Ausgeglaubt: ein RefLab-Podcast

Ausgeglaubt: ein RefLab-Podcast

Transkript

Zurück zur Episode

00:00:04: Ein Podcast für Menschen,

00:00:06: die glauben, neu denken.

00:00:08: Und manchmal alles anzweifeln.

00:00:17: Herzlich willkommen ihr Lieben zu einer weiteren Folge von Ausgeglaubt für alle, die uns vermisst haben in der letzten Woche.

00:00:27: Ihr habt nichts verpasst oder keine Folge verpasst.

00:00:30: Wir haben tatsächlich nicht aufgenommen.

00:00:32: Ich war krank.

00:00:35: Und lag da nieder und deshalb haben wir auf eine Aufnahme verzichtet.

00:00:40: Aber Stefan, jetzt sind wir beide wieder einigermaßen im Saft, oder?

00:00:45: Ja, also es sieht mindestens so aus.

00:00:48: Ich sehe dich ja nur auf meinem Handy.

00:00:50: Wir sitzen nicht zusammen im Raum.

00:00:52: Wir nehmen hier Remote auf.

00:00:54: Aber du siehst nicht ansteckend aus, sondern kerngesund.

00:00:59: Ja, da komme ich nochmal drauf zurück.

00:01:00: Aber Stefan, ich stelle dich kurz vor für alle Hörerinnen, die frisch zugeschaltet haben oder die unseren Podcast noch nicht gut kennen.

00:01:13: Du bist reformierter Theologe, wohnst in Bern, arbeitest in Bern in der EKS in der evangelisch reformierten Kirche Schweiz und Wir kennen uns schon viele Jahre und sind viele Jahre befreundet und Podcast-Gesprächspartner, was ich an dir Unter vielem anderem, schätze und auch bewundere, sind so deine Begabungen, Dinge, Ideen zu verkaufen.

00:01:45: Das liegt dir ganz besonders.

00:01:47: Also, wenn du von etwas begeistert bist, dann hast du eine ganz ansteckende Art, Leute da mit reinzunehmen und hast quasi durch den, wie sagt man, harpermaschianisch, durch den zwanglosen Zwang des besseren Arguments, bringst du dann Leute dazu, mit dir aufs Boot zu kommen und meistens sind die Leute dann auch ganz glücklich damit, aber ich würde schon sagen, du gehörst so zu den erfolgreichsten.

00:02:18: Ich meine, das ist jetzt wirklich nicht despektierlich, sondern zu den erfolgreichsten Verkäufertypen.

00:02:25: Du könntest dem Papst auch ein Ehebett andrehen, wenn es sein müsste.

00:02:30: Sehr gut.

00:02:30: Also, wenn ich nicht Theologi geworden hätte, hätte ich eine Karriere als Schuhverkäufer gemacht, gell?

00:02:36: Ja,

00:02:37: genau, genau.

00:02:38: Ja, Emanu ist auch reformierter Theologe, mein guter Freund und seit Beginn des Reflaps, mein Podcast-Kollege.

00:02:47: Und viele wissen über ihn, dass er fünfzehn Jahre lang ICF-Pastor war in Basel.

00:02:55: Aber nur wenige wissen, dass er auch ein kleiner Streber ist.

00:02:59: Manu hat nämlich gleich zwei Dissertationen verfasst.

00:03:02: Eine in Theologie und eine in Philosophie.

00:03:06: Und das ist etwas, was ich an Manu immer bewundere.

00:03:10: Ich hab manchmal so das Gefühl, dass ich, ja ... kann ich mir so viel Lust habe, etwas Weiteres zu lesen und etwas Weiteres kennenzulernen, weil mir vieles gar nicht mehr so neu und aufregend erscheint.

00:03:24: Und ich denke dann immer, ja, ja, das hatten wir doch alles schon mal.

00:03:27: Das ist doch ganz ähnlich wie das und das.

00:03:30: Aber Manu ist jedes Mal wieder begeistert.

00:03:32: Und wenn wir zu irgendeiner theologischen Tagung gehen, dann hat er wirklich Erwartungen wie meine Kinder, wenn wir in Europa Park fahren.

00:03:41: Ach, schön.

00:03:42: Ach, schön.

00:03:43: Ja, ja, das hat was.

00:03:45: Ich ... ich beginn sonst ... oder nee, beginn doch du mit dem Halleluja.

00:03:49: Dann haben wir einen fröhlichen Auftakt.

00:03:57: Ja, ich war im Urlaub.

00:04:00: Und der Urlaub selbst ist aber gar nicht mein Halleluja.

00:04:03: Das war auch wunderschön und ich habe es total genossen.

00:04:06: Wir waren am Meer in Gamolli.

00:04:08: Das ist so neben Genua, hatten super Wetter, konnten baden jeden Tag im Meer.

00:04:14: Es war wirklich wunderbar.

00:04:16: Aber mein Halleluja war das Zurückkommen.

00:04:19: Also ich bin da in Gamolli in den Zug gestiegen und habe gedacht, oh, jetzt ist es zu Ende mit dem Urlaub.

00:04:26: Und je näher ich an Bern kam.

00:04:28: Desto mehr habe ich mich gefreut auf mein Zuhause.

00:04:31: Und als ich dann die Wohnungstür geöffnet habe, habe ich gedacht, das ist so toll, wieder hier zu sein.

00:04:37: Ich habe mich gefreut auf mein Büro, auf die Mitarbeiterinnen, Kolleginnen, Kollegen, die ich jetzt wieder treffen werde.

00:04:44: Und habe einfach gedacht, das ist schon ein Riesenprivileg, dass man sich nach den Ferien nicht grämen muss, dass es wieder losgeht, sondern sich einfach freuen kann, wieder in das gewohnte Leben zurückzugehen.

00:04:58: Und dafür bin ich sehr dankbar, wie schön das alles ist.

00:05:01: Ach schön, mir fällt an dieser Stelle auf.

00:05:04: Du hast das schon einmal erzählt, als du vom Urlaub zurückgekommen bist und ich finde, dass das spricht ja auch für euer Trautes Heim, dass du ... eigentlich immer auch wieder gerne zurückkommst, auch wenn du ganz tolle Urlaubsdestinationen jeweils auswählst und ich nicht ganz ohne Eifersucht unsere Ferienurlaubs Podcast dann aufnehme, wenn du da auf Palmen Hintergrund mit dem Mikro in der Hand ins Bild trittst, aber sehr schön.

00:05:38: Ich kann das gut nachvollziehen.

00:05:39: Wir waren ja auch im Urlaub in Südfrankreich und ich bin immer sehr froh, wenn ich wieder zu Hause bin.

00:05:45: Allerdings auch, weil mir diese langen Autofahrten zu wieder sind.

00:05:49: Und diesmal, das wäre dann so mein Stoßgebet, war es besonders mühsam, weil ich gesundheitlich angeschlagen war.

00:05:57: Und wir haben jetzt wirklich so seit drei oder dreieinhalb Wochen immer irgendwelche Viren mit zu Hause noch beherbergt.

00:06:05: Also meine Frau ist zuerst krank geworden vor letzte Woche und wirklich mit ganz starkem Fieber, also gegen vierzig Grad Fieber, das hat sie seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt und ich musste sie eigentlich so dann alleine zu Hause lassen und mit den Kindern nach Südfrankreich in Urlaub fahren und drei Tage später hat es mich dann dort auch gekriegt.

00:06:29: Dann habe ich da so ein paar Tage, habe ich da in Südfrankreich rumgelegen und jetzt gestern Abends!

00:06:38: Ist unsere Tochter erkrankt und liegt zur Zeit mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit ... mit.

00:07:08: Das ist der absolute Supergang.

00:07:10: Es gibt dann irgendwann den Moment, wo man aufhört zu putzen und einfach sagt, das machen wir alles, wenn wir wieder stehen.

00:07:17: Ja, ja, genau.

00:07:18: Auf jeden Fall ganz gute Besserung an Lina.

00:07:21: Ich hoffe, das geht rasch vorüber.

00:07:23: Aber Manu, mich nimmt Wunder, was bist du für ein ich bin-kranke-im-Urlaub-Typ?

00:07:29: Bist du eher so barnis-dinzenmässig, dass du sagst, ich schluck zwei Paracetamol und genieße den Tag trotzdem, auch wenn es fast nicht geht?

00:07:39: Oder bist du der, der sich dann auch wirklich der Bettruhe hingeben kann, weil es einfach nicht anders geht?

00:07:46: Ja, ich denke, das kommt wahrscheinlich sehr auf den Krankheitsverlauf an.

00:07:50: Aber ich bin schon eher der Typ, der sich dann ein paar Tabletten reinhaut, um noch mal zünftig ausgehen zu können mit Freunden und was zu essen und so.

00:07:59: Und das habe ich dann auch gemacht.

00:08:01: Aber ich habe es eigentlich immer gebüßt, weil diese Grippe oder vielleicht was auch Corona, das weiß man ja heute nicht mehr so richtig genau.

00:08:09: Aber sowohl bei meiner Frau als auch bei mir hat das enorm starke Kopfschmerzen ausgelöst.

00:08:15: Je weiss nachts, wirklich bin ich vor lauter Kopfschmerzen, wach gelegen.

00:08:20: Und hab dann bereut, mich vorher medikamentös noch mal aufgeputscht zu haben.

00:08:28: Da hätte ich wahrscheinlich besser das Bett gehütet.

00:08:30: Aber na ja, es ist

00:08:32: ... Na ja, du wirst nicht alt, aber du hast ein schönes Leben gehabt.

00:08:37: Ja, genau.

00:08:38: Ja, Stefan, worüber sprechen wir heute?

00:08:43: Das Thema der Woche.

00:08:45: Ja, uns hat Jay von Hossa Talk eine ganz tolle, längere Sprachnachricht geschickt auf unsere Individualismusfolge und hat uns gefragt, ja, das war alles ganz super, habe ich gerne gehört, aber wie haltet ihr es mit der Gemeinschaft?

00:09:01: Und man muss dazu sagen, Hossa Talk hat ja beim Podcast Festival einen Podcast aufgezeichnet, der genau um dieses Thema ging, Gemeinschaft und vielleicht auch so ein Anliegen der Wiederentdeckung der Gemeinschaft.

00:09:15: Vielleicht ganz kurz so erzählt, wir haben jetzt jahrelang dekonstruiert.

00:09:20: Wir haben gesagt, wo es zu eng ist, wo Gemeinschaft nicht mehr passt.

00:09:26: Aber in dieser fragmentiert wahrgenommenen Gegenwart brauchen wir doch auch so etwas wie gemeinsame Rückzugsorte, wo wir uns verständigen, wo wir uns auch nahe kommen, wo wir Ideen austauschen können.

00:09:41: Wie könnte so etwas gelingen?

00:09:43: Wie könnte so etwas christlich auch gelingen?

00:09:47: Ja, und ... den Vorschlag jetzt als Gegenstück oder als Fortsetzung dieser Individualismusfolge auch mal über Gemeinschaft oder man könnte jetzt sagen über Kollektivismus zu sprechen und sich zu fragen, was hat das eigentlich mit Christentum und biblischen Überlieferungen zu tun, das erschien uns als verheißungsvoll und wir schauen jetzt mal, wie weit wir hier kommen, weil das natürlich auch wieder ein sehr, sehr das Thema ist, indem man praktisch die ganze Kirchengeschichte und die ganze Theorie von Kirche und Gemeinde mit unterbringen könnte.

00:10:27: Aber wir springen da jetzt einfach mal rein, oder?

00:10:31: Ja, genau.

00:10:32: Vielleicht fangen wir mal an mit einer Beobachtung, die Goffi ganz stark gemacht hat.

00:10:36: Er hat über das Unservatergebet gesprochen und seine persönliche Entdeckung war darin, dass das Jahr eigentlich nicht das Gebet nur eines Einzelnen ist, also wie soll dir beten, sondern dass das schon das Gebet einer Gemeinschaft ist, also unser Vater und dass viele Dinge, die in der Bergpredigt dann vorkommen, vielleicht für einen Einzelnen nicht immer und in jeder Situation einzuhalten sind, dass das Maßstäbe sind, an denen wir einzeln zwar immer wieder scheitern, aber vielleicht Dinge sind, die wir als Gemeinde insgesamt dann doch schaffen könnten.

00:11:15: Ich

00:11:15: habe dann ein bisschen darüber nachgedacht.

00:11:17: Tatsächlich ist es so, dass viele Bibelstellen, viele biblische Geschichten, die ich aus der Kindheit kenne, mir in einer sehr individuellen Art und Weise vermittelt worden sind, aber eigentlich einen sehr kollektiven Kern haben.

00:11:34: Also, um ein Beispiel zu nennen, Josef und seine Brüder.

00:11:38: Das war für mich so der Helden-Epos dieses Josefs, der da ausgesetzt wird, der in die Grube geworfen wird und dann beim Potifat die große Karriere macht und sich dann am Schluss gnädig zeigt.

00:11:53: Aber es hat natürlich einen ganz anderen Sinn.

00:11:55: Es erklärt eigentlich, wie kommt das Volk Israel nach Ägypten?

00:12:00: Ja, und das finde ich eben faszinierend, wie wir in einer individualisierten, moderne, in einer westlichen, moderne, mit einem ganz, ganz, ich würde sagen, dominanten, individualistischen Lebensmotto diese Texte dann... fast automatisch sehr, sehr individualisiert wahrnehmen.

00:12:24: Und dann machen wir eben aus einer, wie du jetzt gesagt hast, aus einer Josefs Geschichte, die letztlich wahrscheinlich in den Augen damaliger Leser oder Hörer, wenn man sich die Geschichte weitererzählt und tradiert hat, war das eine Geschichte, wie Josef mit seinen Brüdern, mit seinem Vater, mit seiner Familie, wieder vereint wird, wie diese Familie wiederher... gestellt wird und wie Israel dann als Volk auch ein neues Zuhause findet.

00:12:57: Und wir lesen die Geschichte und denken sehr, sehr individualistisch.

00:13:01: Das ist jetzt so diese amerikanische vom Tellerwäscher zum Millionär-Story.

00:13:07: Ist doch verrückt, der landet da in einem Brunnen und in der Sklaverei und arbeitet sich dann hoch bis zum Ängstenberater des Königs.

00:13:18: Königs und so weiter.

00:13:20: Wir lesen das als Story des American Dream und verkennen völlig, dass es eigentlich eine... Versöhnungsgeschichte mit einer Familie und eine Kleingeschichte ist.

00:13:34: Das ist ein typisches Beispiel.

00:13:37: Was mir immer wieder entgegengeschlagen ist, da habe ich mich selber unzählige Male bei ertappt, dass die Paulus-Briefe, genau wie Gofi das jetzt vom Vater Unser sagt, das ist ja plural unser Vater, eine Gemeinschaft.

00:13:52: Bekennt sich zum Vater.

00:13:54: Und die Paulusbriefe sind auch fast durchgängig im Plural gehalten.

00:14:00: Es werden Zusagen gemacht.

00:14:02: An euch, an ihr, an die gemeinschaftlichen Leser dieser Briefe.

00:14:08: Es wird zugesprochen.

00:14:10: Ihr seid ein Tempel des Heiligen Geistes.

00:14:13: Ihr seid zum Beispiel in Epheser I. Ihr seid gesegnet mit allen geistlichen Segnungen und so.

00:14:20: Und ich bin aufgewachsen.

00:14:21: mit diesem eingebauten Übersetzungsmodus, ich mache aus ihr automatisch ich.

00:14:27: Ich sag, ich bin ein Tempel des Heiligen Geistes, ich bin gesegnet.

00:14:33: Paulus sagt, in euch wohnt die Fülle der Gottheit Leibhaftig.

00:14:37: Und ich bin ganz erstaunt in meiner privaten, individualistischen Bibelese und denke, ach krass, in mir wohnt die Fülle der Gottheit Leibhaftig.

00:14:46: Das ist aber dann unter Umständen, ist das nicht nur verkürzt, sondern sogar falsch oder sogar etwas ganz anderes, als Paulus sagen wollte, weil es natürlich ein meilenweiter Unterschied ist, ob eine Gemeinschaft in der Pluralität ihrer Mitglieder und im Zusammenspiel aller Menschen, die dazugehören, ob eine Gemeinschaft die Fülle der Gottheit repräsentiert oder ob ein einzelner, ein individualisierter Teilhaber der westlichen Gesellschaft, der seine kleine Bibel auf seinem Sofa liest und ob der das Gefühl hat, in mir wohnt die Fülle der Gottheit hat.

00:15:33: Das ist einfach ein Unterschied.

00:15:35: Genauso, wenn Jesus sagt, ihr seid das Licht der Welt, da ist die Übersetzung.

00:15:40: Ich bin das Licht der Welt.

00:15:42: eben wirklich eine ... eine Verkürzung.

00:15:44: Und das mal zu sehen und zu merken, meine Fresse, wir funktionieren eigentlich Zusagen an Gemeinschaften, die explizit im Plural gehalten sind, unter der Hand schon refleksartig zu individualistischen Heißzusagen um.

00:16:02: Das ist schon mal eine sehr heissame Erkenntnis, zu merken, meine Zeit.

00:16:07: Total.

00:16:07: Das

00:16:07: ist uns in Fleisch und Blut übergegangen oft, gell?

00:16:09: Ja,

00:16:10: ich hab diese Entdeckung für mich ganz persönlich gemacht, als es um meinen Taufspruch ging.

00:16:16: Nämlich gefragt, ich hab so eine Taufurkunde, und da steht drauf, dass mein Taufspruch Jesaja, dreiundvierzig, Vers eins b ist.

00:16:27: Und ich hab mich dann mal gefragt, warum eigentlich eins b?

00:16:30: Also, warum nimmt man da nicht den ganzen Vers?

00:16:32: Das ist ja immer so schön in Versen unterteilt worden.

00:16:36: Mein Taufspruch heißt, fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.

00:16:46: Und ich habe wirklich noch als Theologiestudent nie drüber nachgedacht, was der Sinn dieses Satzes anderes bedeuten könnte, als das ich gemeint bin, der jetzt vor Gott steht, der bei seinem Namen Stefan gerufen wird, der Gottes Eigentum ist.

00:17:06: Und hab dann mal gelesen, was steht dann bei Jesaija.

00:17:12: Und das steht.

00:17:14: Und nun spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel, fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.

00:17:26: Da geht es um eine ganze Identität, um ein Selbstverständnis des Volkes Israel, dass eigentlich in diesem Moment eine Zusage erhält, die dann in meinem Taufspruch, in dieser Kurzform des Verses, der ja wunderschön ist, also ich bin froh, habe ich diesen Taufspruch, aber eine komplett andere Bedeutung erhält.

00:17:46: Ja, also das ist schon faszinierend.

00:17:49: und beim Stichwort Taufe jetzt kommt mir in den Sinn, dass ich als frei Kirchler als evangelikal sozialisierter Mensch natürlich mit einer sehr, sehr expliziten Überzeugung von der erwachsenen Taufe aufgewachsen bin.

00:18:05: Also Kindertaufe, das war für mich in meiner ganzen Kindheits- und Jugendzeit klar.

00:18:12: Das zählt nicht, weil ja diese Kinder sich gar nicht persönlich für eine Beziehung zu Gott entscheiden können, weil die ja noch unmündig sind.

00:18:23: Und ich will jetzt gar nicht das theologisch diskutieren, sondern spannend finde ich einfach.

00:18:29: diese Intuition, verdankt sich ganz, ganz stark einem individualistischen Mantra, das sagt, alles, was zählt und das Einzige, was zählt, ist der Einzene in seiner Gottesbeziehung.

00:18:42: Wir haben ja letztes Mal gezeigt, wie das sich auch von diesem reformatorischen Verständnis herleitet, schlussendlich ist, steht der Einzelne vor Gott.

00:18:52: Und das ist jetzt so auf Steroiden, wird das dann zu einem Mantra, das eigentlich auch so etwas wie Taufe nur noch denken kann, individualistisch der Einzelne vor Gott.

00:19:06: und die Idee, dass Eltern oder eine Familie quasi Ein Stück weit glaubt für jemand anderes und quasi in Vorleistung geht für ein... Und dieses getauft wird in eine christliche Familie hinein.

00:19:28: Das bildet sich ja in der Apostelgeschichte auch ab, wenn es heißt, ich und mein Haus.

00:19:33: Wenn Menschen, wenn Familien, Väter, Parterfamilias, wenn der sich zum Glauben an Jesus bekennt und dann sich mit seinem ganzen Haus quasi der Nachfolge Jesu anschließt, dann ist da noch viel mehr mit vorbei.

00:19:50: von einem kollektiven familiären Denken, wo man den einzelnen nicht einfach isoliert versteht, sondern als Teil einer Familiengemeinschaft, einer SIPPE, einer Erweiterten eines Hauses, das eben dann sich zur Nachfolge entscheidet.

00:20:09: Und das konnte ich gar nicht denken damals, weil ich so massiv individualistisch geprägt war.

00:20:19: Und ich finde das eigentlich eine faszinierende Beobachtung und auch eine fatale Verkürzung, weil es ja eigentlich klar ist, das Glaube.

00:20:33: Auch Hoffnung, dass das alles Größen sind, die ja nicht individualistisch aus sich hervorgebracht werden, sondern immer Resultat einer Gemeinschaft sind.

00:20:44: Immer sozial, konstruiert sozial, errungen und durchwachsen sind, weißt du?

00:20:52: Ja, ich glaube ... Wirklich bei der Taufe zeigt sich das, oder beim Tauferständnis zeigt sich das ganz deutlich, oder?

00:20:58: Das ist da auf der einen Seite dieses individualistisch zugeschnittene Entscheidungskristentum-Hast.

00:21:04: Also jemand übergibt sein Leben dem Herrn Jesus und lässt sich taufen und wird frei gewaschen von seinen Sünden quasi und ist dann ein Kind Gottes.

00:21:17: Und auf der anderen Seite diese Idee der Kindertaufe, die ja ganz stark davon lebt, dass es nicht um ... Einfach eine individuelle Entscheidung geht, die man quasi mit einer Plus- und Minus-Checkliste durcharbeiten könnte, sondern um eine Individuation, die in Gemeinschaft passiert.

00:21:35: Dass das, was ich bin, durch die Gemeinschaft, zu der ich gehöre und die sich zu mir stellt, ja auch in dieser Taufe, eigentlich erst gebildet werde.

00:21:46: Man, ich hab so ein bisschen drüber nachgedacht, es gibt ja ... eigentlich eine richtig paradigmatische Erzählung, die superindividualistisch sein könnte.

00:21:56: Also

00:21:57: einmal

00:21:58: die Geschichte von König David natürlich, die ja wirklich als Helden-Epos durchgehen könnte, auf der anderen Seite dann aber die Evangelien, die das Leben Jesu erzählen.

00:22:10: Und trotzdem passiert es ja gerade dort, dass diese Geschichten nicht einfach individuell gedeutet werden, sondern David steht dann aber für das, was Israel tun soll, für das Königtum, für den Gehorsam und Ungehorsam gegenüber Gott, für eine Leidenschaft auch in dieser Beziehung, aber er repräsentiert das Volk.

00:22:34: Und bei Jesus ja ganz ähnlich könnte man sagen, ja, Das könnte man ja als Geschichte von einem erzählen, der dann unter Ungerechtigkeit leidet.

00:22:45: Am Schluss durch eine Art Lünchjustiz geopfert wird, ein Justizkandal und Gott setzt ihn dann ins Recht.

00:22:53: Aber die ganze Geschichte wird ja... Viel, viel größer gespannt.

00:22:57: Es geht ja darum, dass man in ihm erkennt, dass das die Erfüllung ist, der Verheißung, die die Propheten in die Welt gebracht haben, dass er einen sogar kosmologischen Sinn hat.

00:23:11: Also für die ganze Menschheit, für die ganze Welt, für das ganze Universum, dass er ein universaler Christus ist und eben nicht nur ein Jesus von Nazareth.

00:23:23: Ja, das ist spannend, weil ich auch denke, wenn man die Evangelienüberlieferung, die Jesus-Geschichten aufmerksam liest, dann merkt man, wie du sagst, an unterschiedlichen Stellen, wie viel Wert ... die Autoren und die Rezipienten dieser Geschichte, wieviel Wert sie darauf gelegt haben, Jesus einerseits in eine Linie einzuzzeichnen mit der Geschichte Israeus, also diese Stammbäume von Jesus bei Matthäus und dann auch bei Lukas wieder, wo in unterschiedlicher Weise versucht wird, Jesus in die Geschichte eines Volkes, in die Genealogie eines Volkes einzutragen und zu zeigen, da kommt er heraus.

00:24:13: Und dann natürlich auch ganz viele Parallelen und Anleihen, wenn Jesus sich zwölf Jünger erwählt.

00:24:20: Analog zu den zwölf Stämmen Israels, das sind ja in diesen Erzählungen keine zufälligen Übereinstimmungen, sondern da wird deutlich gemacht, Hier wird quasi ein Volk gestiftet.

00:24:34: Hier wird eine Gemeinschaft.

00:24:38: hervorgerufen und Jesus beauftragt und begabt und befähigt ja auch dann seine Jünger in gleicher Weise, wie er sich beauftragt und befähigt weiß.

00:24:51: Also es ist wirklich in der DNA auch der Jesus-Überliefungen drin, dass hier nicht ein einzelner Stern am Himmel quasi verglüft, sondern dass hier jemand eine Jesus-Bewegung an stiftet oder anstößt und enormen Wert darauf legt, dass dieses Selbstverständnis, das Jesus mitbringt, dass das weiterlebt in seinen Nachfolgern und so wird die Geschichte in der Apostelgeschichte ja dann auch erzählt.

00:25:23: Also nach dem Schock der Kreuzigung und der völligen Depression und der Nüchterung der Jünger am Tod ihres Ihres Rabis und Messias wird ja durch die Auferstehung dann eine breiten Bewegung ausgelöst und dann fingsten wir zu dieser Bevollmächtigung der Einzelnen sogar ganz, ganz symbolträchtig auch beschrieben.

00:25:50: Also es geht immer um eine Gemeinschaftsbewegung, die da angestoßen wird.

00:25:54: Ja und dadurch entsteht ja eigentlich eine ganz neue Literaturgattung.

00:25:58: Oder man hat mit den Evangelien ja keine Biografien vor sich.

00:26:03: Also die Evangelien erzählen nicht die Biografie von Jesus von Nazareth, sondern sie erzählen die frohe Botschaft des Erlösers, der Mensch wird und in die Welt kommt.

00:26:17: Das ist eine ganz andere Art, eine Geschichte zu erzählen.

00:26:21: Und die hat von Anfang an die Theologen und Theologinnen wahrscheinlich auch stark herausgefordert.

00:26:28: Und man hat sich gefragt, wie gehen wir eigentlich um mit diesen Texten?

00:26:32: Und etwas, was sich da ausgebildet hat, ist ja so die Idee vom verschiedenen Schriftzinn.

00:26:40: Also es gibt den vierfachen oder den fünffachen Schriftzinn, der gelehrt worden ist.

00:26:45: Aber zum Beispiel beim vierfachen Schriftsein unterscheidet man zwischen einem Literalsinn, also diese wörtliche, geschichtliche Auslegung, was steht denn im Text, also wirklich ganz nahe am Text, dann ein typologischer Sinn, also was bedeutet das, was in diesem Text steht eigentlich aus der Perspektive des Glaubens, also was bedeutet es, in der Auslegung des alten Testamentes, im Lichte des neuen Testamentes?

00:27:18: oder dann der anagogische Sinn, was soll ich tun, was kommt auf mich zu, was ist eigentlich das Ziel der ganzen Geschichte und welche Rolle spielen wir Menschen darin?

00:27:31: Und, und das ist dann eben der letzte Sinn und der Sinn, der vielleicht bei uns ganz dominant geworden ist, das wäre dieser tropologische Sinn, also eine Interpretation auf einer moralischen, auch gefühlsvollen Sinnebene, die die gegenwärtige Wirklichkeit eines Einzelnen in diese Geschichte hineinträgt und sie dort sucht.

00:27:57: Ja, ja.

00:27:59: Und ich glaube, das ist schon mal eine wichtige Beobachtung, oder?

00:28:03: Dass wir schon sehr früh in der Beschäftigung mit diesen biblischen Texten feststellen.

00:28:10: Ja, es gibt da ganz unterschiedliche Lesarten, die ich hineintragen kann und die muss ich nicht gegeneinander ausspielen, sondern es braucht die alle, damit die sich ergänzen.

00:28:20: Ja, also ich finde das hilfreich, weil es, also ich würde ja auch nicht sagen, dass es keine Berechtigung für eine individuelle Bibellektüre gibt, die sich jetzt durch einen Psalm oder durch ein Paulus Wort, durch irgendeinen Zuspruch von Jesus auch persönlich ermutigen lässt oder so.

00:28:44: Das hat ja eine lange Tradition und ist natürlich vor allem in hochreligiösen Kreisen, in denen so etwas wie eine stille Zeit, also eine persönliche Zeit tägliche Zeit der Kontemplation und der Schriftlesung der Bibellektüre gepflegt wird.

00:29:02: Da ist das natürlich.

00:29:03: bis heute wird das sehr sehr lebendig auch gepflegt.

00:29:08: Man liest einen Bibelabschnitt und fragt sich, was bedeutet das für mein persönliches Leben.

00:29:14: Ich glaube, ich würde das auch nicht einfach in Bausch und Bogen verwerfen wollen und sagen, das hat keine Berechtigung oder Bedeutung.

00:29:24: Ich finde es einfach wichtig, dass man sich vor Augen malt.

00:29:27: erstens wie nicht selbstverständlich.

00:29:31: Diese Art des Bibelzugangs ist schon einfach angesichts der Tatsache, da sind wir ja letztes Mal kurz drauf gestoßen, dass bis vor fünfhundert Jahren eigentlich kein einziger Christ für sich eine eigene Bibel zu Hause hatte, die er persönlich individualistisch hätte lesen können.

00:29:52: Das verdankt sich ja der Verbreitung der Bibeln durch den Buchdruck und vorher musste man quasi per Definition in Kirchen oder wo auch immer zusammenkommen, um überhaupt einen und jemanden haben, der das lesen konnte, um überhaupt Zugang zu diesen Texten zu kriegen.

00:30:11: Also das ist nicht selbstverständlich und es darf nicht die einzige Perspektive auf die Texte sein, weil man sonst zu einem sehr atomisierten, individualisierten Verständnis des Glaubens kommt, dass sich möglicherweise um die eigentliche Pointe dessen bringt, was Jesus als Reich Gottes verkündigt hat.

00:30:35: Ja, genau.

00:30:36: Und ich finde so in einer ganz genialen Art und Weise, aber vielleicht findest du dir auch problematisch, hat Johannes Cassianus ein Theologer aus dem fünften Jahrhundert.

00:30:48: das veranschaulicht, nämlich wie das im Idealfall zusammenspielen kann.

00:30:53: Und ich lese da ein ganz kurzes Zitat vor, also es geht drum, wie kann man Jerusalem denn eigentlich verstehen in der Bibel?

00:31:01: Und dann sagt er, ja, also wir können ein und dasselbe Jerusalem in vierfacher Weise auffassen.

00:31:08: Nach der Geschichte, also dem Literalsinn, als Stadt der Juden, nach der Allegorie als Kirche Christi, Nach der Anagoge als jene himmlische Gottesstadt, welche die Mutter von uns allen ist.

00:31:23: Also es wäre quasi die eschatologische Perspektive dann.

00:31:28: Und nach der Tropologie als Seele des Menschen, welche häufig vom Herrn unter diesem Namen entweder getadelt oder gelobt wird.

00:31:37: Aber die Bewegung ist ganz klar, es bleibt alles nebeneinander bestehen und es ist nicht so, dass die individuelle Perspektive dann alles auflösen kann.

00:31:46: Also die individuelle Perspektive kann ich sagen, ja da, wo Jerusalem steht, ist jetzt nicht mehr die Stadt der Juden gemeint, sondern nur meine Seele, sondern man weiß dann, man ist eigentlich in einem Verhältnis, dass man ein Bild übernimmt, was dort ist und das ihm glauben für sich selbst.

00:32:06: Auf der Grundlage des alten und neuen Testamentes so versteht, dass man es für sich als Zusage, als Anspruch, als Herausforderung aufnehmen kann.

00:32:17: Ja, ja.

00:32:18: Ja, also ich bin da ein bisschen zu spät, ehrlich sagt Stefan.

00:32:23: Also ich finde, einerseits finde ich das faszinierend, dass man schon in der alten Kirche, da sind wir ja jetzt irgendwie, keine Ahnung, im fünften Jahrhundert oder so, dass man schon in der alten Kirche ... einen sehr vielfältigen Zugang zu biblischen Texten gefunden hat und anerkennt, dass es ganz unterschiedliche Arten gibt, einem Text auch einen Sinn abzugewinnen.

00:32:47: Das finde ich eigentlich... Wichtig und ich würde das auch stark machen gegen eine allzu stark im heutigen Sinne wissenschaftlich historisch kritische Interpretation der Bibel, die schon manchmal den Eindruck erweckt, als würde sie irgendwie eine erbauliche Lesung von Bibelstellen gar nicht mehr wirklich zulassen, weißt du?

00:33:11: Und andererseits habe ich natürlich hier ein bisschen das Problem.

00:33:16: dass ich ja schon nach allen Errungenschaften der alttestamentlichen und neutestamentlichen Wissenschaft und all dieser Instrumente, die wir haben, um diese Texte in ihrer ursprünglichen Entstehungsgeschichte zu rekonstruieren und die Motive zu entdecken, die in diesen Texten mitschwingen, dann habe ich so das Gefühl, das ist natürlich eine eine Lesart, die aus einer Zeit kommt, in der noch kein historisches Bewusstsein gewachsen ist, wie diese Texte entstanden sind und so weiter.

00:33:54: Und ich würde dann schon sagen, die Frage danach, was waren die Entstehungsbedingungen eines Textes?

00:34:01: Und was war vielleicht die Aussageabsicht einer Geschichte?

00:34:05: Find ich dann doch noch wichtig, auch wenn ich ... Das, was ein Text heute mit uns macht, nicht auf diese Aussageabsicht unbedingt beschränken wollte.

00:34:17: Weißt du, was ich

00:34:18: meine?

00:34:18: Ja, ich finde auch, dass die historisch-kritische Methode total wichtig ist, um überhaupt zu verstehen, was eine geschichtliche Auslegung, also der Literal-Sinn, sein kann.

00:34:29: Ich

00:34:29: glaube nur nicht, dass es sich darin erschöpfen muss.

00:34:32: Ich glaube, dass es auch legitim sein kann, einen ganz individuellen existenziellen Zugang auch zu finden.

00:34:40: zu einzelnen Bibeltexten.

00:34:42: Das meine ich damit nur, ohne dass der dann alles verzehren kann, was da an Literal Sinn sonst noch vorliegt.

00:34:51: Vielleicht sind wir da ja an einem spannenden Punkt, wenn wir über Bibellektüre sprechen.

00:34:56: Die Bibel kannst du natürlich lesen wie ein antiques und spätantikes Geschichtsdokument.

00:35:03: Kannst du sagen, ja, ich schau mir das als Literaturkritiker an.

00:35:08: Da gibt es bessere und schlechtere Texte.

00:35:11: Schon Goethe hat sich ja lustig gemacht über den lausigen Redaktionsprozess, der der Bibel zugrunde liegt.

00:35:18: Mit diesen ganzen Doppelungen und Widersprüchen etc.

00:35:21: Das ist eine Art, wie man die Bibel lesen kann.

00:35:25: Und es ist auch eine legitime Art, die Bibel zu lesen.

00:35:28: Da will ich gar nichts von wegnehmen.

00:35:30: Das ist sogar eine sehr spannende Art.

00:35:33: Es gibt ja aber darüber hinaus auch die Hoffnung im Glauben, dass wir beim Bibel lesen nicht alleine sind, sondern dass da der Geist Gottes mitwirkt und Gott durch diesen Text zu uns sprechen kann.

00:35:48: Es ist das aber natürlich saugefährlich, weil damit dieser Text offen steht für alle Arten von Projekzionen, von Dingen, die du selbst hineinträgst und die du dann vielleicht sogar mit der Autorität des Wortes Gottes verbindest.

00:36:05: Und da gibt es dann wenig, was dich vom Wahnsinn unterscheidet.

00:36:10: Deswegen, glaube ich, braucht eine Bibellektüre nicht nur den Heiligen Geist und nicht nur den Glauben, sondern unbedingt auch die Gemeinde und die Gemeinschaft, damit das, was ich glaube, darin verstanden zu haben, das, was ich meine, darin gehört zu haben, über den Literalsinn hinaus, auch noch einmal in einer Diskussion, einem Gespräch mit anderen geprüft wird und sich dort bewähren soll.

00:36:39: Deswegen glaube ich schon, dass das eigentlich egal, ob du jetzt von der gemeinsamen Bedeutung kommst, die du dann individuell für dich runterbrichst, also indem du fragst und was hat das mit mir zu tun, was bedeutet das für mich, oder ob du aus dieser Bedeutung herkommst, was bedeutet das für mich.

00:37:00: Und dann in die Gemeinde gehst, es eigentlich nicht Dinge sind, die wir gegeneinander ausspielen können, sondern die wirklich in einem, sagt das jetzt mal so normativ, gesunden, geistlichen Leben am besten irgendwie zusammengehören.

00:37:13: Ja, ja.

00:37:14: Ja, agreed.

00:37:16: Ich hab jetzt einfach grad, auch als du das referiert hast, halt an teilweise eklatante Missbräuche biblischer Texte gedacht, die gerade heute jetzt... im Blick auf die USA und den aufkommenden christlichen Nationalismus, die awoke sind oder die dann sogar Schlagzeilen machen, wo es mir natürlich die Zähnägel hochrollt.

00:37:45: Und ich denke, meine Fresse, da werden jetzt Bibeltexte, da werden auch liturgische Elemente, ich denke an die Trauer, Fire von Charlie Kirk, in dem in einer, finde ich, ganz infamen Weise biblische Überlieferungen, evangelische Wahrheiten, evangelikale Allgemeinplätze vermischt waren mit einer politischen Agenda und Propaganda und mit wirklich kulturkämpferischen Maximen und Aufrufen zu Hass und Gewalt, das fand ich eine unfassbar explosive und schwierige Mischung, die sich eben auch immer wieder in diesem langen Gedenk Gottesdienst, auch auf biblische Überlieferungen, ab... zu stützen können, meinte, das war für mich sehr unheimlich, weil da ja, wie du jetzt das jetzt gesagt hast, das war ja dann nicht nur eine individualistische Verirrung, das einer einen Bibeltext gelesen hat und weil er nicht in einer Gemeinschaft eingebunden ist, hat er das irgendwie komplett missverstanden und ist in eine ganz falsche Richtung davon galoppiert, sondern das war ja ein Gemeinschaftserlebnis, Zehntausende von Menschen, die die zumindest teilweise eine bestimmte kirchliche Sozialisierung teilen haben, aber sich, würde ich jetzt sagen, die Schrift, die biblische Überliefungen in einer Art und Weise zu Nutze gemacht, die teilweise den dem Geist des Evangeliums und auch der Absicht gewisser Texte diametralen Gegenstand.

00:39:31: Das ist so ein bisschen das, was mir jetzt im Hinterkopf war, was mir auch unheimlich ist.

00:39:39: Man kann auch kollektiv in die Irre gehen, weißt du?

00:39:42: Nicht nur individuell.

00:39:44: Man muss es noch verschärfen, was du sagst, Manu.

00:39:46: Ich glaube, so richtig krass in die Irre gehen kann man nur kollektiv.

00:39:52: Krass,

00:39:53: ja.

00:39:54: Und das ist ja genau die Gefahr.

00:39:56: Und innerhalb christlicher Kirchen hat sich deswegen ja auch relativ früh eine Theologie ausgeprägt, die Auch ein kritisches Verhältnis haben soll dazu, wie eben Texte ausgelegt werden, wie Kirche organisiert wird, wie Macht verteilt wird.

00:40:15: Das ist etwas, was Kirche von Anfang an begleitet hat.

00:40:19: Und schon wenn du an Paulusbriefe denkst, finden darin genau theologische Debatten über dieses Thema statt.

00:40:26: Also was bedeutet das in Zungen zu reden?

00:40:28: Ja, das könnt ihr tun, aber dann muss es einer übersetzen und es muss wieder in die Gemeinde, es muss verstanden werden.

00:40:33: Also es ist immer Auch, nebst allem, was creepy ist und was irgendwo auch gefährlich und wild ist an Religion, immer auch dieser Versuch dabei, verständlich zu machen, worum es geht, diskutierbar zu machen, was gesagt wird, Kritik auch zu ermöglichen.

00:40:54: Ja, ja.

00:40:56: Und würdest du das jetzt sagen?

00:40:58: Also ich versuch das nur aus... nur auszuziehen.

00:41:01: Würdest du das jetzt sagen, im Blick auf solche Entwicklungen, wie wir sie im amerikanischen Evangelikalismus haben, würdest du sagen, da fehlt dieser Austausch oder diese Kritik auf Augenhöhe auch von anderen Flügeln und Segmenten des Christentums.

00:41:24: oder da müsste man im Namen des Glaubens auch Einspruch erheben und sich versuchen auf einer Argumentativen.

00:41:34: Das war ja, ich habe dich jetzt so gelesen, als ein Statement auch für einen vernünftigen.

00:41:40: Austausch und einen kritischen Diskurs, der nicht irgendwelche Machtspiralen einfach ungehindert wirken lässt, sondern der dann auch argumentativ entgegentritt, oder so.

00:41:56: Ja, sorry, es ist unhausgekommen.

00:41:59: Ich verstehe deinen Gedankengang gut.

00:42:01: Ich glaube, Ich bin wirklich kein Kenner jetzt in Detail der evangelikalen Szene in den USA, aber was ich schon wahrnehme von außen ist, ist, dass keine homogene Gruppe, aber dass dort Mechanismen bestehen, die sehr klar regeln, wer dazu gehört und wer sprechen darf und wer nicht.

00:42:23: Und es gibt wenig Interesse, fremdes wahrzunehmen.

00:42:27: Kritik.

00:42:28: wahrzunehmen und die auch produktiv aufzunehmen, jetzt nicht nur in einem apologetischen Sinne, also das natürlich schon, also dass man sich gegen Kritikerinnen und Kritiker wert, das passiert sehr wohl, aber es passiert in einer rein apologetischen Absicht, es passiert nicht so, dass man sagt, oh vielleicht lernen wir da was von diesen liberalen anderen Protestanten, die es gibt oder von den Katholiken, die um den Wert einer Tradition und Gemeinde des Sakraments etc.

00:43:00: wissen, sondern es passiert eigentlich immer nur so, dass man zeigen will, nein, nein, wir haben schon recht, wir stehen schon auf der richtigen Seite.

00:43:10: Da wird klar geregelt, wer jetzt dazugehört und wer nicht mehr dazugehört.

00:43:16: Und das ist innerhalb dieser sehr heterogenen Community dann doch überraschend klar, wer nicht mehr dazugehört, wer zu weit sich von diesem vermeintlichen Zentrum entfernt hat.

00:43:29: Und das, glaube ich, hat das Gegenteil von Theologie.

00:43:33: Theologie wäre genau die Kraft christlicher Kirche, die sich neugierig immer wieder dem aussetzt, was man noch nicht versteht und noch nicht weiß.

00:43:42: Und was man kennenlernen möchte, weil man vermutet und unterstellt, dass da etwas sein könnte, was man noch nicht verstanden hat, was man zuerst noch lernen muss.

00:43:53: Also was glaube ich als ein, nicht nur individuellen, sondern wirklich auch kirchlichen Lernweg begreifen will.

00:44:01: Ja, also das ist ja interessant, dass das, was du jetzt beschrieben hast, das ist ja eigentlich der Grund, warum ein so renommierter Soziologe wie Hartmut Rosa ein Büchlein schreiben kann mit dem Titel Demokratie braucht Religion und er versucht zu zeigen, dass in der Religion und namentlich im Christentum, dem er sich ja auch zugehörig fühlt, dass dort diese Praxis des Höhrens, bei ihm ist ja alles auf Resonanz gepolt, diese Praxis des Höhrens, diese Praxis des Resonierens, wie du das jetzt beschrieben hast, diese Fähigkeit.

00:44:46: vom anderen auch etwas zu empfangen oder vom anderen zu lernen, weil man damit rechnet, dass diese Welt nicht einfach in sich abgeschlossen ist, sondern dass sie offen ist, dass sie zu mir spricht, dass andere Menschen zu mir sprechen, dass ich in einem produktiven Austausch mit Menschen stehe.

00:45:06: All das sieht er quasi in diesem Christentum.

00:45:12: verwurzelt, weil das Christentum diesen Glauben hochhält an einem Gott, der eine Weltschaft, die zu uns redet und von der wir lernen können.

00:45:21: Und ich finde, dass eine faszinierende Perspektive und würde dem auch wirklich viel abgewinnen.

00:45:27: Und gleichzeitig gibt es ja eben mitten innerhalb und mitten im Christentum auch Segmente, die in einer ganz bemerkenswerten Weise sich eigentlich vor solchen Resonanz, Erfahrungen und solch Antwort-Beziehungen verschließen und die Welt ganz schwarz-weiß in Freund und Feind einteilen.

00:45:51: Und gerade da hat man dann den Eindruck, da ist die Resonanz eigentlich erstickt.

00:46:00: Was ist genau das, glaube ich, dass die Resonanz wirklich erstickt werden kann?

00:46:04: Man kann sich vor dieser Resonanz verschließen.

00:46:08: Man kann sie nicht zulassen.

00:46:09: Aber sie kommt ja doch.

00:46:11: Wir hätten ja so etwas wie eine gemeinsame Grundlage, um das zu kritisieren.

00:46:18: Also wenn jetzt jemand wirklich mit Freund-Feind-Bildern arbeitet und sagt, das Wichtigste ist, dass du zunächst weißt, wer ist euer Feind, oder?

00:46:28: Das ist das, was alle Peter Thiel jünger und jetzt, ich sag mal so, von den neuen Rechten in der USA wahnsinnig faszinieren finden an Karl Schmidt, oder?

00:46:39: Da könnte man ja schon nochmal fragen, ja, aber Leute, ist es nicht mindestens eine sehr, sehr, sehr erklärungsbedürftige Interpretation des neuen Testament, wenn wir über Feinde sprechen.

00:46:51: Weil da finden sich ja dann doch sehr, sehr andere Bilder auch, wie wir Feinde überhaupt denken und wie wir sie zu behandeln haben und was wir an ihnen und von ihnen lernen können.

00:47:05: Und ich glaube halt, darauf muss man immer wieder beharren als Kirche und als Gemeinschaft, dass man nicht einfach sagt, ja, Komm, wir geben das auf.

00:47:13: Wir sind nicht mehr eine christliche Kirche, weil, schau mal, was christliche Kirchen alles Verrücktes tun.

00:47:19: Besonders die Evangelikalen, aber auch andere, die ganz wilde Dinge tun.

00:47:25: Sondern wir müssen darauf behandeln und sagen, nein, es gibt da eine frohe Botschaft, die uns allen gegeben wurde und über die wir diskutieren können.

00:47:34: Das ist unsere Grundlage.

00:47:36: Und darauf behaften wir euch.

00:47:39: Ja.

00:47:39: Und wir glauben, dass eure Deutung falsch ist.

00:47:43: Und das ist für mich ein wichtiger Wert von Gemeinschaft, dass man nicht einfach irgendeinen Quatsch raushauen kann, sondern dass man sich Gründe schuldet.

00:47:54: Also wenn du sagst, du bist Christ und das Wichtigste ist dir die Freund-Feind-Unterscheidung, dann musst du erklären können, warum.

00:48:03: Ja, das ist eine sehr moderne Perspektive, aber ich teile die intuitiv auch und würde sagen, wie wollen wir sonst weiterkommen, als wenn wir uns verständigen, sicher nicht nur rein intellektuell, sondern es hat das Zusammenleben von Menschen und das Zurechtkommen in einer Gesellschaft, die so pluralisiert und teilweise auch polarisiert ist wie die unsere, dass da wird man quasi, da wird man nur bis zu einem bestimmten Punkt kommen mit dem Austausch rationaler Argumente.

00:48:35: Es gibt dann auch solche Dinge wie Empathie und wie sogar auch Nonverwahl in der Begegnung mit Menschen.

00:48:46: Aber anders sehe ich das jetzt auch nicht wirklich fruchtbar.

00:48:53: Was mir noch auffällt.

00:48:55: Manu, vielleicht kurz.

00:48:56: Das klingt jetzt alles sehr nach Jürgen Habermas, oder?

00:49:00: Wir sind eine große Diskursgemeinschaft, wir schulden uns Gründe, wir müssen uns verständigen.

00:49:05: Aber genau, dieser Jürgen Habermas hat ja in seinem Spätwerk noch mal ganz deutlich darauf hingewiesen, wie wichtig für Religion.

00:49:14: Und ich übertrage das jetzt und sage auch für Religionsgemeinschaften.

00:49:17: Ich glaube, das kann man so sagen, Rituale sind.

00:49:21: Ja.

00:49:22: Oder wenn wir auf der Ebene weiter diskutieren, auf der wir jetzt stehen, dann ist das Christentum eine unglaublich elitäre, anspruchsvolle, überfordernde Sache.

00:49:33: Dann ist das eine reine Hirnwitzerei, wenn man so will.

00:49:39: Weil dann bist du die ganze Zeit, betreibst du eigentlich Religionsphilosophie.

00:49:44: Und das kann man tun.

00:49:45: Und es gibt Menschen, die genauso ihr Christsein leben.

00:49:48: Das ist auch völlig legitim.

00:49:50: Aber es gibt daneben auch Menschen, die das symbolisch vermittelt in Interaktionen genauso gut in ihrem Herzen verstehen, wie Menschen, die das in ihrem Kopf sich zurechtgelegt haben und darüber sprechen können.

00:50:03: Also, ein Abendmal zu teilen, kann ganz, ganz viel über Gemeinschaft, aber auch über ... dass ich selbst als einzelner Teil dieser Gemeinschaft bin, dem zugesprochen wird, mein Blut vergossen für dich, oder?

00:50:20: Dass das mir

00:50:21: gilt,

00:50:22: dass ich gemeint bin.

00:50:24: Aber als Teil dieser Gemeinschaft, das sind Dinge, die sich ganz mächtig in Ritualen, in Sakramenten, in dem, was uns heilig ist, vermitteln ohne.

00:50:36: dass die per se erst dann Geltung entfalten können, wenn sie religionsphilosophisch dekodiert und erklärt sind.

00:50:45: Ja, das finde ich jetzt aber ein gutes Korrektiv noch, weil ich habe dich tatsächlich vorhin sehr stark in Richtung von Habermas oder von einfach gemeinsames Vorwärtskommen durch einen rationalen Diskurs und den Austausch von Argumenten verstanden und ich finde diese Ergänzung durch die Bedeutung zum Beispiel von Symbolen und Ritualen, das hat ja dann eben auch wieder etwas Gemeinschaftliches, wenn wir von Kollektivismus und Individualismus sprechen, in einem Ritual, in einem noch einmal, um auf den Anfang zurückzukommen, in einem gemeinsam gesprochenen Vater unser, wird ja auch ein Stück Gemeinschaftssinn und Verankerung in einer Gemeinschaft mitgestiftet.

00:51:29: Ich spreche das als Einzelner.

00:51:32: Gläubiger oder als jemand, der selbst den Glauben nachvollzieht.

00:51:37: Aber ich spreche es eben im Chor mit anderen, die mir diesen Glauben teilen, aber vielleicht nicht wahnsinnig viel darüber hinaus.

00:51:48: Oder so, weißt du?

00:51:49: Es ist ja unser Vater im Himmel.

00:51:52: unsere Schuld, wie wir vergeben.

00:51:54: Also, es hat ja schon immer diesen Gemeinschaftsmoment drin.

00:52:00: Und der ist auch wichtig, glaube ich, um den Sinn dieses Gebetes, jetzt auch den Literalsinn, nicht nur den individuellen Sinn zu verstehen.

00:52:13: Ja,

00:52:13: Manu, ich glaube, ich glaube, dass wir ... Ein bisschen ein Problem haben auch von Repräsentanz und von dem, was in den Medien Beachtung findet, wenn wir über dieses Thema sprechen.

00:52:26: Das ist natürlich so eine Trauerfeier für Charlie Kirk.

00:52:29: Das ist in allen Medien.

00:52:31: Da wird jedes Wort zitiert.

00:52:34: Es scheint dann so als wäre Religion wesentlich die Abschiedsfeier von Charlie Kirk, wenn man das von außen betrachtet.

00:52:44: Ich glaube, dass es eigentlich genau umgekehrt ist.

00:52:46: Ich glaube, dass dieses ganze Reden und Deuten und Recht haben wollen, innerhalb der christlichen Religion eigentlich ein relativ kleiner Teil ist, neben dem, was Taufe und Abendmahl wirklich bedeuten.

00:53:03: Gemeinsame Erfahrungen, was Rituale, was ein Segen, was ein gemeinsames Gebet wirklich ausmacht.

00:53:11: Und ich glaube auch der Glutkern, wenn man so will, des Christentums, besteht nicht darin, dass wir Jolly Kirk's Leben und Wirken evangelisch richtig einordnen, sondern es besteht darin, dass Menschen getauft werden in christlichen Gemeinschaften sich als freie und zugleich als aufgehobene erfahren können und diese Erfahrung in sacramentalen Vollzügen, also bei uns ganz konkret, dem Abendmahl, immer wieder machen können.

00:53:42: Und ich glaube davon lebt das Christentum.

00:53:44: Und da müssen wir uns schon fragen, ist das etwas, was die Reformierten vielleicht zu wenig tun?

00:53:52: Wenn ich mir vorstelle, was bedeutet für mich christliche Gemeinschaft, dann denke ich halt schon sehr rasch, ehrlich gesagt, an eine Predigt, die ich einfach passiv höre.

00:54:02: Ich denke an Erwachsenenbildungsveranstaltungen, wo ich belehrt werde.

00:54:08: Und natürlich sind das auch Diskussionen.

00:54:10: Das ist mir auch wertvoll.

00:54:11: Ich will das gar nicht alles schlecht machen.

00:54:13: Aber ich glaube, ganz vieles von dem, was ich als problematisch mir vorstellen kann in christlichen Gemeinschaften, passiert eigentlich in eher hierarchischen Formen, wo jemand den Ton angibt, wo jemand das Programm setzt und die Agenda macht.

00:54:29: Und sehr viel weniger dort, wo man sagt, hey, Christus lädt uns alle zum Abendmahl ein.

00:54:35: Kommt.

00:54:37: Ja, ja, good point.

00:54:39: Also da würde eigentlich jetzt gerade eine ganz neue Diskussion noch aufbrechen, wenn wir klargemacht haben, wie ... deutlich dieser Gedanke der Gemeinschaft verankert ist in den biblischen Texten und wie stark das auch zur DNA und Vision von Gemeinde oder dieser Jesusbewegung gehört, die Jesus von Nazareth angetreten hat oder losgetreten hat.

00:55:09: Da müsste man jetzt fragen, ja, was bedeutet das für die Auch Landeskirche, die die Realität heute, in der ein starker Traditionsabbruch stattfindet und eben immer weniger Menschen ihre Kinder taufen lassen und immer weniger auch Konfirmanten über die Konfirmationszeit hinaus Gottesdienste besuchen oder teilnehmen an diesen Ritualen, die doch eigentlich Identitätsstiften oder Gemeinschaftsstiften sein sollten.

00:55:45: Ist ja grad, wenn wir das ernst nehmen, was du jetzt gesagt hast, ist ja grad am Zentrum der reformierten Gemeinschaftsbildung, ist hier nackt, hier der Wurm quasi.

00:56:00: Ja, und ich glaube, wenn man sowas nimmt wie den Missionsbefehl, wo es heißt, Geht zu allen Völkern, macht alle Menschen zu meinen Jüngern, tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe seit Gewiss.

00:56:16: Ich bin bei euch alle Tag bis zum Ende der Welt.

00:56:19: Dann glaube ich, dass wir einen sehr, sehr, ja, nicht gut tarierten Schwerpunkt darauf gelegt haben, lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.

00:56:32: Und sehr wenig darauf.

00:56:33: macht sie zu meinen Jüngern.

00:56:35: Also steckt sie an mit der Freude, die ihr an mir habt, tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes etc.

00:56:44: Also ich glaube da... liegt schon auch der Hund begraben, dass wir selbst gar nicht mehr genügend ausdrücken, wie wichtig das ist, wie wichtig uns das ist, oder?

00:56:54: In diesem ewigen Heischen nach Relevanz sind wir alles Mögliche, oder?

00:56:59: Wir sind die Kompostgruppe, wir sind die Menschenrechtsgruppe, wir sind die ... ja, you name it.

00:57:06: Aber ... und das ist alles gut, gell?

00:57:08: Also, das finde ich alles gut.

00:57:11: Aber ... Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das im Kern eine spirituell getragene Gemeinschaft ist.

00:57:21: Und ich glaube, das könnte auch dort, wo wir von spirituellem Missbrauch reden, wo wir von Kirchen sprechen, die übergriffig sind, die Menschen zu nahe kommen.

00:57:33: könnte das auch ganz heilsam sein.

00:57:36: Denn wir müssen keine christliche Autowaschgruppe machen und keine christliche Theatergruppe und keine christliche Tanzgruppe, sondern Autowaschentanzen.

00:57:46: Das sind alles Dinge, die sind per se schon gut.

00:57:48: Das können Christen einfach tun.

00:57:51: Aber sie brauchen Kirche dort, wo sie sich gegenseitig zur Bestärkung ihrer Hoffnung werden können und zum Korrektiv ihres vielleicht aberglaubens oder kleinglaubens.

00:58:02: Ja.

00:58:03: Stefan, es wird langsam zur Gewohnheit, dass wir als Armen der Woche ein Statement nehmen, das zum Schluss des Gesprächs fällt.

00:58:16: Aber ich fand jetzt deinen Schlusssatz auch so treffend, dass ich dem eigentlich nicht so wirklich noch etwas hinzufügen mag.

00:58:23: Also können wir das jetzt einmal mehr, dass Armen der Woche stehen lassen?

00:58:31: Also danke.

00:58:32: Dann kannst du uns noch kurz sagen, was auf dich noch wartet diese Woche.

00:58:41: Ja, ich kann ganz transparent machen.

00:58:43: Wir nehmen ja am Dienstag auf.

00:58:45: Also, wenn ihr das hört, am Mittwoch, dann war das gestern.

00:58:49: Und ich habe heute Abend noch eine große Veranstaltung in Bern, die von den katholischen Kirchen ihren Medienzentren organisiert wird, mit Susanne Wille.

00:58:59: wo wir über die Gemeinsamkeiten von Service, Publik und Kirche sprechen werden.

00:59:04: Ich darf das moderieren und freue mich sehr drauf.

00:59:07: Und dann verbringe ich ja die ganze Woche immer noch als Strohwit.

00:59:12: Meine Frau Franzi ist ja im Studienurlaub insgesamt vier Wochen, also jetzt noch dreieinhalb Wochen lang.

00:59:21: Und einerseits ist das ganz schön, weil ich dann wirklich mehr mit den Kindern zu tun habe.

00:59:26: Auf der anderen Seite ist es manchmal auch so, dass man schon merkt, da ist ein Platz leer.

00:59:32: Neben einem auf dem Sofa oder einfach so, dass man erzählen könnte, wie ist denn jetzt diese Veranstaltung gelaufen?

00:59:38: Was hast du heute erlebt etc.

00:59:40: Das ist halt nicht dasselbe, wenn man sich nicht sieht.

00:59:44: Ja, ja, das kann ich gut nachvollziehen.

00:59:47: Was

00:59:47: steht bei dir an?

00:59:48: Du, also verschiedenes, ich habe ja den Faden wieder aufgenommen nach dem Urlaub und entsprechend war gestern grad ein bisschen viel.

00:59:56: Tausend kleine Dinge, die ich mir notiert habe, die es zu erledigen gibt.

01:00:00: Heute nehme ich noch mit dem guten Jay einen Popcorn Culture Podcast auf und morgen bin ich in der Basler Fischerstube an einer Biertour.

01:00:12: Da bin ich mit Freunden am Bier trinken.

01:00:15: Da freue ich mich jetzt, das ist jetzt mal so mein Zwischenstopp.

01:00:18: Da freue ich mich mal drauf.

01:00:19: Und dann gucken wir weiter.

01:00:21: Mal wieder Bier trinken ohne Paracetamol.

01:00:24: Viel Spaß.

01:00:24: Genau, genau.

01:00:26: Gut.

01:00:27: Hey, schön, dass ihr bis jetzt dran geblieben seid.

01:00:30: Wenn ihr ... Mögt, dann teilt uns doch mit, wie ihr das seht mit Gemeinschaft, wie ihr das erlebt habt, wie man mit Bibeltexten umgeht, wo euch Gemeinschaft zu nahe gekommen ist oder wo ihr euch vielleicht auch wieder mehr Community, mehr gemeinsames wünscht.

01:00:46: Es ist ja ein Thema, das Hossa Talk lansiert hat und wir werden auf jeden Fall dafür sorgen, dass eure Feedbacks auch zu den Jungs Komm und dahin zurückgehen.

01:00:57: Falls ihr es noch nicht gehört habt, gibt es die Folge Hossa Talk, die am Podcast Festival aufgenommen worden ist, wo sie drüber sprechen, was sie an Gemeinschaft suchen, vermissen, warum sie das wieder wichtig finden.

01:01:11: Also herzliche Hörempfehlung.

01:01:13: Und wir hören uns wieder in einer Woche, so Manu gesund ist und Gott will.

01:01:18: Ja, genau.

01:01:19: Ihr Lieben macht gut.

01:01:20: Tschüss.

01:01:21: Tschüss.

Über diesen Podcast

Was heisst das eigentlich, Christ zu sein? Woran glauben Christen und was können sie getrost aufgeben? Logisch, dass sich Manuel Schmid & Stephan Jütte dabei nicht immer einig sind. Aber sie versuchen in diesem Podcast zusammen herauszufinden, was für sie wirklich zählt und was ihnen eher im Weg steht. Und klar: Beide wissen es auch nicht wirklich. Aber vielleicht regt es dich an zum Mitdenken. Oder es regt dich auf und du magst mit ihnen streiten. Oder du schreibst ihnen einfach mal, was du nicht mehr glauben kannst oder musst oder willst.

von und mit Manuel Schmid & Stephan Jütte

Abonnieren

Follow us