch immer. Das ist ja übrigens das Buch, das in dieser

00:47:49: Predigt, die wir Eingangs genannt haben, auch zitiert wird von Louis Perry. Und

00:47:55: das finde ich wirklich ein erschütterndes Buch, den ich vieles abgewinnen konnte,

00:48:00: weil die Autorin keine Christin, sondern eine... eine eigentlich sich selbst als

00:48:05: feministische Autorin bezeichnende Frau, die jahrelang in einem Rape Crisis

00:48:12: Center gearbeitet hat, in einem Zentrum, wo Vergewaltigungsopfer sich melden

00:48:20: können und begleitet werden. Und sie macht schon auf einige Entwicklungen

00:48:26: aufmerksam, die ich für sehr... also die ich wirklich für alarmierend halte, auch

00:48:33: trennt in unter jungen Menschen. Mach mal ein paar Beispiele. Ja, ich sage, sie

00:48:39: argumentiert in ihrem Buch sehr, sehr stark gegen dieses Konsensprinzip

00:48:47: als quasi einzige, einzige Wertsetzung, die eine aufgeklärte Sexual-Moral noch

00:48:56: braucht, so quasi, solange es, solange beide Konsen... Konsens, also wie sagt man

00:49:02: zustimmen, ist alles in Ordnung. Und sie zeigt in... wie in Jugendkulturen und sie

00:49:09: stützt das empirisch auch sehr verantwortlich ab, wie in Jugendkulturen

00:49:14: teilweise zum Beispiel gewaltförmige Sexualität sehr verbreitet ist, dass

00:49:21: man... dass schon junge Menschen auch natürlich sehr stark unter dem Einfluss

00:49:26: von Pornografie das Gefühl haben, sie müssten irgendwelche Spiele mit Würgen

00:49:32: und Atemnot durchziehen und dass junge Frauen sich Unterdruck setzen lassen,

00:49:39: das mitzumachen und auch gut zu finden oder zu Analsex und Oralsex und so

00:49:48: weiter sich... dass ein Klima entsteht in bestimmten Jugendkulturen, in denen das

00:49:55: völlig normal ist und junge Mädchen das Gefühl haben, wenn ich das nicht

00:50:00: mitmache, dann... - Ja genau, das ist wohl das Problem, oder? - Genau, wenn ich das nicht

00:50:04: mitmache, dann bin ich Brüder. - Also nicht, ob das normal ist oder nicht, sondern das

00:50:08: Problem ist doch quasi, dass es reduziert wird auf einen Dienstleistungskatalog, den

00:50:13: man liefern muss. - Ja, und auf einen Bestand von sexuellen Praktiken, die

00:50:21: irgendwie in einer Art und Weise normalisiert werden, dass... und zum

00:50:27: Standard erhoben werden, dass gerade Frauen sich gar nicht mehr trauen, zu

00:50:34: sich selbst zu stehen und dazu zu stehen, dass sie das eigentlich nicht toll und

00:50:39: nicht schön finden und dann ist dieses Prinzip des Einwilligens, ja die Willigen

00:50:45: ein in das, weil sie das Gefühl haben, wenn ich das als 17-jähriges Mädchen mit

00:50:50: meinem Freund, der vielleicht 20 ist, nicht durchziehe, dann steht vielleicht die

00:50:55: nächste Frau an. Die bereit ist das mit ihm zu machen oder dann beweise ich, dass

00:51:01: ich immer noch Brüde oder Rückständig oder verklemmt oder was bin und diese

00:51:06: sozialen Dynamiken nicht zu durchschauen, ist auch ein Einzukurz kommen und wird

00:51:13: Menschen auch nicht gerechnet. - Ja, man, bin ich total einverstanden, glaube ich,

00:51:17: nur, dass es das genauso gibt im ganz klassischen Ehreverständnis. Also, dass

00:51:23: man quasi dann auch wieder solche Workshops und Predigten da hören kann, wo

00:51:29: es darum geht, was man sich als Paar alles schuldet und wie man das Sexualleben

00:51:35: attraktiv und immer wieder neu erfinden muss, damit es nicht einschläft und

00:51:40: dass das die christliche Verantwortung ist, die man füreinander hat etc.

00:51:45: und auch da kann ein enormer Druck entstehen. Ich will damit nicht den

00:51:50: anderen Druck einfach wegreden, sondern ich glaube, es geht doch letztendlich

00:51:53: drum, also wenn ich jetzt an meine Kinder denke, dann wünsche ich mir, dass das

00:51:59: selbstbewusste Menschen sind und selbstbewusst wirklich im Wortsinn oder

00:52:04: also die sollen sich bewusst sein, was sie selbst brauchen, was ihnen selbst gut

00:52:09: tut und sie sollen die Kraft haben, dafür einzustehen, ganz egal, was sonst gezeigt

00:52:14: wird. Und ich weiß, dass das nicht einfach ist, aber du kriegst mit keiner

00:52:19: christlichen Sexualmoral die Pornokultur weg, die herrscht, aber ich glaube, dass

00:52:25: diese Pornokultur noch viel, viel besser gedeihen kann, wenn man echte

00:52:30: Erfahrungen, die Menschen sexuell miteinander machen können, dann noch in

00:52:35: ein Hinterzimmer mit 16 Stufen, die man zuerst überwinden hat, verbannt.

00:52:41: Ach, ich besuchte... Also was dir mal überlegt, stell dir mal vor, du

00:52:47: wirst Single und du würdest jetzt Jana daten. Ich mein, was die alles erzählt, was

00:52:53: sie von ihrem Mann erwartet und wie der sein muss. Ich mein, ich kann das

00:53:01: verstehen, weil die sagt, ich habe quasi immer gewartet, ich habe immer alles

00:53:05: richtig gemacht in ihrem Weltbild, rein auf diese Binnen-Rationalität

00:53:10: betonen. Da muss jetzt wirklich was ganz Großartiges kommen oder gar nicht.

00:53:14: Das ist ja so völlig nachvollziehbar, aber auf der anderen Seite weiß ich

00:53:20: wirklich ganz sicher, dass Beziehungen so nicht funktionieren. Also es kommt nicht

00:53:25: irgendwann die eine Person, die all das erfüllt, was du dir wünschst, sondern es

00:53:32: ist ein gemeinsamer Weg herausfinden, was man voneinander braucht, was einem gut

00:53:37: tut, was für die Partnerin für den Partner stimmt und wie man da gemeinsam

00:53:42: unterwegs sein kann. Und es kommt nicht der Traumprinz, der das alles

00:53:46: aus sich heraus mitbringt. Ja, ja und ich glaube, das ist kein

00:53:50: Passelspiel. Das ist doch das Entscheidende eigentlich, dass wir

00:53:55: uns überlegen müssten, auch in christlichen Gemeinden und Gemeinschaften.

00:54:00: Wie können wir unseren Kindern und Jugendlichen einfach... Wie können wir

00:54:06: sie empowern, sie befähigen, zu sich selbst zu stehen und sich ganz

00:54:13: ehrlich und auch sich von diesen Gruppendynamiken genügend distanzieren

00:54:18: zu können, um sich zu fragen, hat mir das jetzt Spaß gemacht? Fand ich das

00:54:22: wirklich schön? Ja genau. Und auch im Nachhinein sich nochmal im Spiegel zu

00:54:26: gucken und sagen, hat sich das jetzt gut angefühlt? Bleibt da ein gutes

00:54:31: Gefühl zurück oder müsste ich sagen, so mache ich das nicht mehr mit und dann

00:54:35: einfach auch kompromisslos dazu zu stehen, egal ob man das Gefühl hat, alle

00:54:42: anderen tun das auch und ich sollte das jetzt auch toll finden oder so.

00:54:46: Ja genau. Ich finde auch, wir sollten da gerade jetzt, wenn wir aus einer

00:54:52: kirchlichen Perspektive denken, auch ein bisschen demütig werden.

00:54:55: Also meine These wäre jetzt, ich glaube, dass für all das, was du jetzt genannt

00:55:01: hast, also für diese Resilienz, für dieses für sich einstehen können, für

00:55:05: dieses Spüren, was tut mir gut, was tut mir nicht gut, das dafür solche

00:55:10: Bildungsprogramme wie "Mein Körper gehört mir", so witzig das auch immer

00:55:15: klingt, wenn man das so sagt. Vielleicht entscheidender sind als das, was

00:55:20: kirchenmoralisch zu verkündigen haben, weil ich denke auch, zeig mir, zeig

00:55:26: mir eine Gruppe, zeig mir eine religiöse Gruppe, einer einziger, in der nicht

00:55:32: spiritueller Missbrauch stattfindet, in der nicht das, was geglaubt wird, was die

00:55:37: Heilshoffnung der Menschen ist, auch dazu missbraucht wird, um Menschen

00:55:43: sexuell gefügig zu machen und auszunützen und wie zackhaft, dass

00:55:47: alles aufgearbeitet wird. Das würde mich jetzt aus einer

00:55:53: kirchlichen Position eher mal in die Lage bringen, dass ich sage, komm, lasst uns

00:55:58: hier den Sexualtherapäutin, den Aufklärer in Aufklärern mal das Feld

00:56:04: überlassen und zuhören. Ich glaube, die haben da einiges glaubwürdiger und

00:56:09: besser zu sagen, als dass die Kirchen haben. Ja, ich weiß es Stefan, ich würde

00:56:13: das Feld nicht überlassen, aber ich würde auf jeden Fall versuchen, die

00:56:18: aktuelle Erkenntnisse und auch Leuten aus der Praxis von Sexualtherapie und so

00:56:25: weiter viel mehr zuzuhören und von ihnen zu lernen. Aber ich würde schon auch die

00:56:30: Aufgabe sehen in Kirchen und Gemeinden, das auch gerade und unter Jugendlichen zur

00:56:36: Sprache zu bringen und eben nicht, nicht so wie das in fundamentalistischen

00:56:42: Kreisen oft passiert, dass man dann einfach zu einer Verbotsethik oder

00:56:47: einer Vermeidungsthetik kommt und relativ wenig sagt oder wenig hilfreiches

00:56:53: zu Sexualität in Beziehungen, in Ehebeziehungen auch. Du hast vorhin

00:56:59: Leo Bicker erwähnt, ich habe verschiedene Predigten von ihm noch im Ohr, wo er mit

00:57:06: seiner Frau zusammen auch davon spricht, dass sie zum Beispiel die Regel haben,

00:57:11: weil sich das keiner sich dem anderen sexuell jemals verweigert. Also sie

00:57:17: leiten das auch ab aus biblischen Texten natürlich, wo Paul sagt, man soll sich

00:57:22: dem Partner nicht entziehen oder so und dann haben sie die Regel aufgestellt, wenn

00:57:27: einer will, muss der andere immer mitmachen und das hat für sie offenbar

00:57:31: gut funktioniert und ich höre das und denke, das Missbrauchspotenzial einer

00:57:38: solchen Aussage ist so massiv und jetzt gerade kürzt sich eine der neuesten

00:57:42: Predigten von ICF, wo wieder die beiden auf der Bühne stehen und sie dann und ich

00:57:49: weiß, dass sie das nicht so meinen, weißt du, ich weiß es, dass sie es nicht

00:57:53: so meinen, aber ich denke, da ist kein Problembewusstsein vorhanden, wenn sie

00:57:58: sagt, Sexualität hätte in der heutigen Gegenwartskultur nur noch damit zu tun,

00:58:04: seine eigenen Triebe zu befriedigen und auszuleben und sich selbst zu entdecken,

00:58:10: dabei würde es biblisch bei Sexualität darum gehen, sich dem anderen

00:58:16: hinzugeben und sich aufzuopfern für den anderen und da denke ich, dass hier das

00:58:23: Problembewusstsein nicht vorhanden ist, dass wenn man gerade in einem

00:58:27: konservativen Setting, indem man ja auch aus einer Beziehung nicht mehr rauskommt,

00:58:32: wenn man sich mal eingegangen ist, dazu sagen Sexualität bedeutet, ich opfere

00:58:37: mich für den anderen auf. Ja, was da alles und worauf, also was da alles

00:58:43: passieren kann unter Berufung auf ein solches Prinzip, das ist ja dann schon

00:58:49: wirklich gruselig und dass man das nicht spürt, das macht mir schon auch Sorge.

00:58:54: Ich bin sehr froh, dass du das so deutlich ansprichst und sagst, weil es ist eine

00:59:01: Sache, weißt du, wenn Paar das für sich so entscheidet, aber die tragen eine

00:59:05: ganz große Verantwortung für das, was sie öffentlich sagen an Stage und ich glaube

00:59:10: wirklich, das Missbrauchspotenzial solcher Aussagen, nicht das, was sie erleben,

00:59:15: ich will nicht sagen, dass ihre Beziehung missbraucht, das mache ich mir nicht an.

00:59:19: Das glaube ich auch nicht. Das Missbrauchspotenzial dieser Aussagen, das ist horrend,

00:59:24: also das ist wirklich furchtbar und da würde es einfach helfen, vielleicht nicht

00:59:30: immer zu denken, dass man zu allem das Entscheidende und große zu sagen hat,

00:59:34: sondern mal denen zuhören, die davon wirklich eine Ahnung haben und das sind

00:59:39: in diesem Fall nicht wir und ganz, ganz selten die Kirchen. Und ich glaube, gerade

00:59:46: als Kirche könnten wir ganz anders mit dem Thema umgehen und sagen, wir haben eine

00:59:50: Geschichte, die voll ist von Missbrauch, die zeigt wie anfällig all das ist, was

00:59:57: Menschen miteinander erleben und deuten können, gerade im Bereich Intimität,

01:00:02: Sexualität etc. und wir könnten aus diesen Fehlern lernen statt immer

01:00:08: darauf zurückzugehen und zu sagen, es gibt aber diese reine, eine christliche

01:00:13: Sexualmoral, die jetzt alle selig macht. Das glaube ich ist gefährlich.

01:00:17: Hey Manu, du hast das Thema gebracht, mir gehört das Arm. Ja, und für das Arm

01:00:26: zitiere ich einen, der einen riesen Mammakomplex hatte und wahrscheinlich

01:00:32: sexuell nicht ganz aufgeklärt war, aber hat einen ganz schönen Satz gesagt, das ist

01:00:36: Augustinos und der hat gesagt, liebe und tue, was du willst.

01:00:41: Ja, sehr schön. Ja, Stefan. So, was steht bei dir noch an diese Woche?

01:00:49: Ja, nicht mehr viel, ich kompensiere noch über Zeit diese Woche, habe ein paar

01:00:52: Dinge noch, die ich erledigen muss und werde mit den Kindern noch ein bisschen

01:00:56: Zeit verbringen, die ja auch noch länger Urlaub haben und ich habe gesagt, ich

01:01:02: würde die Tage noch ein bisschen was mit ihnen unternehmen. Mal schauen, ob ich

01:01:07: sie überhaupt noch erwische, weil Kinder in dem Alter, die verflüchtigen sich dann

01:01:11: auch gerne, weil sie alle möglichen Dinge mit ihren Freunden unternehmen und so.

01:01:18: Aber ich freue mich auf die Woche und ich wünsche dir natürlich eine

01:01:22: sensationelle Tenerife Zeit. Ja, danke, ich habe schon ein Tauchkurs gebucht mit

01:01:30: Theo zusammen dort. Wir werden diesen Open Water Diving Kurs machen, wo wir

01:01:36: nachher auf 18 Meter tief tauchen können und ich freue mich schon riesig drauf.

01:01:41: Das wird hoffentlich mein Highlight diese Woche und ja, wir hören uns dann spätestens

01:01:49: wieder in einer Woche am Mittwoch und Manu, wir machen am besten dann noch über

01:01:55: WhatsApp ab, wann wir aufnehmen. Ich nehme auf jeden Fall das Mikrofon mit

01:01:59: in den Urlaub. Sehr schön. Ja gut, also bis dann und ihr Lieben macht es gut. Tschüss

01:02:06: zusammen, habt eine gute Zeit und habt euch lieb. Tschau.

Über diesen Podcast

Was heisst das eigentlich, Christ zu sein? Woran glauben Christen und was können sie getrost aufgeben? Logisch, dass sich Manuel Schmid & Stephan Jütte dabei nicht immer einig sind. Aber sie versuchen in diesem Podcast zusammen herauszufinden, was für sie wirklich zählt und was ihnen eher im Weg steht. Und klar: Beide wissen es auch nicht wirklich. Aber vielleicht regt es dich an zum Mitdenken. Oder es regt dich auf und du magst mit ihnen streiten. Oder du schreibst ihnen einfach mal, was du nicht mehr glauben kannst oder musst oder willst.

von und mit Manuel Schmid & Stephan Jütte

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