00:00:00: Hallo und herzlich willkommen bei "Ausgeglaubt" mal wieder aus ordentlichen Studios aufgenommen
00:00:24: und nicht auf irgendwelchen Badetüchern, auf schönen Inseln im Meer. Manu, ich sehe, du sitzt im
00:00:32: Podcaststudio vom RefLab. Genau, frisch, hungrig und bereit. Ja, super, genau so soll es sein.
00:00:40: Ja, ich freue mich auf die Aufnahme. Für die, die uns noch nicht kennen, ich bin Stefan Jütte,
00:00:46: ich bin Theologe, seit drei Jahren arbeite ich bei der EKS und vorher habe ich mehrere Jahre
00:00:52: zusammen mit Manu im RefLab gearbeitet in Zürich. Ich bin hier in Bern verantwortlich für Theologie
00:01:00: und Ethik und Kommunikation und wöchentlich diskutiere ich mit Manu über aktuelle Themen,
00:01:06: die uns wichtig sind und die wir aus einer theologischen, philosophischen und existenziellen
00:01:12: Perspektive in den Blick nehmen. Ja, und ich bin Manuel Schmied, auch reformierter Theologe,
00:01:18: ich habe das Vorrecht, seit malzechs Jahren bei RefLab zu arbeiten und seit Stefans Weggang hier
00:01:27: den Bereich zusammen mit Evelyn Baumberger in Kohleitung zu leiten und ich liebe theologische
00:01:35: und philosophische Diskussionen und versuche eigentlich immer aktuelle Themen auch so mit
00:01:43: einer theologischen Brille wahrzunehmen und die Gespräche mit Stefan machen mir ganz besonders
00:01:50: viel Spaß, deshalb ist das eigentlich so für uns immer ein Highlight zum Wochenstart, weil wir
00:01:56: meistens am Montag früh aufnehmen und uns dann am Wochenende schon so ein bisschen synchronisieren,
00:02:04: meistens wird das Thema der Folge erst am Wochenende dann so klar und dann können wir uns einstellen
00:02:11: auf einen hoffentlich beschwindeten Wochenstart mit ausgelaufen. Gut, dann hoffen wir, dass wir
00:02:18: das hinkriegen. Manu, du kannst wählen, wollen wir mit dem Stoßgebet oder dem Halleluja beginnen?
00:02:23: Ja, lass mal mit Stoßgebet beginnen. Ich glaube, ich kenne Deins, aber fang doch du mal an.
00:02:29: Ja, Manu, als ich auf Tenerife die Koffer gepackt habe, hat mein Sohn mich gefragt, Papa gibt
00:02:43: auch etwas voraus, du dich richtig freust, wenn wir wieder nach Hause kommen. Ich habe gesagt,
00:02:48: ja, das gibt es, das ist meine Kaffeemaschine. Ich hatte meine Kaffeemaschine in einem Riesen
00:02:55: rund um Service, der etwa endlich teuer und kostspielig war wie eine Kaffeemaschine,
00:03:02: sonst insgesamt so wäre. Und ich habe mich wirklich darauf gefreut, nach Hause zu kommen und
00:03:06: richtigen Espresso zu trinken. Ich habe mir auch immer wieder überlegt, ob ich noch neue Bohnen
00:03:12: kaufen soll, damit ich dann alles mit der Mühle wieder neu einstellen kann. Und komme also nach
00:03:18: Hause und bevor ich die Koffer ausgepackt habe, war wirklich mein erster Handgriff Kaffeemaschine
00:03:23: wieder einstellen, Wassertank auffüllen. Ja, das Ganze war dann aber nicht erfreulich, weil meine
00:03:31: Kaffeemaschine hat den Geist aufgegeben. Das ist so ein Standschaden, die Wasserpumpe ist trocken
00:03:37: gelaufen in der Zeit meiner Abbesenheit, weil sie eben nicht gelaufen ist, diese Kaffeemaschine. Und
00:03:43: sie ist jetzt schon wieder im Service. Und das war wirklich so richtig, richtig frustrierend. Und ich
00:03:50: muss vielleicht noch dazusagen, weil wir haben uns ja dann am Samstag getroffen und du hast mir
00:03:56: ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk mitgebracht, ganz tolle Kaffeebohnen und gesagt, ja, jetzt kannst
00:04:03: du ja wieder. Das war nochmal Salz in die Wunde. Genau, da habe ich doch das Ganze nochmal schlimmer
00:04:12: gemacht mit meinem Geschenk. Ach Gott, Stefan, und wenn man dich kennt und deine Kaffeemaschine,
00:04:19: dann weiß man, das ist ja ein Möbel. Da braucht es quasi einen Extratisch mit festen Beinen, um
00:04:25: dieses Gerät zu tragen. Und beim Umzug müssen also zwei Leute anpacken, weil man die alleine nicht
00:04:33: gehoben kriegt und das dann in die Reparatur zu bringen und wieder abzuholen. Ach, ich hoffe,
00:04:41: dass du bald mit deinem gewohnten Kaffeegenuss wieder beschenkt wirst. Hast du eine Rückgabedatum
00:04:49: schon? Ja, also ich weiß, dass sie am Dienstag, das ist ja, wir nehmen am Montag auf, also morgen
00:04:55: kommt sie auf den Tisch und wird hoffentlich repariert und wenn alles gut läuft, dann trinke
00:05:01: ich schon wieder Espresso, wenn die Folge erscheint. Sehr gut, sehr gut. Ja, ich habe ein arbeitsbezogenes
00:05:08: Stoßgebet im Blick auf unser kommendes Reflap Festival. Da freue ich mich eigentlich ganz enorm
00:05:16: drauf, weil es wirklich ein mit Highlights gespicktes Festival sein wird, mit sensationellen
00:05:23: Podcastaufnahmen. Wir haben uns dieses Jahr entschieden, den Ticketverkauf anders zu machen
00:05:30: als letztes Jahr, wo man einfach so Tagestickets lösen konnte und dann konnte man gehen, wohin
00:05:34: man wollte, mit dem Problem oder mit der Gefahr, dass gewisse Veranstaltungen dann einfach überbesetzt
00:05:42: sind bzw. dass wir die zumachen müssen für Leute, die sich eigentlich sehr darauf gefreut
00:05:47: haben, weil wir ja nicht wussten, wer wohin geht am Festival selbst, deshalb haben wir dieses
00:05:53: Jahr so auf Einzeltickets gesetzt. Die Hälfte der Veranstaltungen ist eh gratis, da kann man
00:06:00: kostenlos hingehen und reinsitzen, sofern man Platz findet, aber so die Main Acts, die haben wir
00:06:06: kostenpflichtig mit Einzeltickets gemacht und was mir ein bisschen sorgen bereitet bzw.
00:06:12: mein Stoßgebet ist die Tatsache, dass ich glaube, besonders jüngere Menschen sich einfach
00:06:18: wahnsinnig schwer tun, damit sich vorgängig zu entscheiden, welche Veranstaltungen sie besuchen
00:06:24: wollen und wir haben wirklich sensationelle Main Veranstaltungen, die noch sehr viele freie Tickets,
00:06:32: sehr viele freie Plätze haben und ich glaube, also meine Sorge ist eigentlich nicht, dass die nicht
00:06:37: voll werden, es ist einfach wahnsinnig spannendungsvoll für mich mit anzusehen, wie schleppend gewisse
00:06:46: Tickets sich verkaufen, andere sind auch schon voll, also die Pfarrerstöchter sind glaube ich
00:06:50: jetzt voll, da gibt es gar keine Tickets mehr, aber zum Beispiel Wolfgang M. Schmidt oder Olivia
00:06:56: Röllin, die das werden sensationelle Aufnahmen und die sind ja wirklich sehr, sehr höhrenswert und
00:07:03: sehenswert, aber da tun sich Leute schwer, sich zu entscheiden, deshalb verbinde ich mein Stoßgebet
00:07:09: mit einem stillen Aufruf, entscheidet euch doch, wenn möglich, nicht erst 24 Stunden vor dem Festival,
00:07:18: welche Tickets ihr noch kaufen wollt, sondern beschert mir einen ruhigen Schlaf, in dem ihr
00:07:24: euch auf bestimmte Veranstaltungen auch festlegt. Ja, also ich hoffe, dass es wirklich sehr für
00:07:33: SREFLAP und die Organisation, dass das klappt, aber ich kann auch verstehen, dass das gar nicht so
00:07:38: einfach ist, weil es ist zunächst schon mal eine Entscheidung, gehe ich da hin und besuche
00:07:42: das und dann jetzt schon auswählen zu müssen, was man besucht, das kann tatsächlich schwierig sein,
00:07:48: vielleicht gibt es uns noch zwei, drei Hinweise, was man jetzt unbedingt buchen sollte, wenn man
00:07:54: diesen Podcast mag, den man jetzt gerade hört. Ach so, wenn man ausgeglaubt mag, ja, es gibt
00:08:00: natürlich viele auch Podcasts aus dem christlich-religiösen Bereich, die ich euch sehr ans Herz
00:08:07: legen würde. Hossa Talk natürlich, die Jungs, auf die freuen wir uns auch persönlich ganz fest
00:08:13: und das wird eine grandiose Aufnahme, weil die halt auch live vor Ort auf On-Stage sehr,
00:08:20: sehr gut funktionieren und Geistzeit mit Torsten und Andi und dann Karte und Gebiet mit Torsten und
00:08:28: Tobi Fikes, das werden sicher Highlights. Ich freue mich ganz besonders auf Wolfgang M. Schmidt,
00:08:35: weil ich mit ihm eine eigene Podcast-Aufnahme machen werde im Podcast Theo-Lounge von SREFLAP,
00:08:41: aber ich finde ihn einfach eine derart eigenwillige, sperrige und auch unglaublich
00:08:48: anregende, inspirierende Gestalt. Da bin ich wirklich richtig, im positiven Sinne, richtig
00:08:54: aufgeregt auf dieses Gespräch und verspreche mir sehr viel davon, also das wäre eine, eine
00:09:01: richtig tolle, auch kulturell gesellschaftliche Inspiration für alle, die sich da mal einschreiben
00:09:09: wollen. Wunderbar, dann machen wir jetzt weiter mit dem Halleluja der Woche.
00:09:19: Ja, Mann, was gibt's?
00:09:20: Ja, ein ganz, ein ganz stilles, sanftes Halleluja, einfach im Rückblick auf den letzten Sonntag,
00:09:32: auf das Wochenende oder vor allem der Sonntag, Nachmittag, das war irgendwie ein Moment,
00:09:39: der besonderen Ruhe da hab, haben wir, also wir haben nichts los gehabt, unsere Kinder haben
00:09:46: irgendwie ihr eigenes Programm verfolgt und sich kaum blicken lassen und es war ein eigenartig
00:09:52: mildes Wetter, es ist ja eigentlich verrückt, dass wir so Anfang August ziemlich tiefe Temperaturen
00:09:59: auch hatten die letzten Tage, auch viel schlechtes Wetter, sag ich mal, viel Regen und so, aber
00:10:04: der Sonntag-Nachmittag, das war so wunderschön mild, irgendwie 23 Grad, schöne Sonne, so ein,
00:10:12: ein, ich kann es gar nicht beschreiben, es war fast so eine verzauberte Atmosphäre in unserem
00:10:18: Garten und ich hab mich da hin gesetzt oder hingelegt im Liegestuhl, ein bisschen gelesen,
00:10:24: ein bisschen auch, ich sag jetzt mal, mich von dem Geburtstags-Apero bei dir erholt, da bin
00:10:32: ich ja dann schlussendlich erst irgendwie um 3 Uhr ins Bett gekommen und war auch, wie soll ich
00:10:39: das jetzt nicht sagen, ich hatte ein großes Detox-Bedürfnis am nächsten Tag und aber das war
00:10:46: irgendwie ein magischer Moment, so eine, weißt du so, diese zweckbefreite Zeit, wo man sich
00:10:52: einfach mal gönnt, die Zeit vergehen zu lassen und nicht ständig irgendwelchen To-Do-Listen noch
00:10:59: nachrennt, es hat auch zu tun gehabt mit dem verlängerten Wochenende, in der Schweiz wurde ja
00:11:04: der 1. August als Nationalfeiertag am Freitag gefeiert, da konnte ich ganz vieles zu Hause schon
00:11:10: erledigen und der 1. August, das ist der Tag, wo wir die Einführung der Zölle feiern, oder?
00:11:16: Ja, oh Gott, das wär ein anderes Thema, genau, genau, ne, aber das lassen wir jetzt. Aber Manu,
00:11:23: das ist ja eigentlich, weil das ja jetzt schon eine super Überleitung zu unserem Thema der
00:11:28: Woche, wo wir über Arbeit sprechen werden, darüber, wofür es sich lohnt, aufzustehen und
00:11:33: du hast schon Checklisten und To-Do-Listen und so erwähnt, aber lasst mich noch kurz mein
00:11:39: Halleluja anbringen, ich hab dir letzte Woche erzählt, wie sehr ich mich auf Molo freue,
00:11:44: mein Hund, den endlich wieder bei mir zu haben, das war auch wirklich sehr erfreulich, was auch
00:11:50: ganz ganz toll war, war meine Eltern wieder zu sehen, Freunde zu treffen am 1. August beim
00:11:56: Abbüro bei mir zu Hause und ich hab wirklich so gedacht, ja Urlaub ist toll, aber es ist auch
00:12:01: wunderschön, wieder zu Hause zu sein und dieses Zuhause wirklich so zu erleben, dass es halt dort
00:12:07: ist, wo meine Leute sind, also die Leute, die meine Freunde sind, auf die ich mich wirklich gefreut
00:12:15: habe und so gedacht habe, ja, ja, es war ganz nett auf der Insel, aber es ist wirklich gut, wieder
00:12:21: zurück zu sein. Ja, das ist doch, also das führt uns ja wirklich zum, dann auch zum Thema heute,
00:12:29: weil das ist ja auch ein Geschenk, wenn man nach dem Urlaub sich doch irgendwie freuen kann auf
00:12:36: den Alltag, inklusive natürlich auch Freunde und familiäre Umgebung und so weiter, aber auch
00:12:42: inklusive Arbeit, wenn man sagt, es war jetzt richtig schön und manchmal, wenn es so richtig,
00:12:48: richtig schön war, dann habe ich auch so das Gefühl, ich könnte jetzt gut noch ein, zwei Wochen
00:12:52: dranhängen, aber es ist, es ist dann doch auch jetzt keine Strafe, sich wieder in den Alltag hinein
00:13:01: zu begeben, sondern man hat dann doch auch in normalen Leben vieles, was einem Sinn und Erfüllung
00:13:09: gibt und das ist ja schon ein, auch ein Privileg, ja, ja und wir sind wirklich schon mitten drin beim
00:13:16: Thema der Woche, dann lass uns damit anfangen. Ja man, das Thema der Woche, wo für stehen wir
00:13:27: morgens auf? Wir haben uns für dieses Thema entschieden an besagtem Samstagabend und es war
00:13:34: eigentlich schon fast früher Sonntagmorgen, als wir über die Arbeit gesprochen haben, du hast
00:13:39: ja eine Woche vor mir wieder angefangen, also mindestens so halb wieder angefangen zu arbeiten
00:13:46: und hast einen Einstieg schon hinter dir gehabt, ich hatte ihn da noch vor mir und wir haben uns
00:13:54: gefragt, ja freuen wir uns eigentlich wieder los zu legen, ist das etwas Gutes und wir haben
00:13:59: festgestellt, ja insgesamt arbeiten wir beide schon sehr gerne. Jetzt habe ich mal ein bisschen
00:14:05: nachgeschaut, es gibt so eine State of the Global Workplace-Untersuchung von 2025 und das sind
00:14:13: nur 45% der Befragten wirklich zufrieden mit ihrem Job, 90% aller Befragten haben keine stärkere
00:14:22: oder überhaupt vorhandene emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber, zu ihrer Arbeitgeberin und
00:14:29: vier von zehn Personen würden eigentlich gerne den Job wechseln. Was läuft da schief? Es ist schon
00:14:37: krass, also vor allem auch diese hohe Prozentzahl von Arbeitnehmer*innen, die sich mit ihrem Arbeitgeber
00:14:48: emotional irgendwie nicht verbunden fühlen, ja da müssten wir jetzt in Diskussion gehen, da gibt es,
00:14:55: ich glaube, es gibt ganz viele Faktoren, die dazu beitragen, dass man sich bei seiner Arbeit so
00:15:02: richtig wohl fühlt und sich freut oder auch das Gefühl hat, bei allem, was es immer auch zu
00:15:08: durchkämpfen gibt und bei allem, was die Arbeit auch abwirft, wo man sich jetzt nicht unbedingt
00:15:13: darauf freut und das bringt man einfach hinter sich, ich kenne keinen Job, der nicht solche Teile
00:15:18: beinhaltet, aber dass man dann doch sagt, ja ich mache das eigentlich gerne oder das gibt mir
00:15:28: ein Stück Sinn im Leben zurück oder ich habe auch einen, ich glaube daran liegt auch ganz viel,
00:15:33: ich habe so ein Stück Selbstwirksamkeitserfahrung bei der Arbeit, ich habe das Gefühl, ich kann
00:15:39: irgendwie etwas bewegen oder ich trage etwas bei im großen Sinne zum Wohl der Gesellschaft oder
00:15:49: schon nur zur Zufriedenheit der Kunden und Besucher und so weiter, je nachdem, wo man arbeitet. Und
00:15:57: wenn das erodiert oder wenn zum Beispiel der Leistungsdruck enorm steigt oder die auch die
00:16:05: Teamatmosphäre sich massiv verschlechtert, dann wird es wirklich zur Qual, sich aus dem Bett
00:16:13: zu kämpfen und eine neue Woche zu beginnen und es gibt offenbar erschreckend viele Menschen,
00:16:19: die aus diesen und anderen Gründen eigentlich fürs Wochenende leben. Ja, ich habe dann auch
00:16:27: nachgeschaut bei dieser Studie, was sind denn die Faktoren, die sich die Befragten wünschen würden
00:16:33: und da werden Themen genannt wie flexible Arbeitszeiten, eine sinnstiftende Tätigkeit,
00:16:39: Respekt und Perspektiven für die eigene berufliche Entwicklung. Ich finde das alles natürlich nicht
00:16:47: falsch, ich kann das nachvollziehen, gerade flexible Arbeitszeiten sind für Menschen,
00:16:52: die ihre Arbeit irgendwie noch mit einem Privatleben und einer Freizeit und vor allem
00:16:58: einer Familie vereinbaren wollen, natürlich total wichtig. Die sinnstiftende Tätigkeit,
00:17:03: die genannt wird, ist wahrscheinlich für ganz viele Menschen nicht so selbstverständlich gegeben,
00:17:10: nämlich mal an, wie das jetzt für uns ist in einem Beruf, wo wir selbst ganz viel wählen können,
00:17:16: wo wir mitbestimmen können, was wir tun wollen und dann der Respekt, den man am Arbeitsplatz
00:17:23: bekommt und persönliche Perspektiven, das mag alles wichtig sein. Ich selbst merke aber,
00:17:28: mir würde das jetzt nicht genügen. Also für mich sind das noch nicht die Essentials, die da
00:17:35: genannt werden. Ich finde das alles gute Punkte, aber für mich hat das ganz viel zu tun mit diesem
00:17:41: letzten Punkt, den du angesprochen hast, mit dem Team. Also für mich ist so, ich könnte mir auch
00:17:48: wirklich vorstellen, einer Arbeit nachzugehen, die ich jetzt nicht an und für sich mega sinnvoll
00:17:55: finde, aber das in einem Team zu tun, wo man sagt, wir wollen etwas erreichen, was wir alleine nicht
00:18:01: hinkriegen, wir probieren etwas ganz Neues aus, wir wollen zusammen Erfolge feiern,
00:18:07: gemeinsam Probleme lösen, etwas Neues lernen, so. Ich glaube, das wäre für mich ein Antrieb,
00:18:14: der ganz ganz vieles Wett machen könnte. Also auch wenn ich dann keine Superperspektiven hätte
00:18:21: und auch wenn ich nicht sagen könnte, das ist jetzt in einem absoluten Sinn mega sinnvoll,
00:18:27: was wir da tun und ich hätte vielleicht gar nicht flexible Arbeitszeiten oder so flexible
00:18:32: Arbeitszeiten, dass es aufzehren wäre, dann wäre das trotzdem immer noch sehr verlockend für mich.
00:18:37: Ja, also ich kann da eigentlich mitgehen, ich habe mich jetzt gerade gefragt, wie wäre das, wenn du
00:18:43: jetzt in der Marketingabteilung von Marlboro arbeiten würdest mit einem hoch motivierten,
00:18:48: innovativen Team, dass wirklich jetzt versucht diese Zigarettenmarke oder diesen Tabakproduzenten
00:18:55: nochmal ganz nach vorne zu bringen, wäre dann die Tatsache, dass man vielleicht zum Wohl der
00:19:03: Menschheit nicht allzu viel beiträgt oder zumindest ein Produkt hat, das gesundheitlich auch hoch
00:19:11: problematische Seiten hat, wäre das dann nicht, würde das deine Motivation nicht unterlaufen,
00:19:18: solange man mit einem hoch begeisterten innovativen Team unterwegs ist. Ja, das ist eine berechtigte
00:19:26: Frage, ich glaube schon, dass das ein Fetthamminuspunkt wäre. Also ich möchte keine Tabakprodukte
00:19:32: helfen zu verkaufen, das wäre schon so und trotzdem glaube ich, wenn ich jetzt wählen müsste, ich
00:19:39: arbeite in einem Projekt mit, das mega nachhaltig ist und ganz ganz tolle Absichten hat, aber es
00:19:49: ist langweilig, das Team ist uninspiriert, es ist so eine abgelöschte Stimmung oder dann die
00:19:57: Tabakprodukte, dann wäre ich zweiteres. Ja, also das sind wir natürlich mittendrin, ich glaube auch,
00:20:04: dass wenn man heute auch von toxischen Arbeitsverhältnissen spricht, dass der Begriff hat sich ja auch
00:20:11: in der Arbeitswelt etabliert, dass man toxische Verhältnisse, toxische Arbeitsbedingungen benennt
00:20:19: und so und ich glaube, fast alle Kennzeichen einer toxischen Arbeitsumgebung haben auch zu tun,
00:20:27: mit den Menschen, mit denen man diese Arbeit tut, also was alle Kennzeichen toxischer Arbeitsbedingungen
00:20:35: haben zu tun, zum Beispiel mit fehlender Anerkennung, fehlender Wertschätzung, mit einem Konkurrenzdruck,
00:20:42: wo man sich gegenseitig eigentlich keinen Erfolg gönnt, weil man so Ellenbogen mäßig unterwegs
00:20:50: ist und versucht, irgendwie sich in der Hackordnung nach oben zu arbeiten und dann irgendwann merkt,
00:20:55: wie unglaublich anstrengend und auszehrend, das ist natürlich konfliktträchtige Team-Situationen,
00:21:02: in denen Mobbing stattfindet oder man hinten rum verleumdet wird und so weiter. Ich glaube,
00:21:08: diese zwischenmenschlichen Geschichten haben das größte Potenzial, selbst bei einer an sich
00:21:16: enorm sinnstiftenden und erfüllenden Aufgabenstellung jegliche Motivation auszusaugen und am Montagmorgen
00:21:26: wirklich sich dreimal den Wecker aufs Nuss zu stellen und sich zu wünschen, es wäre doch schon
00:21:32: wieder Freitag-Nachmittag. Also das kann ich sehr gut nachvollziehen, als jemand, der das Vorrecht
00:21:40: hatte, eigentlich in seinem ganzen bisherigen Arbeitsleben. Ich konnte immer mit Teams unterwegs
00:21:49: sein oder in Teams arbeiten, die eine sehr, sehr hohe Identifikation mit der Arbeit mitbrachten und
00:21:56: einen sehr, sehr hohen Zusammenhalt sicher nicht konfliktfrei. Also ich kenne auch Zeiten aus allen
00:22:03: Arbeitskontexten, in denen ich bisher gearbeitet habe, Zeiten, in denen es wirklich auch substanzielle
00:22:11: Konflikte gab. Da muss ich sagen, die haben mir dann auch zu schaffen gemacht. Also da kann es dann
00:22:17: wirklich auch mal sein, dass man dann am Montagmorgen sich richtig aufraffen muss, weil man nicht weiß,
00:22:23: was wartet da auf mich oder weil man vielleicht Gespräche abgemacht hat, konfliktreiche,
00:22:30: spannungsvolle Gespräche, deren Ausgang man noch nicht kennt. Also ich kenne das schon auch, wenn
00:22:37: in Teams Spannungssituationen und Konflikte dann die Arbeitsmotivation unterlaufen. Also und das
00:22:45: hat aber dann alles eigentlich mit dem Produkt und mit dem, was man herstellt oder wofür man arbeitet,
00:22:52: noch gar nicht so direkt zu tun, weißt du? Ja, das finde ich aber auch. Ich bin sogar, man könnte den
00:22:58: Spieß drehen und sagen, das Allerschlimmste, was es geben kann, ist eine an sich sinnvolle Arbeit mit
00:23:08: einem herren Ziel in einem katastrophalen Team. Aber dann hast du quasi immer so dieses Selbstverständnis,
00:23:16: wir sind die Guten und wir machen das Richtige und du schluckst dann eigentlich alles, jede Kröte,
00:23:23: die du eigentlich gar nicht schlucken wirst, weil du denkst, ja, ich mache das ja für ein höheres
00:23:29: Gut, für eine Sache, die wichtiger ist, als mein Wohlbefinden. Im Gegenteil, wenn du jetzt für die
00:23:34: Zigarettenindustrie arbeitest, kannst du sagen, ja gut, das war ja nie so gemeint, dass ich hier
00:23:40: meinen Lebenssinn erfülle, ich habe vielleicht was nebendran, wo ich das mache oder ich kann mir
00:23:46: auch was anderes suchen. Und ich glaube, das ist schon eine hohe Anfälligkeit, die kirchliche
00:23:51: Berufe haben, dass man ja eigentlich das Gefühl hat, hey, wir arbeiten hier alle an der großen,
00:23:56: guten Sache mit und dann merkt, dass es da manchmal menschliche Abgründe gibt und Teams,
00:24:02: die gar nicht funktionieren und viel Neid herrscht und Misskunft und Bürokratie, die man dann
00:24:08: vielleicht viel schlechter erträgt, weil man ja das Gefühl hat, man spielt im richtigen Team.
00:24:12: Ja, ja, sehr gute Beobachtung und dazu kommt jetzt noch meine Erfahrung im freikirchischen
00:24:19: Milieu, die sich sicher auch auf viele NGOs übertragen lässt, dass oft auch das Lohnniveau
00:24:28: sehr tief ist und das Commitment sehr hoch, dass man von Leuten eigentlich erwartet, wirklich so
00:24:35: nach dem Motor alles für den Herrn nicht auf Überstunden groß zu achten und auch wirklich
00:24:41: dann durchzuziehen und wenn Arbeit ansteht, dann macht man Nachtschicht und so weiter und da ist
00:24:47: man dann in einem Team mit Menschen, die so habe ich das damals auch erlebt, eigentlich fast
00:24:53: alles High Potentials, die jetzt in der freien Marktwirtschaft wahrscheinlich stattliche Löhne
00:25:00: verdienen würden und die sich im Marketing oder wo auch immer absolut durchschlagen würden und die
00:25:07: verzichten dann auf ganz vieles und arbeiten zu Hungerlöhnen oder zu Mindestlöhnen in einer
00:25:14: Kirche oder auch, ich kenne auch Leute in humanitären Organisationen, die, ich weiß von einer
00:25:23: humanitären Organisation, da bin ich befreundet mit der Verwaltungsratspräsidentin und die
00:25:30: haben einen neuen CEO gesucht und da haben sich super Leute beworben und haben dann nach dem Lohn
00:25:37: gefragt und dann haben die ihnen gesagt, was sie als CEO dieser Hilfsorganisation verdienen würden
00:25:43: und dann hat er gesagt, ja aber meine Sekretärin verdient mehr als das, was ihr mir jetzt hier
00:25:48: in Aussicht stellt und die Leute nehmen teilweise und das ist ja auch bemerkenswert, die nehmen
00:25:55: diese Jobs dann trotzdem an, also die haben wirklich dann einen CEO verpflichtet, der ein
00:26:01: Vielfaches verdient hat in einem Marktwirtschaftenunternehmen und so überzeugt war, dass hier
00:26:08: in humanitären Krisen Menschen geholfen wird, dass er auf diese Lohn ein Busse verzichtet hat,
00:26:14: aber wenn du dann mit diesem Opfer, mit diesem Verzicht in einem Team arbeitest, indem es kriselt
00:26:21: und in dem Konflikte und Intrigen und Misskunst und so weiter aufkommt, ich meine, dann ist der
00:26:28: Frust irgendwie doppelt, weil du denkst ja, ich habe hier ein großes Opfer bezahlt und ich gebe
00:26:34: hier ein Wahnsinns-Commitment und jetzt, jetzt ist auch noch die Stimmung scheiße und die Leute
00:26:40: sind undankbar und ich kriege da unfaire Kritik und weiß nicht, was, dann kann es doppelt
00:26:46: demoralisierend sein, dass du dann denkst ja, gut, dann eben, dann gehe ich doch lieber zum
00:26:50: Mahlbüro, verkaufe Zigaretten und verdiene wenigstens anständig so, also das, ja, ja, das kann
00:26:56: ich, das kann ich verstehen. Ich meine, man könnte ja auch ganz ketzerisch fragen, ist es denn überhaupt
00:27:00: ein Problem, dass 90 Prozent der Mitarbeitenden keine starke emotionale Bindung an den Arbeitgeber
00:27:09: haben? Man könnte ja auch sagen, nein, das ist eigentlich Teil eines emanzipatorischen
00:27:15: Selbstverständnisses, dass Arbeiterinnen und Arbeiter haben, dass sie sagen, ja, da verdiene
00:27:21: ich mein Brot, aber das ist gerade nicht mein Leben. Es könnte ja eine ganz gesunde Differenzierung sein,
00:27:27: zu sagen, ich muss nicht in meinen Beruf aufgehen, sondern ich habe einen Beruf, in dem verdiene
00:27:35: ich das Geld, was ich brauche, um zu leben, aber mein Leben findet primär woanders statt.
00:27:41: Ja, ja, da, ich finde das ein guten Gedanken und ich, aber ich würde gerne, kann ich,
00:27:47: kann ich den so ein bisschen historisch herleiten, weil ich glaube, ja, mach das mal. Also ich habe
00:27:52: das Gefühl, dieser Impuls sich abzugrenzen und sagen Leute, also ich lebe nicht für meinen
00:28:01: Arbeitgeber und ich muss mir nicht das Logo meines meiner Firma auf die Brust tätowieren lassen. Ich
00:28:10: habe auch noch anderes im Leben, was wichtig ist, das ist übrigens auch doch etwas, was man dieser
00:28:15: Generation Z und diesen Millennials so nachsagt, dass die jetzt eben, man spricht dann von der, vom
00:28:22: Entitlement, vom Anspruchstenken, dass die Leute sagen, ja, so ich will hier Teilzeit und ich
00:28:29: will Freiheiten und Arbeit ist dann nicht alles und überstunden, na ja, also die dann sofort mit
00:28:35: Mental Health und weiß ich was und Work-Life Balance kommen, das ist aber doch schon, also diese,
00:28:40: diese Haltung ist schon eine Reaktion auf eine Geschichte im, im Verhältnis des Menschen zu
00:28:49: Arbeit. Wenn ich das jetzt ganz kurz skizzieren würde, könnte man sagen, auf weiten Strecken in der
00:28:57: Geschichte der Menschheit hat von einer aristokratischen Oberschicht abgesehen, in der quasi die Mousse
00:29:04: der Müßigang und so gepflegt wurde, hat die Bevölkerung ziemlich hart geschuftet, ziemlich
00:29:10: hart gearbeitet, um sein Brot zu verdienen und dann sind wir in der Neuzeit oder an der Schwelle
00:29:17: zur Neuzeit, wurde ja in der Reformationszeit die Arbeit ganz, ganz wesentlich aufgewertet,
00:29:23: also Martin Luther, auf ihn geht meines Wissens auch die Bezeichnung der Arbeit als Beruf zurück,
00:29:30: was eine Kurzform von Berufung ist und im reformatorischen Sinne wurde ja eben dann nicht
00:29:38: nur der Mönchsstand und der, der geistlichen Stand als Berufung anerkannt, sondern wurde eben
00:29:44: diese Idee der Berufung eigentlich säkularisiert und man hat gesagt, du kannst auch als Mutter und
00:29:51: als Bauer und als Bäcker und als Gerber und was auch immer, kannst du deine Berufung finden und
00:29:58: das für den Herrn zur Ehre Gottes deine Arbeit gut und richtig machen und das hat ja das Arbeitsethos
00:30:06: der Neuzeit ganz, ganz wesentlich mitgeprägt, dass man eben in seinem Job auch immer stärker auch
00:30:14: eine Quelle von, von religiös ausgedrückt, von Berufung und Sinn Stiftung gefunden hat und dann
00:30:21: in der Neuzeit auch sehr stark von, von Identität und Selbstverwirklichung, ich kann im Beruf meine
00:30:28: Begabungen einsetzen, ich kann hier zeigen, dass ich einen Unterschied machen kann mit meiner
00:30:34: Persönlichkeit und meinen Kompetenzen und so weiter und der Beruf wurde auch in der jüngeren
00:30:42: Neuzeit immer stärker aufgeladen als eine Quelle der Sinn Stiftung und der Identität und diese
00:30:50: Aufladung kann dann soweit gehen, dass Leute völlig aufgehen in ihrem Beruf und völlig ihre
00:30:57: ganze Identität eigentlich in ihrer Arbeit suchen, Stichwort Workaholic und dann Stichwort auch
00:31:03: Burnout Strukturen, Menschen, die sich so überidentifizieren mit ihrer Arbeit oder sich
00:31:10: so unter Druck setzen lassen, dass ihr ganzes Leben und auch dann ihr Schlaf und ihre Gesundheit
00:31:17: aufgezehrt wird von diesem Leistungsdruck am Arbeitsort und das, was du jetzt eingebracht
00:31:23: hast, Leute, die sich dann abgrenzen, ich würde das verstehen, schon als eine quasi in zweiter
00:31:29: Instanz ein Versuch, sich dieser Übergriffigkeit der Arbeit auch zu verwähren und zu sagen Leute,
00:31:39: es gibt auch noch ein Leben jenseits der Arbeitszeit so. Ja, ich finde das ist sehr interessant im
00:31:48: Blick so auf die biblische Haltung zur Arbeit oder? Also Arbeit ist ja etwas, was wirklich schon zur
00:31:56: Geschöpflichkeit des Menschen gehört, der Mensch wird in die Welt hineingestellt und soll sie
00:32:01: bebauern und bewahren. Das ist eigentlich die Ausgangslage, also Arbeit ist ja schon ziemlich früh,
00:32:08: ja, popt das auf und wir haben einen Auftrag, eine Beauftragung, wenn man so will und gleichzeitig
00:32:17: oder ein bisschen nachgelagert, nämlich nach dem Sündenfall, kommt dann die mühselige Arbeit auf,
00:32:25: also im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen und das zeigt dann die Seite von Arbeit,
00:32:34: die nicht einfach zu dem gehört, was wir natürlich tun oder wo wir in einer Komfortzone sind,
00:32:40: sondern das, was anstrengend ist. Und trotzdem ist ja alles, also beides diese schöpfungsmäßige
00:32:47: Beauftragung, alles auch die Anerkennung, dass Arbeit mühsam sein kann, ist ja noch mal eingebettet
00:32:54: in die Idee, dass das Ziel des Menschen und das Ziel der ganzen Schöpfung eigentlich ja nicht auf
00:33:00: der Arbeit liegt, sondern auf dem Sabbat. Also Gott selbst ist ja dort eigentlich wie eine Art
00:33:08: Vorbild, also nachdem er die ganze Welt geschaffen hat, ruht er am siebten Tag und auch der Mensch
00:33:17: soll ruhen am siebten Tag und ich glaube, ich glaube schon, dass wir darin eigentlich eine
00:33:23: ganz wichtige Intuition verpackt haben in dieser mythologischen Beschreibung, weil ich glaube,
00:33:30: dass diese Arbeit, die uns irgendwo entfremdet von uns selbst in einer ganz fiesen Art und Weise
00:33:39: gesteigert haben im letzten Jahrhundert. Nämlich wird man sagen, es gab eine Zeit, da wurden Arbeiterinnen
00:33:45: und Arbeiter ausgebäutet, also diese Fließbandarbeit, die Fabrik, wo um Arbeiterrecht
00:33:55: gekämpft worden ist, um Versicherungen, die sie haben sollen, um eine Existenzsicherung,
00:33:57: die mitgegeben werden soll. Und ganz viele dieser einfacheren Arbeiten, die wurden wegrationalisiert,
00:34:05: die wurden durch Maschinen ersetzt, durch Computer ersetzt. Und was geblieben ist, sind eher komplexe
00:34:11: Problemlösungsvorgänge, Kundenkontakte, Dienstleistungen, die wahnsinnig gewachsen sind,
00:34:18: also von Industrie hin zur Dienstleistung. Und deswegen ist fast alles, was ein Mensch tut heute,
00:34:23: ist ein Projekt. Ja. Und fast alles, was er tut, ist nicht eine Mitteilung, sondern ein Meeting.
00:34:30: Und er selbst ist nicht ein Arbeiter oder eine Arbeiterin, die jetzt diesen oder jeden Dienst
00:34:38: verrichtet, sondern wir sind eigentlich alle Projektmanagerinnen und Projektmanager und tragen
00:34:44: Verantwortung für diese Projekte. Und die kriegen alle ganz coole, hochtraben der englische Namen,
00:34:52: die uns total in eine Verantwortung nehmen für etwas. Und das kann ja eine sehr befriedigende
00:34:59: Seite haben, aber auf der anderen Seite kann es eben auch aufzehrend sein, so dass wir wirklich
00:35:05: darin geschluckt werden, und zwar geschluckt werden in einem Projekt, das ja gar nicht unbedingt
00:35:10: unser Projekt ist. Also dass wir das vielleicht gar nicht so machen würden, wie es organisiert ist.
00:35:18: Und trotzdem heißt das Projekt und man hat diese Verantwortung dafür. Und jetzt zusammengenommen
00:35:25: mit den flexiblen Arbeitszeiten, mit den technologischen Möglichkeiten von Erreichbarkeit etc.,
00:35:33: egal ob das jetzt in einem Betrieb ist, wo du in einem Schichtbetrieb einspringen musst für
00:35:38: jemanden oder ob das in einem Betrieb ist, der jetzt eher dienstleistungsorientiert ist, wo man
00:35:43: irgendwie schon die Erwartung hegt, dass du ständig erreichbar bist und reagierst, mindestens
00:35:49: wenn es wichtig ist etc., führt das schon dazu, dass eigentlich diese große Ruhepause wegfällt.
00:35:54: Also wir haben quasi im Angesicht, also im Schweiße deines Angesichts verdienst du dein Brot,
00:36:02: das ist immer noch wahr. Es gibt einfach sehr wenig Pause und es ist gar nicht unbedingt sicher,
00:36:10: ob das, was man tut, dann wirklich als etwas erlebt wird, was damit zu tun hat,
00:36:18: wer ich eigentlich sein will und wer ich bin. Ja, ich finde das sehr spannend, jetzt auch,
00:36:24: wie du das biblisch hergeleitet hast, weil was mir jetzt, als du auf die Schöpfungsgeschichte
00:36:31: oder die ersten Kapitel der Bibel bezugenommen hast, was mir so eingeleuchtet hat, das sind ja auch,
00:36:37: eigentlich sind da ja auch ganz, ganz entscheidende anthropologische Aussagen mit verbaut, also Aussagen
00:36:45: über das Wesen des Menschen. Also am Anfang, Gott erschafft diese Welt und dann schafft er den
00:36:51: Menschen zu seinem Ebenbild und ein, zumindest ein Kennzeichen dieser Gott-Ebenbildlichkeit des
00:36:59: Menschen, ist ja, dass er als Repräsentant Gottes auf dieser Erde beauftragt wird, die Erde zu
00:37:07: gestalten, zu zivilisieren, die Menschheit, die Gemeinschaft zu gestalten, Dinge aufzubauen
00:37:16: und so weiter. Und das beginnt ja auch dann gerade in der Urgeschichte, der Mensch beginnt quasi mit
00:37:22: diesem, mit diesem Auftrag, den er von Gott bekommt und das, ich würde sagen, das sagt ja auch etwas
00:37:30: aus zu was Menschen verdrahtet sind. Also wenn man jetzt die Schöpfungsgeschichte liest und diesen
00:37:36: sogenannten Herrschaftsauftrag Gottes an den Menschen, dann kann man doch sich des Eindrucks
00:37:43: nicht erwehren, dass der Mensch irgendwie verkabelt ist in dieser Welt, etwas zu gestalten,
00:37:50: etwas zu bewirken, etwas zu bewegen. Und dass auch diese Angst, wenn man den Menschen nicht
00:37:57: knächtet oder unter Vertrag nimmt, wenn man ihn nicht durch Zeitschalt, Uhren und Stempel vor
00:38:04: Richtungen zum Arbeiten bringt, dann, genau, dann, dann liegt er faul unter dem Baum und verrottet
00:38:13: langsam und wenn man nicht Systeme schafft, die möglichst missbrauchsabgesichert sind,
00:38:18: dann wird der Mensch immer eine Lücke finden, um das System zu unterlaufen und so. Und das eigentlich
00:38:25: könnte man sagen, schon in der Schöpfungsgeschichte finden wir eigentlich Gründe gegen eine solche
00:38:32: Sicht des Menschen. Der Mensch ist gemacht und verkabelt dafür, etwas zu bewegen. Und dann
00:38:38: gleichzeitig, was du mit dem Sabbat gesagt hast, das fand ich auch spannend, weil es dann doch auch
00:38:42: deutlich macht, es gibt etwas, was den Menschen auszeichnet, was auch über diese Gestaltungslogik
00:38:50: noch einmal hinausgeht oder über diese. Es ist ja dann doch, also ich glaube nicht, dass man den
00:38:56: Sabbat biblisch so interpretieren sollte. Gott erlegt den Menschen einen Ruhetag auf, um damit
00:39:05: er sich erholen kann und seine volle Leistung am Montag wieder bringt. Also ich glaube nicht,
00:39:10: dass man den Sabbat diese Verwertungslogik integrieren sollte, sondern der Sabbat ist
00:39:16: quasi eine Demonstration, dass ich zwar berufen und bestimmt und begabt und befähigt bin,
00:39:23: in dieser Welt etwas zu bewegen und etwas zu gestalten, dass aber mein Mensch sein nicht
00:39:29: aufgeht in dieser Wirkung, weißt du? Ja, vielleicht sogar, dass der höhere Sinn gar nicht in der Arbeit
00:39:39: selbst liegt, sondern im Sabbat, den die Arbeit überhaupt erst ermöglicht. Also der Ruhetag
00:39:48: nicht das ist, was dazu dient, dann am Montag wieder loszulegen, sondern dass der Ruhetag
00:39:53: der Tag ist, an dem ich mir und Gott und mein nächsten mehr gehöre als sonst, wo ich vielleicht
00:40:02: verbundener bin mit der Welt als nur durch die Arbeit. Und ich meine, da muss man auch ein bisschen
00:40:08: aufpassen, oder wenn man schaut, der Mensch wird in die Welt hineingestellt, um sie zu
00:40:12: bebauern und zu bewahren, dann hat man da das Bild des Bauern der Bäuerin, würde ich sagen,
00:40:18: das ist so ein Bild, das sofort aufkommt. Und die sind in einem Jahreskreislauf in die ganze
00:40:25: Herstellung und Verwertungskette von Produkten eingebunden und begleiten das alles mit. Das
00:40:32: gibt es heute vielleicht noch in genau einem Beruf, ich habe ein Buch gelesen über Wein
00:40:37: in den Ferien und da gibt es das tatsächlich noch, dass eine Person theoretisch für Anbau,
00:40:45: Herstellung, Vermarktung eines bestimmten Weins ganz zuständig sein kann. Das gibt es dann
00:40:53: noch. Es ist natürlich auch nicht mehr häufig und es ist meistens nicht der Wein, den wir
00:40:56: dann trinken, aber es wäre noch möglich. Aber wenn du dir anschaust in den anderen
00:41:02: Berufen, haben wir eine solche Spezialisierung, dass kaum mehr jemand diese ganzen Schritte
00:41:08: mitmacht in einer Produktion, sondern wir sind alle eigentlich wie kleine Zahnräder,
00:41:14: die ineinandergreifen und etwas tun, was vielleicht in sich selbst dann noch gar nicht
00:41:19: das große Ganze, das schöpferische, das Tolle zum Ausdruck bringt, sondern das wäre ja
00:41:25: dann eigentlich das kapitalistische Wirtschaftssystem, dass dieses ineinandergreifen erster
00:41:31: ermöglicht. Und da, glaube ich, sind wir halt manchmal als Arbeiterinnen, Arbeiter, wie
00:41:37: zu weit weg von diesem Produkt oder von der Dienstleistung, die dann wirklich kommt. Ja,
00:41:43: was ich meine, jetzt übertragen auf meinen Beruf ist sofort evident, dass es ganz wichtig
00:41:48: ist, dass Menschen Seelsorge in Anspruch nehmen können. Aber von meinem Beruf und von dem,
00:41:55: was ich tue bis dahin, dass das möglich ist und getan werden kann, dass es diese Dienstleistung
00:42:02: gibt, dass ein Mensch da wirklich ein offenes Ohr findet und eine kompetente Person, die
00:42:08: zuhören kann und das auch für sich behalten kann, ist ein sehr, sehr weiter Weg. Und ich
00:42:14: glaube, das kann manchmal zermürbend sein in einem Arbeitsprozess, dass man eben dieses
00:42:20: große Ganze vielleicht gar nicht unbedingt sieht. Ja, aber ich glaube, da sind wir jetzt
00:42:26: an einem ganz entscheidenden Punkt und der wird ja auch unter dem Stichwort Entfremdung,
00:42:31: du hast das auch schon genannt, den Begriff, wird das ja auch als Problemdiagnose der aktuellen
00:42:38: Arbeitswelt immer wieder betont. Soziologen wie Hartmut Rosa beschreiben ja genau diesen
00:42:45: Vorgang, dass sie sagen, es ist eigentlich diese Verbindung von der eigenen Tätigkeit
00:42:53: zu diesem jetzt biblisch gesagt, zu diesem Auftrag, die Schöpfung zu bebauen und zu
00:42:57: bewahren, zu diesem Auftrag zur Gesellschaft positiv beizutragen. Diese Verbindung ist
00:43:04: in vielen Berufen eigentlich getrennt worden oder ist um so viele Ecken, erfolgt um so
00:43:11: viele Ecken, dass man eigentlich bei vielen Tätigkeiten gar nicht mehr weiß, ja, was
00:43:16: ist denn jetzt inwiefern, ist das, was ich jetzt mache, womit ich meine Arbeitswoche
00:43:22: verbringe, noch irgendwie als Beitrag zu lesen zum Fortschritt dieser Gesellschaft oder
00:43:29: sogar zur Verbesserung dieser Welt. Ich mache hier irgendetwas, ich bin irgendwie in den
00:43:35: Tiefen der IT beschäftigt mit irgendwelchen Programms, Troubleshootings oder ich bin irgendwo
00:43:43: in einer Fertigungskette. Wo ist denn jetzt noch mein Beitrag und witzigerweise, das führt
00:43:51: mich jetzt zu diesem Buch von David Graber, über das ich dir auch schon oft erzählt habe,
00:43:55: wir haben das, glaube ich, auch schon gestreift in einer ausgeglaubten Folge, aber David Graber
00:44:00: hat ja dieses Buch Bullshit Jobs geschrieben, das aus einem Artikel, ich glaube im New Yorker
00:44:07: oder so, hatte ein Artikel geschrieben und hat aufgerufen dazu, er hat zu diesem Verdacht
00:44:14: geäußert, dass es immer mehr Menschen gibt, die in Jobs arbeiten, die sie eigentlich selber
00:44:21: als Bullshit Jobs kategorisieren würden, in dem Sinne, dass sie sagen, das bringt eigentlich
00:44:27: keinem was, das verbessert diese Welt nicht oder sogar den Verdacht hegen, es könnte
00:44:33: sein, dass diese Welt besser wäre, wenn es meinen Job nicht gäbe so. Und dann hat er
00:44:38: in diesem Artikel, hat er dieses Phänomen beschrieben und dazu aufgerufen, Leute sollen
00:44:43: sich doch bei ihm anonym auch melden, wenn sie den Eindruck hätten, sie würden einen
00:44:49: Bullshit Job ausführen und das hat zu einer Flut an Rückmeldungen geführt und ihn dann
00:44:55: dazu veranlasst, dieses Buch Bullshit Jobs zu schreiben und das weiter auszuführen und
00:45:01: das Faszinierende an dem Buch ist eigentlich, dass er sagt, er hätte die allermeisten Rückmeldungen,
00:45:09: hätte er gekriegt, aus hochbezahlten Berufen im mittleren Management in Banken, Versicherungen,
00:45:18: Verwaltungsapparaten usw. Da haben ihm Leute geschrieben, die 200, 300, 500.000 Dollar
00:45:27: im Jahr verdienen und haben ihm bekannt, dass sie eigentlich überzeugt sind, dass ihre
00:45:33: Arbeit eigentlich nicht, dass es ihre Arbeit nicht braucht, dass sie nichts zur Verbesserung
00:45:41: der Gesellschaft leisten oder sogar ein Stück weit kranke Systeme nur noch kranker machen
00:45:48: mit ihrer Arbeit. Und das war eine ganz ernüchternde Beobachtung, aber auch faszinierende hat gesagt,
00:45:54: er hätte kaum Rückmeldungen von Menschen in der Pflege, vom Pflegepädagogik bekommen,
00:46:01: kaum Rückmeldungen, auch nicht von Handwerkern, die quasi die, die im Schweiße ihres Angesichts
00:46:09: Straßen bauen, Häuser bauen und so, er hätte fast nur von Dienstleistungsjobs gut bezahlten
00:46:16: Dienstleistungsjobs im mittleren oder oberen Management Leute, die sagen ganz ehrlich Hand
00:46:23: aufs Herz, ich trage eigentlich nichts zur Verbesserung der Verhältnisse bei und die
00:46:30: darunter aber auch leiden. Weißt du, das sind Leute, die dann oft irgendwie Burnout gefährdet
00:46:36: sind oder die wahnsinnig zynisch werden im Blick auf ihre Arbeit und ihren Arbeitgeber,
00:46:42: weil sie genau diese Verbindung verloren haben, die wir jetzt vorhin so theologisch mit dem
00:46:49: Schöpfungsbericht hergeleitet haben. Ja, ich kann mir auch vorstellen, dass es belastend ist,
00:46:55: ich glaube aber, dass es nur ein Teil der Wahrheit ist. Ich glaube, dass Menschen nicht einfach nur
00:47:01: darunter leiden, dass sie sich fragen, ob ihr Job für das große Ganze und den Weltfrieden
00:47:07: und gegen den Welthunger jetzt wirklich den entscheidenden Beitrag leistet, sondern weil
00:47:12: sie feststellen, dass das, was sie tun, eigentlich gar nicht das ist, was aus ihnen herauskommen würde,
00:47:21: nicht das ist, was sie gut können, wofür sie begabt sind. Ich glaube nämlich, dass wir eine
00:47:27: ganz künstliche Unterscheidung eingeführt haben, indem wir zwischen Arbeit und Kunst unterscheiden.
00:47:34: Die Künstlerinnen oder der Künstler, das sind eigentlich diejenigen Leute, die insofern
00:47:41: privilegiert sind, also meistens natürlich gerade nicht monetär privilegiert sind, aber die insofern
00:47:47: privilegiert sind, dass sie etwas ausdrücken können, was mit ihnen zu tun hat, dass sie etwas
00:47:52: tun können, was sie gut können, worin sie eine Kunstfertigkeit haben und mit der sie sich
00:47:57: identifizieren, während Arbeit oft einfach darum geht, zu get a job done. Und es ist eigentlich
00:48:05: nur sekundär, ob das jetzt etwas ist, was dir liegt und es wird auch erwartet, dass du bereit bist,
00:48:12: dich dafür zu verbiegen. Und ich glaube, der bulge Job selbst, der lebt gar nicht unbedingt von den
00:48:19: großen philosophischen Fragen, die man stellen kann, nämlich ob das Unternehmen jetzt etwas produziert,
00:48:25: was das Gute in der Welt mehr hervorbringt oder nicht. Ich glaube, das lebt davon, dass man merkt,
00:48:32: dass ich etwas tu, was mir eigentlich gar nicht liegt, was ich eigentlich gar nicht bin und dass
00:48:39: ich verstecken muss und gerade nicht offen aussprechen kann, dass das so ist. Ich glaube,
00:48:46: das ist die frustrierendste Erfahrung. Weil nehmen wir jetzt mal an, du hast einen Job, wo
00:48:51: du sagst, ehrlich gesagt, so wichtig ist das nicht, was ich hier tue. Aber es macht mir unheimlichen
00:48:58: Spaß. Ich glaube nicht, dass das dann schon ein bulge Job wäre, sondern es wird erst dann zum
00:49:05: bulge Job für dich, wenn du dich ständig fragst, könnte ich mit dieser Lebenszeit nicht etwas
00:49:10: Wertvolleres tun, für mich und für andere. Ja, ich finde das interessant, dieses Stichwort Kunst,
00:49:19: weil David Graber sehr kunstaffin ist und auch den Künstler, glaube ich, auch so als Prototypen
00:49:25: eines Menschen auch nennt, der eben, weil er dieses ganz enge Bewusstsein hat, etwas Eigenständiges
00:49:34: zu schaffen, diese Selbstwirksamkeit, etwas hervorzubringen, was aus ihm herauskommt,
00:49:40: weitestens weg ist vielleicht von dieser Diagnose der bulge Jobs. Ich finde das spannend, ich denke,
00:49:50: man müsste es aber sehr, sehr weit fassen, wenn man jetzt sagt, das ist unbedingt ... Sonst wird
00:49:55: superelitär, oder? Ja, und wenn man das nicht weit fasst, dann hat man so quasi das Bild, ja, es gibt
00:50:00: so die Traumtänzer, die ein bisschen tun können, was sie wollen und sie kriegen auch noch Geld dafür,
00:50:05: aber irgendjemand muss ja auch die Scheißregale einräumen, oder? Also, wenn man so will. Aber ich
00:50:11: denke jetzt dabei in erster Linie, wirklich nicht an das, was wir klassisch mit einem Künstler oder
00:50:16: einer Künstlerin verbinden. Ich habe vor Augen die Empfangsdame bei der Führung im Schloss Granson,
00:50:24: die uns begrüßt hat, perfekt weisprachig, wirklich eine sehr adrette Erscheinung, wo du schon
00:50:32: gemerkt hast, ah, das ist denen aber wichtig, dieses Schloss zu zeigen. Und dann hat sie im Gespräch
00:50:38: Dinge genannt und eine Herzlichkeit, aber auch einen Stolt über dieses Schloss ausgedrückt, wo
00:50:44: ich gedacht habe, ja, das ist ganz, ganz wichtig, dass sie jetzt hier hinter der Theke steht und das
00:50:49: tut. Ja. Und das, das glaube ich, lebt für sie, aber ist jetzt meine Interpretation nicht davon,
00:50:57: dass sie sich fragt, wie wichtig ist es, dass diese vier Nasen jetzt hier eine Stunde lang diese
00:51:03: Führung haben, trägt das etwas zum Weltfrieden oder zum Reich Gottes bei, sondern ich glaube,
00:51:08: dass sie merkt, dass sie das einfach wahnsinnig gut kann. Und dass sie dort eine Resonanzerfahrung
00:51:15: würde jetzt harten Drosser wahrscheinlich sagen, macht, die in sich selbst stimmig ist, ohne dass
00:51:21: das ganz große Ganze immer schon auf dem Schirm sein muss. Ja, ja, das leuchte mir total ein. Man
00:51:29: muss das nicht immer so hart aufladen, dass es dann eben zur Verbesserung der Welt und zum
00:51:36: Weltfrieden insgesamt beitragen muss. Aber es gibt ja auch in dem, was du jetzt beschrieben hast,
00:51:42: gibt es so dieses kreative, gestalterische oder dieses selbstwirksame Moment, dass jemand sagt,
00:51:48: ja, man kann solche Führungen auch monoton machen, man kann das runterlesen, da wird es
00:51:54: keinen Unterschied machen, wenn Leute sich einfach eine App runterladen und dann per Audio
00:51:59: Guide durchlaufen, aber man kann diese Aufgabe auch so ausfüllen und so gestalten, dass es einen
00:52:08: Mehrwert für die Besucher bietet und dass es irgendwie auch, dass ich mit meiner Faszination
00:52:14: für diese Örtlichkeit und so auch mit drin vorkomme. Und ich finde das immer faszinierend,
00:52:22: wenn man Menschen erlebt in Jobs, die man auch sehr viel, die man auch einfach Dienst nach
00:52:31: Vorschrift ausführen könnte und Leute aber diese Aufgabe anreichern mit ihrer Persönlichkeit und
00:52:40: mit einer auch Identifikation mit dem, was sie tun. Also Beispiel Starbucks als Gold-Member
00:52:48: von Starbucks seit 15 Jahren oder bewege ich mich ja öfter in diesen Kaffeehäusern und die
00:52:55: Unterschiede sind frappant. Also ich habe in Basel erlebt, eine Zeit lang haben die und das hat
00:53:01: auch wieder, um den Bogen zu schließen, wieder mit dem Teamgeist und den Mitarbeitern zu tun,
00:53:06: da haben die einen Store Manager gehabt, der war irgendwie komplett am Rand, der war psychisch
00:53:12: völlig am Arsch und hat rumgeschrien und hat Leute niedergemacht, teilweise vor den Kunden,
00:53:20: das war dann auch wirklich schlechte, schlechte Visitenkarte für Starbucks an sich, der hat
00:53:25: wirklich eine unglaubliche Aggressivität und Missgunst verbreitet und die Leute, die auch die
00:53:32: Mitarbeitenden waren völlig eingeschüchtert und das hat die ganze Atmosphäre kaputt gemacht und
00:53:38: nach ihm, der wurde dann gegangen, nehme ich mal an, nach ihm ist eine, ein Store Manager oder eine
00:53:45: Store Managerin gekommen, die hat eine völlig andere Atmosphäre verbreitet und die Leute dort,
00:53:52: die gearbeitet haben, die haben dann eben, die haben, die waren gut drauf, die haben ihren Kunden
00:53:59: einen schönen Tag gewünscht, die haben die schönsten Dinge auf die Cups gemalt, die haben
00:54:04: interagiert mit den Leuten und so und die haben auch unter sich Spaß gemacht, sich mal irgendwie was
00:54:10: zugeworfen oder irgendwie, da hat man gemerkt, die machen das mit Überzeugung und das fasziniert
00:54:17: mich immer, wenn Leute auch solche Arbeiten, die sehr schlecht bezahlt sind und die wahrscheinlich
00:54:24: auch eine gewisse Monotonität irgendwie haben, man lässt jeden Tag irgendwie tausend solche
00:54:30: Kaffees raus, aber wenn Leute das mit Überzeugung tun, das finde ich immer, das fasziniert mich.
00:54:36: Ja und ich glaube aber wirklich auch, dass sie dann was anderes tun, als das Team vorher getan hat,
00:54:43: oder? Weil sie schaffen damit einen Ort, an dem man gerne hingeht und sich wohl fühlt. Ja und das
00:54:49: kann ja in sich selbst eine Erfahrung von Sinn sein, die total ausreicht, um da gerne zu arbeiten,
00:54:56: da hinzugehen, am Morgen aufzustehen. Stimmt und ich würde jetzt einfach einen Gedanken noch
00:55:03: anhängen, um das nicht misszuverstehen, weil ich glaube, es hängt vieles von der Atmosphäre im
00:55:09: Team ab, auch von den Teamleitern, von den Schichtleitern jetzt bei Starbucks zum Beispiel,
00:55:14: aber es hat schon auch mit dem System zu tun. Ich habe dann auch erlebt in meinem Liebling
00:55:20: Starbucks mit sehr motivierten Leuten, die wurden einfach ausgelaubt, weil die permanent
00:55:26: understaffed waren, weil die Überstunden geschoben haben und dann jemand sagt, ich habe seit drei
00:55:33: Wochen keinen freien Tag mehr gehabt, weil ich als Schichtleiter verantwortlich bin, dass der Laden
00:55:39: läuft und dann fallen Leute aus, krankheitsbedingt bei manchen ist man nicht sicher, ob sie einfach
00:55:45: blau machen, weil sie nicht mehr gerne hier arbeiten und dann wurden auch die besten Leute
00:55:51: ausgelaubt durch ein System, das zwar Cafés verkauft für 10 Euro, aber nicht bereit ist,
00:55:59: die Mitarbeiter genügend zu investieren, damit sie ihre Arbeit auch noch fröhlich und ohne
00:56:05: Überlastung machen können. Ja, das finde ich ein super Beispiel, ich meine, man könnte das auch
00:56:09: machen mit dem ganzen Gesundheitswesen, wo du wahrscheinlich haufenweise super intrinsisch
00:56:15: motivierte Menschen hast, die aber in einem System arbeiten müssen, dass sie krank macht und
00:56:21: überlastet, oder ganz häufig. Und da funktioniert es dann auch nicht. Also das ist ganz, ganz wichtig,
00:56:28: das auch vor Augen zu haben. Das sehe ich auch so. Ich glaube, um vielleicht so auf die Zielgerade
00:56:34: zu kommen, ich sehe da schon für Kirche und Kirchgemeinden einfach nochmal eine besondere
00:56:41: Gefahr, weil wir quasi immer so unter diesem Satz stehen, ja das, was wir tun, das ist wirklich
00:56:47: ganz wichtig, weil wir sind ja die Kirche und Zusammenhang mit Reich Gottes und so und da muss
00:56:53: halt jeder sich auch ein bisschen auspauen und anstrengen. Aber ich glaube, dass es wirklich ein
00:56:59: guter Gradmesser ist für uns, ob wir an Orten arbeiten, in denen die Teamkultur so ist, dass
00:57:07: Menschen sich wohlfühlen und gerne hingehen. Weil ich kann mir wirklich beim besten Willen nicht
00:57:12: vorstellen, dass sowas wie das Reich Gottes in die Welt kommen soll unter Bedingungen, in denen
00:57:19: Menschen nicht gerne aufstehen und zur Arbeit gehen. Und ich weiß, dass das jetzt total privilegiert
00:57:25: und verwöhnt klingt, aber ich glaube, dass wir uns da nicht belügen lassen dürfen, als ob es richtig
00:57:34: wäre, dass man einfach leiden muss bei seiner Arbeit, also ob es richtig wäre, dass selbst
00:57:39: entfremdende Arbeit sein soll und man sich einfach immer nur in den Dienst einer großen,
00:57:44: guten Sache stellen soll. Ich glaube, dass das total manipulationsanfällig ist und wir gerade bei
00:57:51: der Kirche, wo wir ja auch, also nicht überall, aber wo wir auch massive Lohnunterschiede haben,
00:57:57: je nachdem, auf welcher Stelle und Funktion du da arbeitest, wo wir Leute haben, die einfach
00:58:05: in ihrem Pflichtenheft eine 52-Stunden-Woche drehen haben und andere, die an Bürozeiten
00:58:12: gebunden sind, etc., dass wir da ganz, ganz besonders wachsam sein müssen und dass es
00:58:17: wirklich ein Lackmus-Test ist für eine gute Kirche, dass die Menschen gerne aufstehen und zur
00:58:25: Arbeit gehen. Ja, ja. Und ich bin froh um diesen Bezug auch zur Kirche oder zur Arbeit in der
00:58:34: Kirche, weil ich finde, das bietet besondere Chancen, aber auch besondere Herausforderungen im
00:58:40: Blick auf die Arbeitsmotivation, gerade für Pfarrpersonen und sonstige verantwortliche Angestellte
00:58:47: in den Kirchgemeinden, auch angesichts von Mitglieder, Schwund und Rückgang von Kirchensteuern
00:58:55: und so weiter, da mit einer Haltung zur Arbeit zu gehen und mit einer Haltung Gottesdienste
00:59:02: auszurichten und Beerdigungen und so weiter, die sich nicht so mitreißen lässt von dieser
00:59:08: Stimmung, ja quasi die Titanic singt und wir sind jetzt noch die letzten, die das, die
00:59:16: Bordplanken schrupfen, sondern, sondern zu sagen, ich, ich, ich diene Gott und den Menschen
00:59:24: mit dem, was ich mache und ich tue das, ich, ich versuche das auch mit einer, mit einer,
00:59:30: mit einer Freude zu tun und auch mit Menschen zusammen und eine, eine Stimmung zu prägen,
00:59:36: die nicht auf Untergang und Rückzug getrimmt ist, sondern die doch diese Inspiration und
00:59:42: diese Kreativität hochhält, die dieser Job ja auch beinhaltet oder möglich macht.
00:59:48: Also ich, ich halte das für eine große Herausforderung und gleichzeitig auch für, für eine wichtige
00:59:54: Chance, weil wenn, wenn wir diese Untergangsstimmung ausstrahlen würden als Kirchenmitarbeiter
01:00:04: und Angestellte, dann tragen wir selber zur Aushöhlung auch der Arbeitsmotivation bei.
01:00:11: Ja, ich meine, die Untergangsstimmung ist das eine und das andere ist halt diese bürokratische
01:00:16: Artitee, oder? Ich, ich finde das immer noch ehrsinnig, dass wir diese Arbeitszeiterfassung
01:00:22: haben in vielen Kirchen. Ja, weil, weil ich eigentlich immer denke, ja, die Kirche hat
01:00:27: das Recht mit mir drüber zu sprechen, was ich tun soll in dieser Kirche, aber eigentlich
01:00:34: stehe ich nicht in einem Mietverhältnis zur Kirche. Also, ja, wir, wir sollten drüber
01:00:40: sprechen, was ich bis wann erledigt haben muss, aber nicht, wann ich an meinem Büro-Tisch
01:00:46: sitzen muss. Das hat irgendwie, passt das sogar nicht dazu. Und ich finde aber, dass
01:00:51: wir da wirklich oft versuchen, die noch strengeren und noch besseren Kantonsangestellten zu
01:00:57: sein, als die, die es ohnehin schon gibt und die das aufgrund ihrer Betriebskultur
01:01:02: tun müssen. Ich kann auch sagen, dass es wirklich so bei allem, wo ich gearbeitet habe, war
01:01:07: das immer mein absoluter Tiefpunkt, wenn ich eine, ja, Stundenrapport-Tabelle ausbilden
01:01:14: musste. Weil ich immer gedacht habe, aber Leute, wir spielen doch im selben Team, woher
01:01:19: kommt dieses Misstrauen, warum? Was habe ich falsch gemacht, dass ich so was tun muss?
01:01:23: Und das ist für mich eine riesige Erleichterung, dass ich das nicht mehr habe. Und ich wünsche
01:01:30: das wirklich allen Menschen, die das nicht aus freien Stücken tun wollen, dass sie das
01:01:35: nicht tun müssen. Ja, was haben wir gelitten, Stefan? Jeden
01:01:40: Monat, wenn man unser Time-Tool, unsere Arbeitszeiterfassung ausfüllen musste, dann haben wir uns gegenseitig
01:01:47: bemitleidet und haben uns da durchgekämpft, um da noch die ... Und das heißt ja nicht,
01:01:53: dass man sich nicht kontrollieren lassen will, oder? Ich bin zum Beispiel total sinnvoll,
01:01:57: wenn ich jeden Monat eine halbe Seite schreiben müsste, wo ich Revue passieren lasse, was
01:02:02: ich gemacht habe in diesem Monat. Ja, ja. Ja, ja. Aber es ist ... Ich kann das sehr,
01:02:08: sehr gut nachvollziehen. Es ist diese Eigenartige, das hat bei mir etwas demoralisierendes, wenn
01:02:15: ich das Gefühl habe, ich muss jetzt nachweisen, dass ich meine, was sind das? Ich weiß es
01:02:20: nicht mal genau. 44 Stunden voll gemacht habe in der Woche und so. Und ich denke, ja, aber
01:02:26: ich habe doch einen Output und ich habe eine Wirkung bei der Arbeit und das ist mir wichtig
01:02:33: und quasi meine Präsenzzeit dann nachzuweisen und zu beweisen, dass ich da gewesen bin.
01:02:40: Wo ich denke, ja, ich bin aber nicht angestellt, um bezahlt, um da zu sein, sondern ich bin
01:02:45: angestellt, um bezahlt, um einen Unterschied zu machen, um eine Wirkung hervorzubringen,
01:02:51: um meinen Output zu bringen. Und das steht ja hoffentlich aus der Frage. Von daher,
01:02:56: also ich kann das sehr gut nachvollziehen. Ganz genau. Um Manu, genauso wie die Mitarbeitenden,
01:03:03: die am frühsten da sind und am spätesten gehen, nicht immer. Die besten sind, sind
01:03:08: auch Podcasts, die ellenlang werden nicht immer automatisch besser. Wir müssen zum Abschluss
01:03:14: kommen. Ich habe das Thema mitgebracht. Dir gehört das Amen. Amen. Das Amen zum Thema
01:03:24: Arbeitsmotivation. Ja, es ist ein Geschenk, wenn man eine Arbeit verrichten kann, die
01:03:33: man unvermittelt als sinnstiftend und erfüllend erlebt. Es ist aber auch, wenn man vielleicht
01:03:40: ein bisschen weiter weg ist von Tätigkeiten, die direkt dem Wohl befinden von Menschen
01:03:46: zugutekommen, ist es eine Herausforderung und eine Chance, sich selbst in ein Team oder
01:03:54: Mitarbeiter so hineinzugeben, dass es einfach mehr Spaß macht, am Montagmorgen den Wecker
01:04:02: auszuschalten, aufzustehen und sich für die neue Arbeitswoche bereit zu machen, weil
01:04:08: man weiß, da warten Leute auf mich, die schätzen mich und die schätze ich und ich traue mich
01:04:14: auch meine Wertschätzung anderen gegenüber, nicht nur zu denken, sondern auch zu verbalisieren.
01:04:21: Wunderbar. Manu, was steht diese Woche noch an, beruflich und privat?
01:04:27: Ach, ich habe mit verschiedenen Menschen abgemacht, sie zu treffen, teils beruflich,
01:04:34: privat, ich treffe mich mit unserem gemeinsamen Freund Christoph Rammstein mal wieder nach
01:04:40: langer Zeit, heute Abend sogar schon, ich weiß, ich darf ihm liebe Grüße von dir mitnehmen.
01:04:47: Ja, unbedingt. Genau, und dann habe ich eigentlich vor, einen Blogbeitrag nach
01:04:52: langem Schweigen in Sachen Texten einen Blogbeitrag zu schreiben, indem ich unserem Freund, unserem
01:04:59: jungen Hitzkopf Martin Thoms mal mit seiner Allversöhnungslehre entgegentreten wollte, aber
01:05:07: mal schauen, ob ich das noch hinkriege. Okay, das klingt nach einer spannenden Woche. Ich kämpfe
01:05:15: mich gerade noch durch die Ratsunterlagen, die ich bis heute Abend fertig haben muss,
01:05:20: erster Arbeitstag wieder und dann gleich solche Dinge, die ich abliefern soll. Aber ich glaube,
01:05:26: ich komme gut voran, also der Morgen hat schon sehr gut begonnen, ich bin zuversichtlich und
01:05:32: der Rest der Woche ist ja die Kids haben noch Ferien, die sind aber sehr gut versorgt und haben
01:05:39: tolles Spassprogramm, gerade im Dorf neben dir, Theo ist nämlich bei meiner Mutter und das heißt
01:05:46: Franzi und ich werden einige freie Abende haben, die wir hoffentlich genießen werden, das ist also
01:05:51: quasi ein Einstiegleit wieder in dieser Arbeitswoche, der da ansteht. Ja, das klingt doch auch schön. Also,
01:05:59: ihr Lieben, ich hoffe, ihr habt auch einen guten Start in die Woche gehabt, wenn ihr das hört,
01:06:05: ist ja wahrscheinlich schon Mittwoch und wir wünschen euch eine sinn erfüllte Tätigkeit und
01:06:14: freuen uns, euch dann in der nächsten Woche wieder zu hören. Ja, und wenn ihr nicht wisst,
01:06:20: was ihr machen sollt in dieser Woche, dann nehmt euch doch 10 Minuten Zeit, geht auf www.reflab.ch
01:06:25: und organisiert euch noch diese Spezialtickets für die Großveranstaltung beim RefLab Festival,
01:06:34: diesen Podcast. Es ist jetzt natürlich etwas weit hin noch bis da, aber es wird sich lohnen,
01:06:41: wenn ihr jetzt zuschlagt, nicht nur für euch, sondern auch für Manus, Schlaf und Seelenfrieden.
01:06:47: In der nächste Woche, gehen wir durchs Sorge, tschüss. Tschüss.
01:07:17: Olivia Roilin, Niklaus Branschen, Thorsten Dietz und natürlich das RefLab.
01:07:23: Am 6. und 7. September, kauf jetzt dein Ticket auf www.reflab.ch. Alles wird gut.